Scrum vs. Wasserfall: Was ist das richtige für Ihr Projekt?

Um im Projektmanagement am Ende ein fertiges Projekt präsentieren zu können, gibt es verschiedene Vorgehen, die einen dabei unterstützen können. Welcher Weg gewählt wird, hängt von der Art des Projektes ab. Zwei Möglichkeiten sind das Scrum Framework oder die Wasserfallmethode, welche sich in ihrer Durchführung stark unterscheiden, da sie für unterschiedliche Arten von Projekten geeignet sind. Dabei stellt sich die Frage, welche Projekte das sind und wie genau mit dieses beide Vorgehen geplant werden kann. 
Eine Person malt eine Wippe. Auf der einen Seite steht A, auf der anderen B.

Inhalt

Die Grundlagen des Scrum Frameworks und der Wasserfallmethode

Im Gegensatz zur Wasserfallmethode verzichtet Scrum auf eine vollständige Planungsdokumentation. Das heißt, es gibt keine Strategie, die bis zum Ende verfolgt werden muss. Es gibt ein zu erreichendes Product Goal, welches das konkrete Ziel beschreibt und die Entwicklung des aktuellen Produktes verfolgt. Darauf aufbauend wird im Product Backlog eine Sammlung von priorisierten Tasks, User Stories etc. erstellt, die Anforderungen an das Produkt stellen, die schrittweise in kurzen Sprints umgesetzt werden. Diese sind zeitlich begrenzt, dauern nicht länger als einen Monat und in ihnen werden alle Scrum Events abgearbeitet und die Ideen des Product Owners umgesetzt. Nach Abschluss eines Sprints wird sofort ein neuer gestartet, wobei vorher Kundenfeedback eingeholt wird, um eventuelle Anpassungen vornehmen zu können. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, gibt es Regeln und Werte, an die sich alle Beteiligten halten müssen, um in kleinen Schritten das große Ziel zu erreichen. 
Bei der Wasserfallmethode wird das Projekt in mehrere Phasen unterteilt, die linear aufeinander aufbauen. Am Ende jeder Phase werden die vorher festgelegten Arbeitsschritte auf ihre termin-, leistungs- und aufwandsgerechte Umsetzung überprüft. Bei erfolgreicher Abnahme beginnt die nächste Phase. Durch das sequentielle Vorgehen soll ein Rückschritt vermieden werden, was jedoch bei Änderungen im Projekt zu exponentiell steigenden Kosten führen kann, worauf später noch näher eingegangen wird.

Hauptmerkmale von Scrum und Wasserfall gegenübergestellt

Wie bereits im vorigen Abschnitt erwähnt, unterscheiden sich die beiden Ansätze in der Umsetzung. Aber nicht nur hier gibt es Unterschiede, sondern auch in der Zusammensetzung des Teams, in der Zeitplanung und im Prozess.

Zusammensetzung des Teams

Bei der Wasserfallmethode gibt es einen Projektmanager, der für die fachliche Leitung des Teams sowie für die Einhaltung von Zeit, Qualität und Kosten verantwortlich ist, sowie die Stakeholder. Im Gegensatz dazu besteht das Scrum Team aus: dem Product Owner, der Kunde selbst oder sein Vertreter sein kann und sicherstellt, dass die Ideen und Wünsche integriert werden. Dem Scrum Master, der für eine förderliche Arbeitsumgebung sorgt und sicherstellt, dass Scrum optimal umgesetzt wird. Und schließlich die Developer. Die Developer in Scrum Teams kommen aus verschiedenen Fachbereichen und sind somit cross-functional; sie arbeiten eigenverantwortlich und haben als übergeordnetes Ziel, dass nach jedem Sprint ein Mehrwert generiert wurde. Product Owner, Scrum Master und Developer arbeiten zusammen, um ein möglichst gutes Produkt fertig zu stellen.

Anpassungsfähigkeit vs Planbarkeit

Bei Scrum wird der Weg Schritt für Schritt definiert, d.h. nach jedem Sprint wird überprüft, ob das Ziel erreicht wurde. Es gibt immer wieder Feedbackschleifen, wodurch das Projekt ständige angepasst werden kann. So kann das Produkt besser an die Bedürfnisse des Product Owners angepasst und auch Unvorhergesehenes umgesetzt werden. Das bedeutet aber auch, dass die Planungssicherheit nicht besonders hoch ist. Bei der Wasserfallmethode hingegen ist die Planungssicherheit sehr groß, denn hier ist der Weg von Anfang an festgelegt, was ein hohes Maß an Planbarkeit ermöglicht. Bevor das Projekt beginnt, setzen sich das Team und der Projektmanager zusammen und definieren die Ziele, den Zweck, den Umfang und das Ergebnis. Gleichzeitig werden die Anforderungen an das Projekt und die Erwartungen der Stakeholder geklärt. So weiß jeder, was wann zu tun ist und welche Anforderungen bis zum Ende des Projekts zu erfüllen sind. Das wiederum macht die Anpassungsfähigkeit zunichte.

Iterativ vs linear

Iterativ bedeutet, dass ein Prozess häufig wiederholt wird, während linear bedeutet, dass etwas in eine bestimmte Richtung geht, ohne abzuschweifen. 
Daraus lässt sich schließen, dass die iterative Planung bei Scrum bedeutet, dass ein Sprint eine begrenzte Zeitdauer von idealerweise maximal vier Wochen hat, bis der Prozess mit neuen Zielen wiederholt wird. Am Ende jedes Sprints findet ein Sprint Review statt, um zu überprüfen, ob die Ziele erreicht wurden oder ob Anpassungen notwendig sind. 
Bei der Wasserfallmethode ist es genau umgekehrt. Denn diese ist streng linear. Das heißt, am Anfang steht eine Konzeptionsphase, das Ziel wird definiert und damit der Weg festgelegt. Dieser wird linear, ohne Abweichungen, verfolgt. Anpassungen können erst am Ende vorgenommen werden, da das Projekt vorher nicht überprüft wird.

Scrum oder Wasserfall – Beispiele für geeignete Projekttypen

Zunächst kann ein Projekt von einer Routineaktivität unterschieden werden, indem ein Projektcheck durchgeführt wird. Wenn sich dabei herausstellt, dass es sich um ein Projekt handelt, muss der richtige Projektmanagementansatz gefunden werden. Eine allgemeine Frage kann zunächst sein, ob es zu Beginn der Arbeit ein definiertes Ziel gibt, das eine grobe Vorstellung des Endprodukts enthält. Denn wenn die Vorstellung grob ist und noch viel Raum für Anpassungen lässt, kann Scrum eingesetzt werden. Wenn aber alles schon genau definiert ist und im Laufe des Projekts keine Anpassungen mehr notwendig sind, kann man auf das Wasserfallmodell zurückgreifen.
Ein gutes Werkzeug, um zu beurteilen, welcher Ansatz gewählt werden sollte ist z. B. die Stacey-Matrix. Diese kann einerseits als Entscheidungshilfe bei komplexen Sachverhalten dienen, andererseits um die richtige Vorgehensweise zu finden. Projekte können je nach Anforderungen in die vier Bereiche einfach, kompliziert, komplex oder chaotisch eingeteilt werden. Grob zusammengefasst kann man sagen: Wenn es eine hohe Planungssicherheit gibt und das Ziel klar definiert ist, ist das Projekt einfach und es kann eine klassische Methode wie z. B. Wasserfall angewendet werden. Das können z. B. staatliche Projekte wie der Bau einer Schule sein, bei dem Budget und Zeitplan genau geplant werden können, oder kurze Projekte in der Softwareentwicklung wie die Entwicklung einer Website, bei der Änderungen nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen.
Ist die Planungssicherheit hingegen sehr gering, das Ziel noch nicht vollständig ausgearbeitet und fehlen eventuell auch Absprachen und Entscheidungen, ist das Projekt eher chaotisch und fällt in den Bereich von Scrum. Ein Beispiel hierfür wäre die Entwicklung von Apps. Unsere Zeit ist so schnelllebig, dass ständig neue Produkte auf den Markt kommen. Daher ist es wichtig, während der Arbeit an einem Produkt gleichzeitig zu beobachten, wie sich der Markt entwickelt und welche Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Die Übergänge zwischen den einzelnen Gliederungspunkten sind jedoch fließend, da ein Projekt nicht immer nur der einen oder der anderen Sparte zuzuordnen ist. Die Methode zeigt daher auch, dass manchmal hybride Vorgehensweisen, also eine Mischung aus Scrum und Wasserfall, eingesetzt werden müssen.

Die Vor- und Nachteile von Scrum und Wasserfall

Sowohl für Scrum als auch für das Wasserfallmodell gibt es Vor- und Nachteile, die sich aus der Struktur der Planung ableiten lassen. Daraus lässt sich auch schließen, für welche Art von Projekt oder Unternehmen welche Art der Planung vorteilhaft ist oder ob nicht eher eine Mischform besser geeignet ist.

Die Vorteile von Scrum

Die Vorteile des Frameworks liegen in der hohen Flexibilität durch die kurzen Sprints. Dadurch gibt es immer eine zeitnahe Umsetzung der Produkteigenschaften und das Projekt kann immer weiter angepasst werden, da schnell auf Probleme reagiert werden kann. Auch die Eigenverantwortung des Teams sorgt für eine hohe Effektivität, da sich die Teammitglieder selbst organisieren und somit auch das Team stärken. Durch regelmäßige Meetings sind alle immer auf dem neuesten Stand, z. B. durch das Daily Scrum, das nicht länger als 15 Minuten dauern sollte.

Die Vorteile der Wasserfallmethode

Da das Projekt vom Projektleiter von Anfang an vollständig geplant wird, kann der terminliche Abschluss des Projekts, das Budget und die Leistungen mit relativer Sicherheit angegeben werden. Außerdem ist durch den linearen Prozess der Ablauf des Modells klar und für jeden eindeutig nachvollziehbar. Dies gibt auch dem Auftraggeber eine Vertragssicherheit, da die Planungssicherheit sehr hoch ist.

Die Nachteile von Scrum

Dadurch, dass Scrum nur in einzelnen Sprints geplant wird, ist es nicht möglich, einen genaueren Zeitplan aufzustellen und zu wissen, welche Kosten auf einen zukommen. Die einzelnen Sprints können auch dazu führen, dass man das große Ganze aus den Augen verliert und sich zu sehr auf einzelne Aufgaben konzentriert. Außerdem können die regelmäßigen Meetings auch zu einem Stau in der Bearbeitung der Aufgaben führen. Manchmal ist es auch von Vorteil, einen Vorgesetzten zu haben, der klare Zuständigkeiten definiert. Da bei Scrum das selbstorganisierte Team im Vordergrund steht, kann es zu Unsicherheiten im Team kommen.

Die Nachteile der Wasserfallmethode

Da die Vorgehensweise von Anfang an festgelegt ist und nicht geändert werden kann, fehlt es dem Projekt an Flexibilität, wodurch sich Fehler einschleichen können, die erst am Ende des Projekts erkannt werden. Dadurch kann sich das Projekt verlängern und die Kosten steigen. Da dem Kunden zwischenzeitlich auch kein Zwischenprodukt präsentiert wird, kann die Überraschung am Ende auch negativ ausfallen bzw. müssen Änderungen so früh wie möglich kommuniziert werden, um die Kosten nicht in die Höhe zu treiben. Ein weiteres Problem des Wasserfallmodells ist, dass eine strikte Trennung der Phasen nicht immer möglich ist.

Implementierung von Scrum oder Wasserfall: Tipps für den Erfolg

Gerade wenn Projektmanagement im Unternehmen neu ist oder das Unternehmen neue Wege gehen möchte, ist es hilfreich, sich an einem Leitfaden zu orientieren, der die Einführung des Scrum Frameworks oder des Wasserfallmodells im Unternehmen erleichtert.

Tipps für die erfolgreiche Implementierung von Scrum

Zuerst muss natürlich geprüft werden, ob das Projekt überhaupt mit Scrum durchgeführt werden kann, welche rechtlichen oder vertraglichen Randbedingungen bestehen und welche Stakeholder einen bestimmten Einfluss haben. Dann muss das Team zusammengestellt werden. Dabei ist es wichtig, dass das Team gut zusammenarbeitet, denn es soll selbstständig arbeiten und den Projektablauf effizient gestalten. Idealerweise sollte sich das Team in seinen Kenntnissen und Erfahrungen ergänzen. Außerdem sollte das Team der Developer nicht größer als acht Personen sein, da es sonst für das Team zu kompliziert werden könnte, sich selbst zu organisieren.
Das Product Backlog sollte gleich zu Beginn des Projekts erstellt werden. Es enthält die Anforderungen an das Projekt und wird vom Product Owner verwaltet. Es enthält alle Einträge als Product Backlog Items, mit denen das Endprodukt fertiggestellt werden soll. Diese Einträge werden nach Wichtigkeit sortiert, so dass sie in Sprints erstellt werden können. Auf diese Weise wird ein Sprint Backlog mit den wichtigen Aufgaben während eines Sprints geplant, die auch während der Durchführung angepasst, aber dennoch durchgeführt werden sollen. Um zu überprüfen, ob dies funktioniert, sollte man die täglichen Daily Scrum Meetings durchführen. So kann man sehen, ob eventuell etwas angepasst werden muss. Auch die Sprint Retrospective ist von großer Bedeutung, da man hier sehen kann, wie erfolgreich der Sprint war und ob man beim nächsten Sprint etwas anders machen muss.

Tipps für die erfolgreiche Implementierung der Wasserfallmethode

Auch bei dieser Methode ist zu überlegen, ob sie für das Projekt geeignet ist. Im Idealfall sollte das Projekt nicht zu lange dauern, damit eventuelle Fehler nicht zu lange nachwirken und Kosten und Zeit in die Höhe treiben. Denn wenn Fehler erst am Ende des Projekts erkannt werden, kann dies schwerwiegende Folgen haben.
Es ist auch von Vorteil, wenn der Projektleiter oder das Team bereits Erfahrung auf dem Gebiet des Projekts haben und sich gegenseitig ergänzen, um die Wahrscheinlichkeit von Fehlern von vornherein zu minimieren. Je nach Phase kann es erforderlich sein, dass das Team aus anderen Mitgliedern besteht. Je nach Phase kann es unterschiedliche Aufgaben geben, die von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Fähigkeiten gelöst werden müssen.
Eine Analyse der Stakeholder, des Umfelds, der Anforderungen und der Risiken sollte gleich zu Beginn durchgeführt werden, um die Ergebnisse so zu nutzen, dass das Projekt den größtmöglichen Nutzen daraus zieht. Die Stakeholder haben einen großen Einfluss auf das Projekt und sollten von Anfang an bekannt sein. So kann der richtige Umgang mit ihnen, z. B. in der Kommunikation, festgelegt werden.

Fazit

Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile, aber ein Projekt kann von beiden profitieren. Mittlerweile gibt es auch immer mehr Projekte, in denen hybride Ansätze verfolgt werden. Das heißt, man nimmt sowohl Teile des klassischen Modells wie z. B. die Wasserfallmethode, und ergänzt diese mit einzelnen Elementen des agilen Projektmanagements, wie z. B. Scrum. So kann man das Projekt von Anfang an klar strukturieren und damit einen groben Plan für den Projektabschluss planen, aber auch durch die agile Variante dafür sorgen, dass man flexibel auf Veränderungen im Projektverlauf reagieren kann, indem man tägliche Meetings abhält oder innerhalb der einen oder anderen Phase Sprints durchführt.

Scrum vs. Wasserfall - Das Logo der IAPM.
Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Scrum, Wasserfall

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