Lean Management erklärt

In der Welt des Projektmanagements ist der Erfolg eines Projekts eng mit der Fähigkeit verbunden, ein wettbewerbsfähiges Produkt auf den Markt zu bringen. Wenn das Produkt nicht den Erwartungen entspricht und das Projekt nicht rentabel ist, ist die Investition oft nicht gerechtfertigt. Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, den Mehrwert der verschiedenen Elemente eines Projekts zu erkennen und Verschwendung zu minimieren. Dieses Dilemma erinnert an die Grundprinzipien des Lean Management.
Würfel mit Buchstaben, die das Wort "Change" ergeben.

Inhalt

Die Grundlagen von Lean Management

Die bereits erwähnten Begriffe Mehrwert, Wert und Verschwendung spielen im Lean Management eine große Rolle. Doch was ist dieser "Wert" und wie erreicht man die sogenannte "kontinuierliche Verbesserung", die im Lean Management von zentraler Bedeutung ist?

Lean Management und seine Bedeutung

Bei Lean geht es um den Wert eines Produktes (= Lean Thinking) und die daraus resultierende Arbeit (= Lean Practice). Lean Thinking und Lean Practice gehen Hand in Hand und sind wichtig für das Lean Management.
Der bereits erwähnte Wert soll durch die Optimierung der Ressourcen geschaffen werden und gleichzeitig zu einer Steigerung der Wertschöpfung führen. In der Praxis wird also ständig nach neuen Wegen gesucht, um mit möglichst wenig Verschwendung, z. B. in Form von Ressourcen wie Personal, möglichst viel Wert zu schaffen. Wenn wir von Wert sprechen, meinen wir den Wert des Produktes. Dieser Wert wird vom Kunden definiert und spiegelt sich auf dem Markt wider, z. B. in Form des Verkaufspreises oder der Wettbewerbsfähigkeit.
Lean Management ist also eine Methode zur Schaffung einer effizienten und kundenorientierten Organisation, die sich durch Optimierung der Ressourcen und kontinuierliche Problemlösung ständig verbessert. Das Hauptziel besteht darin, den Kundennutzen zu maximieren und einen stabilen Arbeitsablauf zu schaffen, der den Kundenanforderungen entspricht, indem alle Mitarbeitenden in kontinuierliche Verbesserungsprozesse eingebunden werden.  
Ursprünglich wurde Lean Management vom japanischen Automobilhersteller Toyota entwickelt. Dieser wollte erreichen, dass der Arbeitsplatz selbst stärker in den Mittelpunkt rückt. Die erste Erwähnung unter diesem Begriff erfolgte jedoch erst 1988 durch John Krafcik, der das Prinzip in die Öffentlichkeit brachte und damit den Ausgangspunkt für agile Methoden, Kanban und Scrum bildete.

Die fünf Prinzipien

Im Lean Management stehen fünf Prinzipien im Vordergrund. Diese sind einerseits wichtig, um die Kundenzufriedenheit zu gewährleisten, da sie Mehrwert schaffen und Verschwendung minimieren. Andererseits sind sie auch ein guter Leitfaden für die Teammitglieder, um die Umsetzung von Lean im Unternehmen zu gewährleisten.

Wert identifizieren

Bei diesem Punkt geht es darum, den Wert des Produkts zu bestimmen. Die Identifikation sollte eine gemeinsame Aktivität des Teams sein, damit alle auf dem gleichen Stand sind.
Es gibt zwei Arten von Wert:
 
  • Wert für den Kunden: Dies sind alle Aktivitäten, die einen Mehrwert schaffen.
  • Gesamtwert für das Unternehmen: Das Team stellt sicher, dass das gesamte Unternehmen dem Kunden ein Produkt mit Mehrwert liefert, z. B. durch die Schulung von Teammitgliedern in einem bestimmten Bereich durch Mitglieder der Qualitätssicherung. Dies ist eine notwendige Aktivität ohne Wert. Sie hat keinen direkten Wert für den Kunden, ist aber notwendig, um die wertschöpfenden Aktivitäten zu unterstützen.
Wertstrom analysieren und visualisieren

Zur Analyse und Visualisierung kann das Value Stream Mapping eingesetzt werden. Dabei wird der Ist-Zustand analysiert, um ihn schrittweise an den verbesserten Soll-Zustand anzupassen. Dabei müssen alle am Prozess beteiligten Ressourcen erfasst werden, z. B. die Materialien vom Lieferanten über das Unternehmen bis zum Projekt. Die Analyse zeigt, welche Prozesse wertschöpfend sind und welche nicht. So können im dritten Schritt die nicht wertschöpfenden Tätigkeiten eliminiert werden, d. h. der Workflow kann verbessert werden. 
Eine gute Visualisierung bietet auch ein Kanban-Board. Dieses besteht aus drei Spalten: To-Do, Work in Progress und Done. So ist auf einem Board ersichtlich, wer woran arbeitet und wo Engpässe entstehen können.

Erstellung eines Workflows

Da der Workflow so reibungslos wie möglich ablaufen soll, um Verschwendung zu reduzieren, ist es wichtig, Engpässe und Aktivitäten ohne Mehrwert, die durch die Wertstromanalyse identifiziert wurden, zu beseitigen. Denn die Durchführung von Aktivitäten ohne Mehrwert oder Zeitverluste durch Engpässe können den Workflow beeinträchtigen.
Durch das Value Stream Mapping wird eine Annäherung an den Soll-Zustand erreicht, indem verschwenderische Schritte aus dem Projektplan entfernt werden. Damit die Verschwendung nicht wieder auftritt, können Meilensteine, also kleine Zwischenziele, für die einzelnen Projektphasen gesetzt werden. So wird sichergestellt, dass man auf dem Weg zum Soll-Zustand bleibt.
Aber auch das Kanban-Board kann dafür sorgen, dass es nicht mehr zu großen Verschwendungen durch Engpässe kommt. Denn bei zu vielen Engpässen kann ein Work in Progress Limit gesetzt werden, damit nicht zu viele Aufgaben gleichzeitig bearbeitet werden, die dann den Workflow behindern.

Pull-System erstellen

Die Arbeit mit einem Pull-System hat den Vorteil, dass nur dann mit der Arbeit begonnen wird, wenn Bedarf besteht. Dadurch wird einerseits das Risiko von Engpässen verringert und andererseits werden nur Tätigkeiten ausgeführt, die keine Verschwendung verursachen.
Darüber hinaus hilft das System, sich schnell an Veränderungen anzupassen, die Kapazitäten des Teams optimal zu nutzen, Ressourcenverschwendung zu minimieren und den Workflow zu verbessern. Wichtig ist jedoch, dass die einzelnen Aufgaben priorisiert und nicht wahllos ausgewählt werden.

Kontinuierliche Verbesserung

Bei der kontinuierlichen Verbesserung geht es darum, den Prozess optimal zu verbessern. Dies kann erreicht werden, indem man sich auf die Verbesserung der Aktivitäten konzentriert, die den größten Wert für den Kunden liefern, und gleichzeitig verschwenderische Aktivitäten reduziert. 
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass es verschiedene Arten von Verschwendung gibt: Muda, Mura und Muri.
Muda umfasst insgesamt 7 Prozessverschwendungen, zu denen z. B. Wartezeiten gehören. Unnötige Wartezeiten stören den Workflow und können zu Verzögerungen führen, die sich auf die Projektdauer, aber auch auf die Projektkosten auswirken können.
Mura ist die Verschwendung durch Inkonsistenz im Prozess, die ebenfalls zu einem fehlenden durchgängigen Workflow führen kann. 
Und Muri ist die Verschwendung durch Überlastung. Diese tritt vor allem in Unternehmen auf, die kein Pull-System verwenden, da es hier zu Multitasking kommen kann.
Egal um welche Verschwendung es sich handelt, man kann sie nicht alle vermeiden. Es kann jedoch kontinuierlich daran gearbeitet werden, die negativen Auswirkungen zu minimieren, um eine kontinuierliche Verbesserung zu erreichen.
Die erfolgreiche Integration von Lean Management und den 5 Grundprinzipien erfordert ein gründliches Verständnis der Theorie und eine sorgfältige Suche nach effektiven Anpassungsmöglichkeiten im Projekt. Dies ist nicht einfach, aber es gibt einige Möglichkeiten, die bei der Umsetzung berücksichtigt werden können.

Herausforderungen und häufige Fehler bei der Implementierung

Bevor Lean als Managementsystem eingeführt werden kann, muss allen erklärt werden, was Lean ist und was die Veränderungen mit sich bringen. Im Idealfall beginnt man mit einem Team. Dieses wird merken, was Lean bringt und kann diesen positiven Eindruck weitergeben. Dennoch gibt es einige Dinge, die während der Umsetzung zu Herausforderungen führen können.

Gemeinsame Führung

Bei Lean geht es darum, gemeinsam zu führen. Das bedeutet, dass nicht das Management von oben nach unten nach dem Top-Down-Prinzip entscheidet. In diesem Fall hätte das Management auf allen Ebenen die volle Kontrolle und Entscheidungsgewalt, Informationsaustausch wird selten gefördert, Feedbackschleifen und kontinuierliche Verbesserung sind kaum möglich. 
Dies widerspricht jedoch teilweise den Prinzipien des Lean Management. Denn dort ist es wichtig, dass das Management das Team bei der Erreichung der gemeinsamen Ziele unterstützt. Das heißt, das Management ist Teil des Teams. Dadurch entsteht eine hohe Transparenz, also die Weitergabe von Wissen und Informationen an alle Beteiligten und das Teilen von Aufgaben und Verantwortung. Entscheidungen können bis zu einem gewissen Grad selbst getroffen werden. Dies motiviert das Team, in kurzer Zeit einen hohen Wert zu liefern und gleichzeitig die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Gerade zu Beginn ist es wichtig, das Team immer wieder an die eigenen Führungskompetenzen zu erinnern und es dadurch zu ermutigen.

Wert verstehen

Es ist wichtig, dass das Team versteht, welcher Wert für den Kunden geschaffen werden soll. Da es darum geht, mit möglichst wenig Verschwendung möglichst viel Wert zu schaffen, muss das Team auch verstehen, was Verschwendung ist, um nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen, die den Wert erhöhen. Wie bereits erwähnt, ist es daher sinnvoll, die Wertanalyse mit dem gesamten Team durchzuführen.

Flow im Auge behalten

Hier geht es darum, dass das Projekt nicht ins Stocken gerät. Dazu muss jeder im Team wissen, wer an welcher Aufgabe arbeitet. Ideal dafür ist das bereits erwähnte Kanban-Board. So weiß jeder, wer woran arbeitet und ob jemand freie Kapazitäten hat.
Es muss aber auch genügend Flexibilität vorhanden sein, um Probleme, die den Ablauf stören würden und spontan auftreten, lösen zu können. Deshalb ist es auch wichtig, mit dem Pull-System zu arbeiten, so dass Aufgaben nur dann begonnen werden, wenn freie Kapazitäten vorhanden sind. Fällt dann ein Teammitglied für einen Tag aus, kann ein anderes Teammitglied die Arbeit übernehmen, sobald freie Kapazitäten vorhanden sind, und der Workflow wird nicht gestört.

Lean Management in verschiedenen Branchen

Lean Management kann in vielen Bereichen angewendet werden, zum Beispiel im Gesundheitswesen, im Bauwesen und in der Softwareentwicklung.
Im Gesundheitswesen geht es darum, Verschwendung zu reduzieren, um sich auf Prozesse konzentrieren zu können, die einen Mehrwert für den Patienten schaffen, Kosten senken oder Wartezeiten deutlich verkürzen. Aber auch Lagerhaltung ist Verschwendung, denn sie bindet Kosten und beansprucht Lagerraum, der anderweitig genutzt werden könnte. Das Virginia Mason Institute hat ein "Patient Safety Alert System" eingeführt, mit dem das Personal mögliche Probleme mit der Patientensicherheit sofort melden kann. Innerhalb von 10 Jahren gingen die Beschwerden um 74 % zurück, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führte. Es wurde also eine Verschwendung erkannt und Maßnahmen ergriffen, um diese zu reduzieren. Auf diese Weise wurde eine wertschöpfende Tätigkeit geschaffen.
Im Bauwesen kann dies z. B. die Planung und Organisation betreffen. In den einzelnen Prozessschritten wird untersucht, was verbessert werden muss, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Dies betrifft sowohl Material als auch Arbeitszeit. Durch die Prinzipien des Lean Management können Verzögerungen erkannt und reduziert werden, so dass die Kosten nicht steigen und ein ausreichender Gewinn erzielt wird.
Auch viele Bereiche der Softwareentwicklung können von Lean Management profitieren. Verschwendung kann entstehen, wenn eine Funktion entwickelt wird, die am Markt gar nicht benötigt wird. Gleiches gilt für die Überarbeitung einer bereits entwickelten Funktion. Hier wäre es wichtig, den Wert im Vorfeld genau zu analysieren, um nicht in das falsche Feature zu investieren. Durch solche Verzögerungen können zusätzliche Kosten entstehen oder ein Team muss aufgelöst werden, da die Zeit falsch eingeteilt wurde und die Teammitglieder an anderer Stelle benötigt werden.

Fazit

Lean Management sorgt durch seine Grundprinzipien für eine stabile Organisation, die sich kontinuierlich weiterentwickelt. Aber nicht nur die Organisation entwickelt sich weiter, sondern auch die Teammitglieder, da sie in den Prozess mit einbezogen werden. So kann gemeinsam ein Mehrwert für den Kunden geschaffen und gleichzeitig Verschwendung reduziert werden. So kann die Produktivität im Projekt und gleichzeitig die Qualität des Produktes gesteigert werden. Es lohnt sich also, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen und zu überlegen, wie diese Art der Führung im eigenen Unternehmen umgesetzt werden kann.

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Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Lean Management

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