Interview mit „PM of the Year“ Harald Kiendler
22.01.2015 -
Harald Kiendler, Gruppenleiter für die Entwicklung von Fahrwerken der Siemens AG Österreich, Mobility, Mainline Transport, Bogies in Graz, wurde im Dezember 2014 zum „Project Manager of the Year 2014“ der IAPM ernannt. Zum dritten Mal wurde dieser Award nun vergeben, der die besten durch die IAPM zertifizierten Senior Project Manager der letzten 12 Monate auszeichnet. Neben seiner herausragenden Leistung im Zertifizierungstest wurden Herrn Kiendler von seinem Vorgesetzten außerordentlich gute Führungsqualitäten bescheinigt.
Wir haben Herrn Kiendler Fragen über seine Arbeit, natürlich das Thema Projektmanagement und sein Verhältnis zu seinen Mitarbeitern gestellt und von ihm außerdem noch interessante Buchtipps erhalten.
IAPM: Sie sind Project Manager of the Year 2014 – was können Sie anderen Projektmanagern mit auf den Weg geben? Haben Sie drei Tipps für erfolgreiches Projektmanagement?
Harald Kiendler: Baue deine Netzwerke mit Bedacht auf und pflege sie; Schaffe die Voraussetzungen für eine offene Kommunikation; Handle stets respektvoll - wie man in den Wald schreit, so kommt es zurück
IAPM: Was würden Sie einem Berufsanfänger im Projektmanagement raten?
Harald Kiendler: Berufsanfänger werden gerne ins kalte Wasser geworfen, bekanntlich lernt man so ja am schnellsten das Schwimmen. Der Berufseinsteiger muss sich somit so rasch als möglich die wichtigsten Projektmanagement-Grundlagen aneignen, sei es im Selbststudium, oder noch besser mit Hilfe einer fundierten Schulung, wie z.B. der IAPM-Zertifizierung.
In jedem Fall sollte er versuchen, einen erfahrenen Projektleiter als Mentor zu gewinnen, um dann auch dessen Ratschläge mit Neugierde und Lernwillen entgegenzunehmen.
IAPM: Wollten Sie schon immer Projektmanager werden? Wie kam es zu dieser Berufswahl?
Harald Kiendler: Als begeisterter Maschinenbau-Techniker wollte ich schon immer in der Produktentwicklung tätig sein. Besonders reizvoll finde ich hierbei die Kombination aus Technik und Projektmanagement. Es ist für mich sehr motivierend, im Team etwas Neues zu erschaffen und dabei die Verantwortung übernehmen zu dürfen.
IAPM: Was lieben Sie an Ihrem Beruf als Projektmanager besonders?
Harald Kiendler: Das Arbeiten mit Menschen und das gute Gefühl, am Ende eines Projektes etwas geschaffen zu haben. Mir ist auch sehr wichtig, dass ich mich mit unseren Produkten voll und ganz identifizieren kann. Als Schienenfahrzeugtechniker kann ich meinen Beitrag für eine umweltfreundliche Zukunft leisten.
IAPM: Warum haben Sie eine Zertifizierung bei der IAPM durchgeführt, was hat Sie von der IAPM überzeugt?
Harald Kiendler: Ausschlaggebend für die Entscheidung für die Zertifizierung durch die IAPM am Standort Graz waren mehrere Gründe. Zum einen der hohe Anspruch des Unternehmens an die Ausbildung seiner Projektleiter, zum anderen der vorauseilende gute Ruf der Vortragenden. Und letztlich auch der Wunsch nach einem Befähigungsnachweis ohne „Ablaufdatum“.
IAPM: Was gehört Ihrer Meinung nach zu den Hauptaufgaben eines Projektmanagers?
Harald Kiendler: Er klärt die Projektziele ab und sorgt dafür, dass alle Beteiligten diese Ziele kennen, verstehen und nicht aus den Augen verlieren. Er vertritt das Projekt nach innen und außen und stellt den Informationsfluss sicher. Er koordiniert den Projektablauf, plant und überwacht die Projekttermine und -kosten und hinterfragt die Qualität der technischen Lösung.
IAPM: Welche Projektmanagement-Methoden und Tools haben für Sie besonders große Bedeutung?
Harald Kiendler: Im Bereich Anforderungsmanagement setzen wir auf DOORS, die Termin- und Kostenverfolgung erfolgt über Primavera. Eine große Herausforderung im Bereich der Produktentwicklung ist die geeignete Definition von Reifegraden. Hier setzen wir auf die Meilensteintechnik und legen ein hohes Engagement in die kontinuierliche Verbesserung unserer Meilenstein-Checklisten.
IAPM: Sie haben schon in verschiedensten Projekten gearbeitet. Haben Sie ein Projekt besonders gut in Erinnerung und wenn ja, warum?
Harald Kiendler: Ich nehme an, hier geht es den meisten Projektleitern ähnlich. Wie das erste Auto, so vergisst man auch das erste Projekt nie. In meinem Fall war es die technische Leitung der Fahrwerksentwicklung für die Lokomotive BR189 der DB AG. Und ich kann mit Stolz berichten, dass die ersten Lokomotiven dieser Baureihe inzwischen ohne größere Vorkommnisse eine Laufleistung von über zwei Millionen Kilometer erreicht haben.
IAPM: Welche Eigenschaften sollte ein Projektmanager haben, um sein Team gut führen zu können?
Harald Kiendler: Er nimmt sich Zeit für Kommunikation, beteiligt die Mitarbeiter an der Entscheidungsfindung und ist offen für Feedback. Er schenkt Vertrauen und bleibt für sein Projektteam stets "berechenbar" (Anm.: hat klare Bewertungsmaßstäbe, kann eigene Irrtümer und Fehler zugeben, belügt seine Mitarbeiter niemals). Entscheidungen, die nur er selbst fällen kann, überlässt er niemals einem anderen.
IAPM: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Team? Sind Sie eher der Kumpeltyp oder halten Sie Distanz? Was ist Ihrer Meinung nach der richtige Weg zu einem guten Verhältnis?
Harald Kiendler: Generell pflegen wir hier in Graz einen sehr freundschaftlichen Umgangston. Die meisten Kollegen duzen sich und so wäre einem distanzierten Führungsstil wohl eher wenig Erfolg beschieden. Das Du-Wort macht es einfacher, Probleme offen anzusprechen und Erwartungshaltungen auszuloten. Ich hoffe, dass mein Führungsverhalten von meinen Mitarbeitern als kooperativ wahrgenommen wird, sehr wohl ergebnisorientiert, aber mit großem Wert auf die Berücksichtigung sozialer Faktoren.
IAPM: Denken Sie, man muss zum Projektmanager geboren sein oder könnte Ihrer Meinung nach jeder, der das theoretische Rüstzeug erlernt, ein guter Projektmanager werden?
Harald Kiendler: Der Projektmanager sollte ein Kommunikator und Netzwerker sein, das Übernehmen einer Führungsaufgabe muss ihm Spaß machen. Ich befürchte daher, dass introvertierte Menschen in diesem Beruf auf lange Sicht nicht glücklich werden. Da Introversion und Extraversion angeborene Veranlagungen sind, ist die Frage „muss man zum PM geboren sein“ wohl mit ja zu beantworten.
IAPM: Wie schalten Sie nach einem stressigen Tag ab? Was raten Sie Kollegen, die immer ausgebrannter werden und wie schützen Sie sich vor Überarbeitung? Wie schaffen Sie sich einen Ausgleich zu den Herausforderungen, denen Sie als Projektmanager ausgesetzt sind?
Harald Kiendler: Ich denke, dass mit zunehmendem Alter eine ausgewogene Balance zwischen Beruf und Privatleben immer wichtiger wird. Ich versuche daher, die Arbeit wenn möglich nicht mit nach Hause zu nehmen. An den Wochenenden zieht es mich oft in die Berge, weil ich dort meine Batterien am besten nachladen kann. Mehrwöchige Fernreisen mit meiner Partnerin dienen ebenfalls dazu, den nötigen Abstand vom Alltag zu gewinnen.
IAPM: Haben Sie einen Tipp für ein Buch, das sich lohnt zum Thema Projektmanagement zu lesen?
Harald Kiendler: Ein empfehlenswertes Fachbuch zum Thema Führen wäre "Sich und andere führen" von Karl Kälin und Peter Müri. Wer sich mit Zeitmanagement befassen möchte, dem sei Stephen R. Covey "Der Weg zum Wesentlichen" empfohlen.
Als Kontrast zu diesen Fachbüchern möchte ich auch einen Roman in Erinnerung rufen, der vor 40 Jahren von Robert M. Pirsig geschrieben wurde und den Begriff Qualität auf philosophische Weise zu erklären versucht: "Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten".
IAPM: Welche drei Trends erwarten Sie in der Zukunft im Projektmanagement?
Harald Kiendler: Ich denke, dass sich zukünftige Projektmanager intensiver mit dem Thema Führung beschäftigen werden. Dabei wird vor allem die Frage „Führen ohne Macht“, also ohne Vorgesetztenfunktion, im Mittelpunkt stehen. Agiles Projektmanagement wird klassische Vorgehensmodelle in vielen Bereichen ablösen und Benchmarking wird weiter an Bedeutung gewinnen.
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Wir haben Herrn Kiendler Fragen über seine Arbeit, natürlich das Thema Projektmanagement und sein Verhältnis zu seinen Mitarbeitern gestellt und von ihm außerdem noch interessante Buchtipps erhalten.
IAPM: Sie sind Project Manager of the Year 2014 – was können Sie anderen Projektmanagern mit auf den Weg geben? Haben Sie drei Tipps für erfolgreiches Projektmanagement?
Harald Kiendler: Baue deine Netzwerke mit Bedacht auf und pflege sie; Schaffe die Voraussetzungen für eine offene Kommunikation; Handle stets respektvoll - wie man in den Wald schreit, so kommt es zurück
IAPM: Was würden Sie einem Berufsanfänger im Projektmanagement raten?
Harald Kiendler: Berufsanfänger werden gerne ins kalte Wasser geworfen, bekanntlich lernt man so ja am schnellsten das Schwimmen. Der Berufseinsteiger muss sich somit so rasch als möglich die wichtigsten Projektmanagement-Grundlagen aneignen, sei es im Selbststudium, oder noch besser mit Hilfe einer fundierten Schulung, wie z.B. der IAPM-Zertifizierung.
In jedem Fall sollte er versuchen, einen erfahrenen Projektleiter als Mentor zu gewinnen, um dann auch dessen Ratschläge mit Neugierde und Lernwillen entgegenzunehmen.
IAPM: Wollten Sie schon immer Projektmanager werden? Wie kam es zu dieser Berufswahl?
Harald Kiendler: Als begeisterter Maschinenbau-Techniker wollte ich schon immer in der Produktentwicklung tätig sein. Besonders reizvoll finde ich hierbei die Kombination aus Technik und Projektmanagement. Es ist für mich sehr motivierend, im Team etwas Neues zu erschaffen und dabei die Verantwortung übernehmen zu dürfen.
IAPM: Was lieben Sie an Ihrem Beruf als Projektmanager besonders?
Harald Kiendler: Das Arbeiten mit Menschen und das gute Gefühl, am Ende eines Projektes etwas geschaffen zu haben. Mir ist auch sehr wichtig, dass ich mich mit unseren Produkten voll und ganz identifizieren kann. Als Schienenfahrzeugtechniker kann ich meinen Beitrag für eine umweltfreundliche Zukunft leisten.
IAPM: Warum haben Sie eine Zertifizierung bei der IAPM durchgeführt, was hat Sie von der IAPM überzeugt?
Harald Kiendler: Ausschlaggebend für die Entscheidung für die Zertifizierung durch die IAPM am Standort Graz waren mehrere Gründe. Zum einen der hohe Anspruch des Unternehmens an die Ausbildung seiner Projektleiter, zum anderen der vorauseilende gute Ruf der Vortragenden. Und letztlich auch der Wunsch nach einem Befähigungsnachweis ohne „Ablaufdatum“.
IAPM: Was gehört Ihrer Meinung nach zu den Hauptaufgaben eines Projektmanagers?
Harald Kiendler: Er klärt die Projektziele ab und sorgt dafür, dass alle Beteiligten diese Ziele kennen, verstehen und nicht aus den Augen verlieren. Er vertritt das Projekt nach innen und außen und stellt den Informationsfluss sicher. Er koordiniert den Projektablauf, plant und überwacht die Projekttermine und -kosten und hinterfragt die Qualität der technischen Lösung.
IAPM: Welche Projektmanagement-Methoden und Tools haben für Sie besonders große Bedeutung?
Harald Kiendler: Im Bereich Anforderungsmanagement setzen wir auf DOORS, die Termin- und Kostenverfolgung erfolgt über Primavera. Eine große Herausforderung im Bereich der Produktentwicklung ist die geeignete Definition von Reifegraden. Hier setzen wir auf die Meilensteintechnik und legen ein hohes Engagement in die kontinuierliche Verbesserung unserer Meilenstein-Checklisten.
IAPM: Sie haben schon in verschiedensten Projekten gearbeitet. Haben Sie ein Projekt besonders gut in Erinnerung und wenn ja, warum?
Harald Kiendler: Ich nehme an, hier geht es den meisten Projektleitern ähnlich. Wie das erste Auto, so vergisst man auch das erste Projekt nie. In meinem Fall war es die technische Leitung der Fahrwerksentwicklung für die Lokomotive BR189 der DB AG. Und ich kann mit Stolz berichten, dass die ersten Lokomotiven dieser Baureihe inzwischen ohne größere Vorkommnisse eine Laufleistung von über zwei Millionen Kilometer erreicht haben.
IAPM: Welche Eigenschaften sollte ein Projektmanager haben, um sein Team gut führen zu können?
Harald Kiendler: Er nimmt sich Zeit für Kommunikation, beteiligt die Mitarbeiter an der Entscheidungsfindung und ist offen für Feedback. Er schenkt Vertrauen und bleibt für sein Projektteam stets "berechenbar" (Anm.: hat klare Bewertungsmaßstäbe, kann eigene Irrtümer und Fehler zugeben, belügt seine Mitarbeiter niemals). Entscheidungen, die nur er selbst fällen kann, überlässt er niemals einem anderen.
IAPM: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Team? Sind Sie eher der Kumpeltyp oder halten Sie Distanz? Was ist Ihrer Meinung nach der richtige Weg zu einem guten Verhältnis?
Harald Kiendler: Generell pflegen wir hier in Graz einen sehr freundschaftlichen Umgangston. Die meisten Kollegen duzen sich und so wäre einem distanzierten Führungsstil wohl eher wenig Erfolg beschieden. Das Du-Wort macht es einfacher, Probleme offen anzusprechen und Erwartungshaltungen auszuloten. Ich hoffe, dass mein Führungsverhalten von meinen Mitarbeitern als kooperativ wahrgenommen wird, sehr wohl ergebnisorientiert, aber mit großem Wert auf die Berücksichtigung sozialer Faktoren.
IAPM: Denken Sie, man muss zum Projektmanager geboren sein oder könnte Ihrer Meinung nach jeder, der das theoretische Rüstzeug erlernt, ein guter Projektmanager werden?
Harald Kiendler: Der Projektmanager sollte ein Kommunikator und Netzwerker sein, das Übernehmen einer Führungsaufgabe muss ihm Spaß machen. Ich befürchte daher, dass introvertierte Menschen in diesem Beruf auf lange Sicht nicht glücklich werden. Da Introversion und Extraversion angeborene Veranlagungen sind, ist die Frage „muss man zum PM geboren sein“ wohl mit ja zu beantworten.
IAPM: Wie schalten Sie nach einem stressigen Tag ab? Was raten Sie Kollegen, die immer ausgebrannter werden und wie schützen Sie sich vor Überarbeitung? Wie schaffen Sie sich einen Ausgleich zu den Herausforderungen, denen Sie als Projektmanager ausgesetzt sind?
Harald Kiendler: Ich denke, dass mit zunehmendem Alter eine ausgewogene Balance zwischen Beruf und Privatleben immer wichtiger wird. Ich versuche daher, die Arbeit wenn möglich nicht mit nach Hause zu nehmen. An den Wochenenden zieht es mich oft in die Berge, weil ich dort meine Batterien am besten nachladen kann. Mehrwöchige Fernreisen mit meiner Partnerin dienen ebenfalls dazu, den nötigen Abstand vom Alltag zu gewinnen.
IAPM: Haben Sie einen Tipp für ein Buch, das sich lohnt zum Thema Projektmanagement zu lesen?
Harald Kiendler: Ein empfehlenswertes Fachbuch zum Thema Führen wäre "Sich und andere führen" von Karl Kälin und Peter Müri. Wer sich mit Zeitmanagement befassen möchte, dem sei Stephen R. Covey "Der Weg zum Wesentlichen" empfohlen.
Als Kontrast zu diesen Fachbüchern möchte ich auch einen Roman in Erinnerung rufen, der vor 40 Jahren von Robert M. Pirsig geschrieben wurde und den Begriff Qualität auf philosophische Weise zu erklären versucht: "Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten".
IAPM: Welche drei Trends erwarten Sie in der Zukunft im Projektmanagement?
Harald Kiendler: Ich denke, dass sich zukünftige Projektmanager intensiver mit dem Thema Führung beschäftigen werden. Dabei wird vor allem die Frage „Führen ohne Macht“, also ohne Vorgesetztenfunktion, im Mittelpunkt stehen. Agiles Projektmanagement wird klassische Vorgehensmodelle in vielen Bereichen ablösen und Benchmarking wird weiter an Bedeutung gewinnen.
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