Was ist ein Projekt? Definition, Beispiele, Interpretationshilfen

Projekte kommen in allen Wirtschaftssektoren und in persönlichen Lebensbereichen vor, bei Non-Profit-Organisationen genauso, wie bei Institutionen der öffentlichen Hand. Häufig werden Projekte mit dem Ziel abgewickelt, technische oder organisatorische Verbesserungen zu erreichen. Projekte können organisationsübergreifend auftreten oder innerhalb einer Organisation auf einen oder wenige Funktionsbereiche beschränkt sein. Es gibt also unterschiedliche Projektarten und wir treffen sie überall an. Doch was ist das, ein Projekt?
Eine Person schreibt auf ein Blatt, auf dem mehrere Kästchen zum Ankreuzen aufgemalt sind.

Inhalt

Was ein Projekt auszeichnet

Ein Projekt ist ein komplexes und neuartiges Vorhaben, welches ein vor Arbeitsbeginn definiertes Ziel verfolgt und innerhalb eines definierten Zeitrahmens verwirklicht werden soll. Das Projektziel kann nur in einem interdisziplinären Team erreicht werden. Die Ressourcen, die zur Zielerreichung benötigt werden sind begrenzt. Die Verantwortungen für die zu erreichenden (Teil-) Ziele des Projekts sind festgelegt.

Der Projektcheck

Ob ein Vorhaben ein Projekt ist, kann mithilfe eines Projektchecks und anhand von einfachen Fragen überprüft werden:
 
Komplexes Vorhaben
 
  • Warum ist die Aufgabe schwierig zu lösen? 
  • Sind die Helfer räumlich verteilt? 
  • Sprechen alle Beteiligten die gleiche Sprache? 
  • Verstehen sich die Beteiligten untereinander? 
  • Gibt es Abstimmungsprobleme, z. B. wegen unterschiedlicher Fachtermini? 

Neuartiges Vorhaben
 
  • Kann auf Wissen aus ähnlichen Vorhaben zurückgegriffen werden? 
  • Lassen sich einzelne Arbeitsprozesse aus Routinetätigkeiten ableiten? 
  • Sind die Randbedingungen einmalig? 
Vorhaben, das ein vor Arbeitsbeginn definiertes Ziel erreichen muss
 
  • Was soll am Ende des Projekts als Ergebnis, bzw. Leistung abgeliefert werden? 
  • Wie lange wird dafür gebraucht?
  • Gibt es Zeitvorgaben? 
  • Gibt es Kostenvorgaben? 

Vorhaben mit einem definierten Zeitrahmen – Anfang und Abschluss
 
  • Bis wann kann mit der Zielformulierung für einen konkreten Projektvertrag /-auftrag begonnen und bis wann kann sie abgeschlossen werden? 
  • Bis wann kann die Planung und die Organisation des Projekts abgeschlossen werden? 
  • Wann kann / soll das Ergebnis des Projekts vorliegen? 
  • Bis wann können die tatsächlichen Projektkosten dargestellt werden? 
  • Bis wann sind die Erkenntnisse aus dem Projekt zusammengefasst und dem projekttragenden Unternehmen zur Verfügung gestellt? 

Vorhaben, das interdisziplinär zu bearbeiten ist
 
  • Welche Expertise müssen die Mitarbeitenden einbringen? 
  • Welche Ausbildung sollten Mitarbeitende vorweisen können? 
  • Kommen die Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Abteilungen, Bereichen, Unternehmen, Kulturkreisen? 

Vorhaben, das das Ziel mit begrenzten Ressourcen erreichen muss
 
  • Welche Mitarbeitenden, Maschinen, Anlagen etc. stehen nur begrenzt zur Verfügung? 
  • Gibt es zeitliche und / oder finanzielle Begrenzungen? 

Vorhaben, bei dem die Verantwortungen für zu erbringenden Ergebnisse festgelegt sind
 
  • Wer ist Auftraggeber? 
  • Wer stellt die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung? 
  • Muss das Vorhaben arbeitsteilig erbracht werden? 
  • Können einzelne Themengebiete des Projekts in einem Teilprojekt oder Arbeitspaket zusammengefasst und delegiert werden? 
  • Wer leitet das Projekt? 
  • Kann eine projektspezifische Organisation geschaffen werden? 

Ist jeder der sieben Punkte erfüllt, handelt es sich beim Vorhaben gemäß der obengenannten Definition um ein Projekt. Sind ein oder mehrere Punkte nicht erfüllt, sollte die Ausführung der Aufgabe als Routinetätigkeit erledigt oder als Individualarbeit ausgeführt werden, Methoden des Projektmanagements können aber trotzdem unterstützend herangezogen werden.
Da es bei dieser Definition keine eindeutigen Messregeln geben kann - es ist beispielsweise schwer zu bestimmen, wie komplex oder neuartig ein Projekt ist -, bleibt die Herausforderung, sicherzustellen, dass die Bewertung des jeweiligen Punktes zumindest nachvollziehbar erfolgt.

Beispiele: Handelt es sich um ein Projekt?

Mit Hilfe des Projektchecks können zielgerichtete Prozesse wie die Reorganisation eines Labors oder die Entwicklung eines Elektromotors auf ihren Projektcharakter hin untersucht werden. Im Folgenden finden Sie zwei Beispiele, die Ihnen zeigen, was ein Projekt ist und was nicht.
 
Beispiel 1

Ein Bauunternehmen errichtet jedes Jahr mehrere Einfamilienhäuser. Das jeweilige Vorhaben ist für diese Firma eigentlich nichts Neues. Dennoch behandelt der Bauunternehmer jedes einzelne Bauvorhaben als eigenständiges Projekt – mit Projektorganisation, Ablaufplanung, Risikomanagement, Projektcontrolling und weiteren Methoden des Projektmanagements. Aus gutem Grund, denn aus seiner übergeordneten Sichtweise unterliegt jedes Bauvorhaben möglicherweise anderen rechtlichen Vorgaben, es muss vielleicht mit unterschiedlichen Unterauftragnehmern und anderen Stakeholdern zusammengearbeitet werden und so weiter. So wird jedes Bauvorhaben also in der Gesamtheit seiner Gegebenheiten doch zu einem neuartigen Vorhaben, einem Projekt.
Ob ein bestimmter Prozess der Leistungserstellung ein Projekt ist, lässt sich im jeweiligen Einzelfall prüfen.
 
Beispiel 2

Für eine Ziegelei ist die Herstellung von Dachziegeln kein neuartiges Vorhaben, es weist für sie keine Komplexität auf. Die Leistungserbringung erfordert keine „projektspezifische Organisation“, weil die Leistung im Rahmen der Linienorganisation erbracht wird. Die Produktion von Dachziegeln lässt sich als Routineaufgabe in der Massenfertigung einordnen. Sie hat keinen Projektcharakter und damit ist das Führungskonzept Projektmanagement nicht brauchbar.

Interpretationshilfe: Handelt es sich um ein Projekt?

Es gibt immer wieder Diskussionen, ob es sich um ein Projekt handelt oder vielleicht um eine individuell zu bearbeitende Aufgabe. Liegt ein Projekt vor, oder spricht man besser von Serienfertigung, oder handelt es sich um eine Routineaufgabe? Einige Interpretationshilfen können die Einordnung erleichtern.
 
Interdisziplinäre Arbeitsteilung

Andere Projektmanagementverbände räumen einem wichtigen Merkmal von Projekten keinen Platz ein, aber wie oben erwähnt, ist nach unserer Definition die Beteiligung mehrerer oder zahlreicher Personen, Arbeitsgruppen, Unternehmen oder Institutionen ein wesentliches Merkmal eines Projekts. Bei Projekten handelt es sich um interdisziplinäre, arbeitsteilige Prozesse. Textet jemand allein ein Gedicht oder reinigt ein anderer allein den Garagenhof, sind das keine Projekte. Für diese Tätigkeiten wird weder eine funktionsübergreifende Arbeitsteilung noch eine koordinierende Funktion des Projektmanagements benötigt. Wissen und Erfahrung, gutes Selbstmanagement und Geschick der handelnden Personen ist hier vollkommen ausreichend.
 
Projekt vs. Serienfertigung

Es gibt immer wieder Grenzfälle, bei denen diskutiert werden kann, ob es sich noch um ein Projekt oder schon um eine Kleinserienfertigung handelt. Spricht man zum Beispiel noch von einem Projekt, wenn zahlreiche Speditionshallen exakt gleicher Konstruktion an verschiedenen Standorten gebaut werden? Für dieses Abgrenzungsproblem bietet Dülfer eine Lösung an. Demnach ist „das Merkmal der Einmaligkeit in der industriellen Auftragsfertigung (...) nicht in jedem Fall auf den Inhalt der Projektaufgabe zu beziehen (...), sondern mehr auf die jeweilige Projektdurchführung unter gegebenen individuellen Umweltbedingungen“.
Der Übergang von der Dienstleistungserbringung mit Projektcharakter zur Kleinserienfertigung kann fließend sein. Je ähnlicher die Konfiguration der einzelnen Objekte und je konstanter die Rahmenbedingungen sind, desto eher handelt es sich um eine Kleinserienfertigung. Beispiele für solche Grenzfälle finden sich im Schiffbau und im Hausbau. Bei der Herstellung von Gütern wie Reinigungsmitteln oder Telekommunikationsgeräten spricht man dagegen von Massen- oder Großserienproduktion. Die Großserienproduktion eines Routers weist demnach nicht den Charakter eines Projekts auf.
 
Projektspezifische Organisation

Nicht jedes Projekt muss eine projektspezifische Organisation aufweisen. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Industrieunternehmen beispielsweise planen und realisieren ständig Vorhaben, die eine Zielvorgabe sowie eine zeitliche, finanzielle und personelle Begrenzung haben und eindeutig von anderen Vorhaben abgrenzbar sind. Eine Eigenschaft aber fehlt ihnen: die projektspezifische Organisation. Der Fachabteilungsleiter führt diese Vorhaben im Rahmen der Linienorganisation und erfüllt gleichzeitig die Funktion des Projektmanagers. Diese Lösung ist dann praktikabel, wenn Mitarbeiter einer einzigen Organisationseinheit an den Arbeiten beteiligt sind.
 
Einmaligkeit der Bedingungen

Die „Einmaligkeit der Bedingungen“ bezieht sich nicht auf die einzelnen Aktivitäten eines Projekts, sondern auf das Vorhaben als Ganzes. Denn auch in Projekten mit hohem Neuheitsgrad gibt es Arbeitsschritte, die nicht nur im neusten Vorhaben, sondern auch schon in früheren Projekten auf immer gleiche Weise ablaufen beziehungsweise abgelaufen sind. Ein Beispiel dafür ist die Erstellung von Zeichnungen für Maschinenkomponenten, die in einem Projekt entwickelt werden. In Projekte kann auch eine sogenannte Leistungserstellung mit Wiederholcharakter eingebettet sein, zum Beispiel die Produktion mehrerer Prototypen, bei der Entwicklung von Carbon-Rädern.

Abgrenzungsprobleme und Projektinflation

Die obenstehende Definition von Projekt stellt ein Sieb dar. Aufgaben, die in diesem Sieb aufgefangen werden, haben höchstwahrscheinlich keinen Projektcharakter. Ob ein Projekt tatsächlich als Projekt behandelt werden sollte, ist jedoch eine andere Frage. Werfen wir einen Blick auf ein Beispiel:
Eine kleine Werkzeugmaschinenfabrik bezeichnet die Entwicklung einer neuen Spezialmaschine für einen Kunden als Projekt, weil sie für das Unternehmen einen hohen Neuheitsgrad besitzt und der Anteil des Auftragswerts am Gesamtumsatz hoch ist. Ein Automobilkonzern dagegen versteht unter einem hohen Neuheitsgrad etwas ganz anderes. Der Wert des Auftrags, den die Maschinenfabrik bekommen hat, würde bei ihm auch nur einen verschwindend kleinen Teil seines Gesamtumsatzes ausmachen. Aus diesem Grunde klassifiziert der Konzern diese Aufgabe nicht als Projekt.
Jede Organisation muss selbst entscheiden, welches nicht-routinemäßige Vorhaben sie als Projekt behandeln will. Weitere Kriterien können der Auftragswert, das geplante Budget oder die geplante Dauer sein.
Es ist durchaus vernünftig bei kurz laufenden Vorhaben mit geringem Budget den Begriff „Projekt“ etwas weiter zu fassen, ansonsten verschlingt unter Umständen allein die Projektplanung so viel Zeit und Geld, dass für die Leistungserstellung, d. h. die Erstellung des Projektgegenstands, nichts mehr übrigbleibt. Der Aufwand für das Projektmanagement sollte also in einem vernünftigen Verhältnis zu seinem erwarteten Nutzen beziehungsweise zur Projektgröße stehen. Erst ab einer längeren Projektdauer mit ausreichendem Budget kann sich eine umfassende Projekteinordung erkennbar positiv auswirken. Damit wird einerseits die Grundlage für eine gute Projektbearbeitung gelegt und andererseits einer Inflation der Projekte ein Riegel vorgeschoben.

Organisationsindividuelle Projektdefinitionen

Es gibt Organisationen, die selbst festlegen, welche Vorhaben sie als Projekt behandeln wollen und nach welchen Kriterien sie ein Projekt definieren. So könnte eine firmenindividuelle Projektdefinition wie folgt aussehen: „Alle Aufgaben, die nicht Routine sind und die eine geplante Zeitdauer von mehr als drei Kalendermonaten, einen Aufwand von mindestens 50 Personentagen und mehr als zwei Beteiligte haben, sind nach den Grundsätzen des firmeneigenen Projektmanagementhandbuchs zu planen und zu realisieren.“ Bei diesem Beispiel bezieht sich die Definition auf die Dauer, auf den Aufwand und auf die Anzahl von Beteiligten. Alternativ könnte der Projektbegriff formaler eingegrenzt werden: „Projekte sind zeitlich begrenzte, sachlich in sich abgeschlossene Vorhaben, für die ein genehmigter Entwicklungsantrag vorliegt.“
Solche Definitionen sind natürlich zulässig, weil es keine Gesetze gibt, die dies verbieten würden. Erklärungs- und abstimmungsbedürftig wird es jedoch, wenn eine Person, die nach der ersten Definition gearbeitet hat, von einem Unternehmen, das nach der zweiten Definition agiert, als externer Berater eingesetzt wird. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, für solche unternehmensübergreifenden Projekte eine einheitliche Definition zu wählen, um Missverständnissen vorzubeugen.

Was ist ein Projekt? - Ein Bild vom Autor
Schlagworte: Projektmanagement, Tipps, Projektcheck, Definition

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