Die Stacey Matrix - Entscheidungsfindung

Ursprünglich war die Stacey Matrix von Ralph Douglas Stacey als eine Hilfestellung zur Entscheidungsfindung entwickelt worden. Heute wird sie nicht mehr in komplexen Entscheidungssituationen angewendet, sondern eher zur Auswahl der passenden Projektmanagement-Methode für ein bestimmtes Projekt. Nicht alle sind mit diesem Einsatz einverstanden und daher wird die Stacey Matrix kontrovers betrachtet.
Zwei Hände, von denen eine einen grünen, gesunden Apfel und die andere einen pinken, ungesunden Donut hält.

Eine Entscheidungsmethode

Stacey hat sich mit vielen Fragen rund um das Thema Entscheidungen beschäftigt. Er wollte herausfinden, welche Faktoren Komplexität beeinflussen, wie in einer unsicheren Situation eine gute Entscheidung getroffen werden kann und welche Strategien sich für eine solche Entscheidung eignen. Die Stacey Matrix im Original basiert auf zwei Dimensionen: Die Gewissheit oder Sicherheit in Bezug auf die Entscheidung und die Stärke der Übereinstimmung, also wie sehr sind sich die Entscheidungsbeteiligten einig. Bei jeder Entscheidung wird überprüft, wie sehr sich die Entscheider sicher sind, dass es die richtige Entscheidung ist, und wie viele von ihnen stark miteinander konform gehen. In der Stacey Matrix erscheinen Antworten auf diese Fragen dann in einem Graphen, der von den Achsen Certainty (Gewissheit) und Agreement (Übereinstimmung) begrenzt wird. Aus den Punkten in der Matrix ergeben sich dann verschiedene Konstellationen: Hohe Gewissheit und hohe Übereinstimmung bedeutet, dass die Entscheidung leichtfällt. Sind sich alle uneins aber jeweils sehr sicher in ihrer Meinung, müssen Verhandlungen geführt werden. Hier ist es gut möglich, dass eine endgültige Entscheidung aus politischer Sicht fallen muss. Sind sich alle einig, aber eher unsicher, rät Stacey dazu, von strikten Plänen abzusehen und eine gemeinsame Vision zu erarbeiten. In der Folge kann dann Schritt für Schritt auf diese Vision hingearbeitet werden. Wenn weder Gewissheit noch Einigkeit bestehen, wird es richtig schwierig. Hier sind schlechte Entscheidungen ein hohes Risiko. Es sind viel Kreativität, Innovation und Flexibilität gefordert. Im Extremfall gehen die Standpunkte so weit auseinander und es herrscht so wenig Gewissheit, dass weder Verhandlungen noch Visionen Erfolg versprechen. Hier muss eine andere Lösung gefunden werden.

Stacey im agilen Umfeld

Stacey hat also mit seiner Matrix eine Ordnung in das komplexe Feld der Entscheidungsfindung bringen wollen. Neuerdings wird seine Matrix allerdings von agilen Managern für etwas eingesetzt, wofür sie zwar nicht unbedingt gedacht war, wo sie aber durchaus helfen kann: Mittels der Stacey Matrix soll ermittelt werden, welcher Projektmanagement-Ansatz der richtige für ein bestimmtes Projekt ist. Wird die Matrix im agilen Umfeld benutzt, ist die Beschriftung ihrer Achsen oft abweichend vom Original. Die Gewissheit wird durch Methode oder durch Technologie ersetzt. Die Frage, die beantwortet werden muss, lautet: Ist bekannt, welche Methode zum Ziel führt? Agreement wird zu Anforderungen. Hier lautet die Frage: Wie klar oder unklar sind die Anforderungen? Das Ergebnis ist wieder ein ähnliches Bild wie bei der ursprünglichen Stacey Matrix und die Entwickler dieser Verwendung der Matrix können aus dem Ergebnis ableiten, welche Projektmanagementmethode am zielführendsten ist.

Von einfach bis kompliziert

Mit der Matrix werden Projekte letztendlich in unterschiedliche Abstufungen von einfach bis kompliziert eingeteilt. Bei einfachen Projekten werden Best Practices angewendet, bekannte und bewährte Methoden eingesetzt und es wird mit wenig überraschenden Wendungen gerechnet. Die Projektmanager kämpfen hier am Ende „nur“ damit, Budget und Zeitplan einzuhalten, aber der eigentliche Projektprozess verläuft im Grunde nach Plan. Hier eignen sich traditionelle Methoden wie die Wasserfall- oder die V-Methode.
Bei komplizierten Projekten, die aber noch in gewisser Weise voraussehbar sind, muss unterschieden werden zwischen politisch und technisch komplizierten Projekten. Hier finden sich wieder die Phänomene, die Stacey auch herausgearbeitet hat. Entweder es sind sich alle über das Ergebnis, nicht aber über den Weg dorthin einig, oder es besteht Uneinigkeit darüber, warum das Projekt überhaupt durchgeführt werden soll. Oft müssen in solchen Fällen viele Fragen, vielleicht auch durch Hinzuziehen von Experten, beantwortet werden. Bei dieser Art von Projekt werden meist Ansätze wie Lean und Kanban eingesetzt.
Bei hochkomplexen Projekten gibt es enorm viele Risiken. Hier ist es kaum möglich, einen Plan zu erstellen und diesen dann bis zum Ende zu verfolgen. Meist sind nicht einmal die Zielvorgabe oder die Anforderungen an das Ergebnis hinlänglich bekannt. Hier sind besonders kreative und flexible Lösungen gefragt. Die Projektetappen sind flexibel und die Zeitpunkte, an denen alles hinterfragt und überprüft wird, sind oft kurz, weil einfach so vieles unklar ist. Diese hochgradig unsicheren und schlecht einschätzbaren Projekte schreien förmlich nach Scrum oder anderen besonders agilen Methoden.
Zuletzt ist noch ein Bereich in der Matrix zu finden, der als chaotisch bezeichnet wird. Hierunter fallen nur Projekte, die vollkommen aus dem Raster fallen. Es liegen also quasi keine Anforderungen oder Methoden vor. Traditionelle Planungsmethoden scheiden von vornherein aus. Hier ist die Diskussion am heftigsten und die Geister scheiden sich: Ist Kanban die beste Methode oder eher Scrum oder Design Thinking? Jede Methode hat ihre Verfechter und da viele dieser chaotischen Projekte scheitern, andere aber auf wundersame Weise zu einem grandiosen Ergebnis gelangen, wird die Diskussion so schnell nicht enden. Idealerweise versuchen Sie bei einem Projekt, das als chaotisch eingestuft werden muss, es durch die Gewinnung von Informationen und die Beantwortung von Fragen in den Bereich des Komplexen zu verschieben. Wenn das nicht möglich ist, sind besonders viel Kreativität, Flexibilität und Erfindungsgeist gefragt.

Viel Erfolg!
Autor: IAPM intern 

Schlagworte: Projektmanagement, Entscheidungen, Psychologie, Tipp

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