Anforderungsprofil eines Projektmanagers

Der Projektmanager steht im Mittelpunkt des Projekts und ist der wichtigste Ansprechpartner für das Projektteam. Er trägt dazu bei, dass das Projekt erfolgreich durchgeführt wird und dass Kosten, Budget und Leistung im vorgegebenen Rahmen bleiben. Es gibt keinen perfekten Projektmanager, der alle Projekte, unabhängig von der Art des Projekts, gleichermaßen gut durch unsichere Gewässer steuern kann, aber es gibt Wege, den richtigen Projektmanager zu finden und ein Profil, das gute Projektmanager ausmacht kann dabei helfen.
Eine Holzfigur

Inhalt

Fachaufgaben versus Führungsaufgaben

Immer wieder wird der fachlich am besten qualifizierte Mitarbeiter zum Projektmanager ernannt. Ob in ausreichendem Umfang Führungsqualifikationen vorhanden sind, bleibt ungeprüft. Dies ist aus mehreren Gründen problematisch:
Zum einen lassen sich wegen der Neuartigkeit und Komplexität der Aufgabenstellung von Projekten oft gar nicht unmittelbar sagen, welche Fachdisziplin die „wichtigste“ ist. Zum anderen verführt fachliche Qualifikation dazu, sich primär auf den fachlichen Beitrag zu konzentrieren, ohne auf die eigentlichen Führungsaufgaben zu achten. Außerdem kann zusätzlich Last für den Projektmanager eintreten, weil er immer wieder von den Projektmitarbeitenden eingebunden und damit aus seiner Facharbeit herausgerissen wird.
Die Bedeutung der Führungserfahrung und Führungsqualität eines Projektmanagers nimmt in etwa proportional mit der Größe eines Projekts und des Projektteams zu. Je länger und komplexer ein Projekt ist und je mehr Projektmitarbeitende sowie materielle Ressourcen es umfasst, desto wichtiger werden Führungsaufgaben im Verhältnis zu Fachaufgaben, die der Projektmanager wahrnehmen muss.

Komplexe Anforderungen

Die Anforderungen an einen Projektmanager sind in vielerlei Hinsicht komplexer als die Anforderungen an einen Linienvorgesetzten. Ein Mindestmaß an technischem Sachverstand, das heißt objektbezogenes Wissen, also Wissen zum Projektgegenstand, ist grundsätzlich notwendig, zu tiefe Spezialkenntnisse sind jedoch eher hinderlich. Bei kleineren Projekten ist der Projektmanager immer noch erheblich in die aktive Facharbeit eingebunden.
Unverzichtbar sind betriebswirtschaftliches – bei manchen Projekten auch vertragsrechtliches – Grundwissen sowie die Kenntnis grundlegender Arbeitsmethoden. Dazu kommt die soziale Kompetenz. Es genügt heute nicht mehr, Planungswerkzeuge zu beherrschen, um erfolgreiche Projektarbeit zu leisten. Ein Projektmanager muss also Fach-, Methoden-, Organisations- und Sozialkompetenz vorweisen können. Soziale Kompetenzen werden in erster Linie durch soziales Miteinander erlernt. Ein Projektmanager kann sich durch Einholen von Feedback, kritische Selbstreflexion und konsequentes Lernen im Bereich der sozialen Kompetenzen sehr gut weiterentwickeln. Für den Kompetenzaufbau und die Kompetenzentwicklung sollte sich der der Projektmanager Unterstützung holen. 
Es gibt diverse Checklisten, die die Anforderungen je nach Branche und Projektart aufzeigen. Allgemein sollte der Projektmanager jedoch Folgendes mitbringen:
1.    Fähigkeit, eine Vision zu entwickeln und zu verfolgen
2.    Berufs-/ Lebenserfahrung
3.    Zielstrebigkeit
4.    Einsatzbereitschaft
5.    Selbständiges, unternehmerisches Denken
6.    Mut zum kalkulierbaren Risiko
7.    Strategisches, vorausschauendes Denken und Handeln
8.    Lernfähigkeit (Lernen aus Fehlern und Erfolgen, Lernen von anderen)
9.    Analysefähigkeit (z. B. komplexe Zusammenhänge im Kosten-/ Finanzmittelbereich durchschauen)
10.    (Selbst-)Kritikfähigkeit
11.    Fähigkeit, Prioritäten zu setzen und zu verfolgen
12.    Teamfähigkeit
13.    Führungsqualitäten (z. B. Fähigkeit zu delegieren, Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen) 
14.    Machtbewusstsein
15.    Übergreifendes Denken (projekt-, unternehmensübergreifend)
16.    Kundenorientierung
Selbst wenn diese Auflistung einem eher unrealistischen Wunschkatalog gleichen sollte, sind die einzelnen Punkte sehr gut geeignet, um daran Personalentwicklungsmaßnahmen auszurichten. 
Wesentliche Weichen in Richtung Projekterfolg werden zwar mit der Zielformulierung unter Berücksichtigung aller Stakeholder und einer durchgängigen Projektplanung gestellt. Dennoch ergeben sich immer wieder unvorhergesehene und komplexe Situationen, die der Projektmanager bewältigen muss. Dafür benötigt er die Fähigkeit zum ganzheitlichen, vernetzten Denken und die Bereitschaft, für eine reibungslose, motivierte Zusammenarbeit von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Disziplinen zu sorgen.

Verhaltensmerkmale

Die nachfolgend beispielhaft gelisteten Verhaltensmerkmale gelten grundsätzlich für alle Projektmitarbeitenden, insbesondere aber für den Projektmanager, der eine Vorbildfunktion innehat und seinen Mitarbeitenden durch sein persönliches Verhalten Orientierung geben soll. Der Projektmanager verhält sich in Bezug auf 
 
  • die Aufgabe: initiativ, engagiert, motiviert und lösungsorientiert
  • das Team: fair, wertschätzend und hilfsbereit
  • sich selbst: offen und selbstkontrolliert
  • das Unternehmen: loyal und verantwortungsbewusst

Das Problem bei der Anwendung solcher Verhaltensmerkmale ist, dass diese subjektiven Eigenschaften erst messbar gemacht werden müssen. Dazu ist jeweils eine genaue Beschreibung nötig.
Zum Beispiel, kann im Sinne von Offenheit „offen“ bedeuten, dass die Person Neues als spannend und herausfordernd betrachtet, eine positive Grundhaltung hat und guten Willen unterstellt oder aktiv auf andere zugeht und Vertrauen aufbaut.
Damit ist der Begriff Offenheit wahrscheinlich noch immer nicht ausreichend beschrieben, gibt aber eine gute Möglichkeit der persönlichen Ausrichtung und zur aktiven Selbstentwicklung.

Auftreten und Erscheinungsbild

Mit Projekten ist immer der Kontakt zu anderen Menschen verbunden. Der Projektmanager hat es mit der Unternehmensführung und Kunden, internen und externen Partnern und vielen anderen Stakeholdern zu tun. Das Ziel des Projektmanagers muss sein, nach außen ein positives Image vom Projekt zu vermitteln und von anderen als ernst zu nehmender Gesprächs- oder Verhandlungspartner „auf gleicher Augenhöhe“ angesehen zu werden. 
Er muss als Führungskraft auftreten und dabei auf sein Projektteam eine positive, motivierende Wirkung haben und seine Teammitglieder zu Unterstützern machen. Der Auftraggeber, die Geschäftspartner und Kunden müssen seine Kompetenzen und eine angenehme Ausstrahlung wahrnehmen können und sein Projekt, seine Aufgaben und nicht zuletzt ihn als Person ernst nehmen.
Alles, was hierfür förderlich ist gilt es zu beachten und daran zu arbeiten. Das Fundament für den Erfolg ist die Kompetenz, das sichere Auftreten und das Selbstbewusstsein des Projektmanagers. Seine Kommunikationsfähigkeit und Körpersprache – Mimik und Gestik – ist die Treppe nach oben für ihn und sein Projekt. Sein angenehmes, gepflegtes Äußeres, seine guten Manieren und Umgangsformen sind das Halt gebende Geländer.

Anforderungen an Projektmanager

Personalbeschaffung bedeutet, um Mitarbeitende zu werben, sie zu beurteilen, auszuwählen und bei Gefallen einzustellen. Zentrale Informationsquellen sind Stellenbeschreibungen und darauf aufbauende Anforderungsprofile, in denen Anforderungsarten und Anforderungshöhe (= Ausprägungsgrad) festgelegt sind. Dies lässt sich in Form einer Matrix darstellen. Der Personalverantwortliche vergleicht das Anforderungsprofil mit dem Fähigkeitsprofil des Kandidaten.
Liegt bei bestimmten Anforderungsarten eine Übererfüllung vor, ist der Bewerber überqualifiziert und besser für eine anspruchsvollere Position geeignet. Bei einer Untererfüllung können Weiterbildungsmaßnahmen dazu beitragen, eine Angleichung von Anforderungs- und Fähigkeitsprofil zu erreichen. Allerdings müssen Anforderungsarten und -höhe bestimmten Tätigkeiten zugeordnet werden, um Aussagekraft zu erlangen. Die Matrix ist also eine sehr individuelle und subjektive Angelegenheit, die von den Charakteristika der freien Stelle, dem Bewerber, dem zuständigen Personalverantwortlichen, dem Unternehmen und anderen Faktoren abhängt. Sie sollte nicht zu viele Kriterien enthalten, um einen schnellen Überblick zu gewährleisten. Eine Option ist, dass alle Projektbeteiligten, die mit dem Projektmanager zu tun haben werden, das Anforderungsprofil gemeinsam erstellen. Dies erhöht die Akzeptanz für den neuen Kollegen. Der Nachteil ist jedoch, dass zu viele Meinungen möglicherweise zu einem aufgeblähten, verwässerten Ergebnis führen, getreu dem Ausspruch von Sir Alec Issigonis (Designer des berühmten britischen Automodells Mini): „A camel is a horse designed by a committee.“

Die nachfolgend beispielhaft skizzierten Anforderungen sind für dieses Projekt nach absteigender Wichtigkeit sortiert. Bei anderen Projekten können sich andere Anforderungen und Rangfolgen ergeben.
Beispiel eines Anforderungsprofils für die Auswahl eines Projektmanagers
Wie das Bild zeigt, kann derjenige, der einen Projektmanager auswählen muss, die Anforderungen zusammenstellen und gewichten, die ihm wichtig erscheinen. Diese Tabelle kann er anschließend auch als Hilfe für die Entscheidung zwischen den Kandidaten verwenden. In dem Beispiel weist Kandidat B stärker ausgeprägte Kompetenzen im Bereich Projektmanagement, bei der Sozialkompetenz und bei den Führungsqualitäten auf als Kandidat A. Da dem für die Auswahl Verantwortlichen diese Eigenschaften besonders wichtig sind, entscheidet er sich für Kandidat B.

Anforderungen an internationale Projektmanager

Um den erhöhten Anforderungen an einen internationalen Projektmanager gerecht werden zu können, ist eine tolerante, offene Grundhaltung gepaart mit den richtigen Werkzeugen eine ideale Ausgangsbasis für die erfolgreiche Projektarbeit. Drei Kompetenzfelder sind neben den bereits beschriebenen Anforderungen für einen internationalen Projektmanager relevant:
 
  • Individuelle und soziale Kompetenz
  • Fachliche internationale Kompetenz
  • Interkulturelle Kompetenz

Individuelle und soziale Kompetenz

Bedeutsam sind hier insbesondere die Ambiguitätstoleranz (lat. ambiguitas „Zweideutigkeit“, „Doppelsinn“) und die intrinsische Motivation (lat. intrinsecus, „in wendig“, „innerlich“ oder umgedeutet „von innen heraus“).  Gerade in internationalen Projekten steht der Projektleiter unter großem Druck. Er muss mit Stressreizen umgehen können und ein Konzept für die Bewältigung der Aufgaben im Projekt und in seinem persönlichen Umfeld haben. Darüber hinaus muss er diszipliniert und stringent an seine Aufgaben herangehen und dabei auf die notwendigen Ruhephasen und körperlichen Aktivitäten zur Stressbewältigung achten. Im internationalen Projektmanagement muss der Projektleiter ebenso wie im nationalen Projektmanagement in der Lage sein, sich selbst zu organisieren, z. B. durch Zeitmanagement oder Prioritätensetzung. Er muss in der Lage sein, sein Handeln selbstkritisch zu hinterfragen und tolerant und einfühlsam mit seinem Team, den Lieferanten und dem Kunden umzugehen. Gerade in internationalen Projekten ist es wichtig, zielgruppenspezifisch mit dem Team, den Lieferanten etc. zu kommunizieren. Er muss offen für neue Ideen sein, um internationale Projekte erfolgreich durchführen zu können, muss sich aber auch bewusst sein, dass Konflikte auftreten können. Er muss in der Lage sein, diese zu erkennen und zu lösen.

Fachliche internationale Kompetenz

Dies betrifft das Wissen über die Umfeldfaktoren des entsprechenden Landes. Kann er die politische und rechtliche Situation des Projekts richtig einordnen? Kommt er mit den Gegebenheiten vor Ort und der vorhandenen Infrastruktur zurecht? Steht er einem ungewohnten religiösen oder sozialen Umfeld aufgeschlossen gegenüber? Erkennt er geografische und klimatische Gegebenheiten, die Last bedeuten können? 
Der Projektmanager, der hier gefragt ist, ist ein vielseitig interessierter, neugieriger und weltoffener Mensch, der Wissen und Erfahrung auch in Bereichen sammelt und entwickelt, die mit projektbezogenen Herausforderungen, wie bspw. Controlling der Projektkostenwicklung, der Steuerung der Projektprozesse und fachliches Know-how zur Erbringung der Leistung des Projekts, nichts zu tun haben. 

Interkulturelle Kompetenz

Verfügt der Projektmanager über gute Sprachkenntnisse? Das ist die Mindestanforderung, aber sie reicht bei weitem nicht aus, um ein interkultureller Projektmanager zu sein. Er muss die Kultur und den historischen Hintergrund kennen. Er muss in der Lage sein, kulturelle Belange richtig einzuschätzen bzw. einzuordnen und über lokale Rituale und Gebräuche Bescheid wissen. Erfahrungen aus dem Projektumfeld sind ebenfalls hilfreich.
Wie man sieht, hat ein Projektleiter ein breites Aufgabenspektrum, das fast übermenschliche Anforderungen an sein Wissen und seine Erfahrung stellt. Die Kenntnis all dieser notwendigen Fähigkeiten ist aber nur die eine Seite der Medaille. Der erfolgreiche Projektmanager ist jemand, der einen unstillbaren Durst nach ständiger und kontinuierlicher Verbesserung hat. Die andere Seite der Medaille ist ein persönlicher Wissensdurst, gepaart mit einer gesunden Portion Lerneifer.

Fazit: Einfach in der Theorie – in der Praxis eine Herausforderung

Der Beruf des Projektmanagers ist sicherlich einer der spannendsten und schönsten, wenn alles gut läuft. Er kann aber auch nervenzehrend und krankmachend sein, wenn die Dinge nicht wie gewünscht vorangehen. Nicht alles, aber doch einiges hängt am Projektmanager und ihm persönlich sei geraten:
 
  • Zeigen Sie auf, was Sie schon alles wissen und welche Erfahrungen Sie bereits gesammelt haben (persönlicher Status quo).
  • Sehen Sie sich an, was an Wissen und Erfahrungen idealerweise eingebracht werden muss, um ein erfolgreiches Projekt zu realisieren (persönlicher Zielstatus).
  • Erkennen Sie Abweichungen, legen Sie Ihre Prioritäten fest und schließen Sie die Lücken.
  • Genießen Sie Ihre Erfolge bei Ihrer Entwicklung als Projektmanager und beachten Sie, dass auch kleine Schritte zum Ziel führen.
Sollten Sie jetzt allerdings feststellen, dass Ihnen diese Form der Persönlichkeitsentwicklung und das ganze drum herum zu stressig, zeitraubend oder aber auch zu langwierig ist, stürzen Sie sich doch einfach ohne zielgerichtet weiter an sich zu arbeiten in die Bearbeitung des Projekts. Sie werden bald erkennen, dass Sie als tüchtiger Arbeiter auch Glück haben und das Projekt erfolgreich realisieren können. Glück ist dafür aber nötig.

Anforderungsprofil eines Projektmanagers - Ein Bild vom Autor
Schlagworte: Projektmanagement, Anforderungsprofil

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