Das Kano-Modell: Die Grundlagen der Kundenzufriedenheit verstehen

Das Smartphone in die Hand nehmen, die Sitzheizung im Auto einschalten, die gute Qualität des Fernsehers bewundern - viele dieser Dinge sind heute selbstverständlich und stellen Kunden zufrieden, weil sie mit den Eigenschaften zufrieden ist. Um aber für ein Projekt, ein Produkt oder eine Funktion an den Punkt der Kundenzufriedenheit zu gelangen, muss man erst einmal herausfinden, was Kunden überhaupt zufrieden stellt. Eine Methode hierfür ist das Kano-Modell, das den Zusammenhang zwischen der Erfüllung bestimmter Kundenanforderungen bzw. Merkmale und der zu erwartenden Kundenzufriedenheit herstellt. Es ist schwierig vorherzusagen, welches Merkmal die Zufriedenheit in welche Richtung beeinflusst. Aber auch eine mögliche Produktverbesserung muss nicht zwangsläufig zu einer höheren Zufriedenheit führen, da die Kundenbedürfnisse unterschiedlich sein können und eine Person etwas als Verbesserung empfindet, was eine andere Person als Nachteil ansehen würde. Auf die Idee die Kundenwünsche zu erfassen und in die Entwicklung einfließen zu lassen, kam Noriaki Kano 1978.
Mehrere Hände halten Handys mit verschiedenen Smileys in unterschiedlichen Farben hoch.

Inhalt

Die fünf Hauptmerkmale des Kano-Modells

Im Kano-Modell gibt es fünf verschiedene Kategorien, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit haben. Je nach Ausprägung kann die Zufriedenheit positiv, negativ oder gar nicht beeinflusst werden, zu geringer Unzufriedenheit, aber nie zu Zufriedenheit führen oder die Kunden glücklich, aber niemals unzufrieden machen. Dies unterstreicht noch einmal die Aussage, dass man nicht im Voraus wissen kann, wie sich ein Merkmal auf die Zufriedenheit auswirkt.

Basismerkmale

Bei diesen Merkmalen handelt es sich um Muss-Merkmale. Sie sind so selbstverständlich, dass sie den Kunden erst bei Nichterfüllung bewusst werden. Das bedeutet, dass sie bei Erfüllung keine Zufriedenheit auslösen, bei Nichterfüllung aber zu Unzufriedenheit führen würden. Sie sind also notwendig, auch wenn der Nutzenvorteil gegenüber der Konkurrenz sehr gering ist.
Ein banales Beispiel ist der Kugelschreiber. Wir benutzen ihn zum Schreiben, was die selbstverständlichste Sache der Welt ist. Aber sobald er nicht mehr schreibt, sind wir unzufrieden.

Leistungsmerkmale

Die Leistungsmerkmale hingegen haben einen direkten Einfluss auf die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit des Kunden. Je besser sie erfüllt sind, desto zufriedener ist der Kunde.
Wenn also ein Kugelschreiber sehr ungleichmäßig schreibt, sind wir unzufrieden. Hat er aber eine gute Farbe und schreibt gleichmäßig, sind wir zufrieden.

Begeisterungsmerkmale

Dieses Merkmal wird vom Kunden nicht erwartet, weshalb es einerseits die Unzufriedenheit nicht beeinflussen kann, andererseits aber einen starken positiven Effekt hat, wenn es vorhanden ist. Mit Begeisterungsmerkmalen kann sich ein Unternehmen von der Konkurrenz abheben, da es sich um ein Merkmal handelt, das andere nicht haben. 
Ein Haartrockner trocknet das Haar ganz normal und macht es normalerweise glatt. Wenn aber plötzlich eine Rundbürste in den Föhn integriert wird, kann das Haar nicht nur getrocknet, sondern auch sofort gelockt werden. Diese Eigenschaft wurde nicht erwartet, kann aber zu einem positiven Eindruck beim Kunden führen. Dadurch hebt sich das Produkt vom Markt ab und mehr Kunden wollen dieses Produkt kaufen.

Diese drei Merkmale sind die wichtigsten des Kano-Modells. Es gibt jedoch noch zwei weitere Merkmale, die ebenfalls ihre Berechtigung haben.

Indifferent

Diese Merkmale haben keinen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit, unabhängig davon, ob sie vorhanden sind oder nicht. Dennoch ist es gut zu wissen, welche in diese Kategorie fallen, um keine Ressourcen zu verschwenden und eventuell daran zu arbeiten. Vielleicht fehlt auch nur eine kleine Variation, die das Merkmal interessanter macht?

Rückweisungsmerkmale 

Die Kunden haben kein Interesse an diesem Merkmal und sind manchmal sogar froh, wenn es nicht vorhanden ist. Das Vorhandensein kann zu Unzufriedenheit führen, aber das Fehlen führt nicht automatisch zu Zufriedenheit. 

Das Kano-Modell grafisch dargestellt

Die Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und der Funktionalität, d. h. dem Erfüllungsgrad eines bestimmten Merkmals. Sie zeigt zum einen, wie sich die einzelnen Merkmale auf die Kundenzufriedenheit und die Qualität auswirken und zum anderen natürlich auch, wie sich die Merkmale im Laufe der Zeit verschlechtern können. Dabei bewegt sich die Kundenzufriedenheit immer zwischen niedrig und hoch und die Qualität zwischen nicht erfüllt und erfüllt.
Das Kano-Modell

Ablauf einer Studie

Um herauszufinden, in welche Merkmale investiert werden soll, sollte eine Studie durchgeführt werden. So kann das Unternehmen die Ressourcen sinnvoll und damit schonend einsetzen.

Durchführung

Vor Beginn sollte festgelegt werden, welche Eigenschaften untersucht werden sollen. Dies kann z. B. dadurch geschehen, dass die Probleme, die das Produkt gegenwärtig hat, und die Möglichkeiten zu ihrer Lösung untersucht werden. Die ausgewählten Merkmale sollten so genau wie möglich beschrieben werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Gegebenenfalls können Bilder beigefügt werden, um die Merkmale zu visualisieren. Anschließend sollte die Zielgruppe definiert werden, da jeder Mensch andere Bedürfnisse oder auch Interessen hat und eher Personen befragt werden sollten, die sich für ein solches Produkt interessieren und es auch kaufen würden. Es ist wichtig, die einzelnen Gruppen getrennt voneinander zu befragen, denn wenn sie aufgrund unterschiedlicher Interessen unterschiedliche Einstellungen zu den Eigenschaften haben, können sie sich trotzdem der Meinung der anderen anpassen, obwohl sie diese Meinung gar nicht vertreten. 

Aber auch durch Gruppenprozesse können sich Meinungen angleichen, weil man Angst hat, mit seiner Meinung anzuecken. 

Wenn die Zielgruppe definiert ist und man eine große Anzahl von Teilnehmern zusammen hat, kann man einen standardisierten Fragebogen verteilen, um die Meinungen zu sammeln. Zu jedem Merkmal werden zwei Fragen gestellt: Wie reagiert man auf das Vorhandensein des Merkmals (funktionale Frage) und wie würde man sich verhalten, wenn das Merkmal nicht vorhanden wäre (dysfunktionale Frage).

Auswertung

Nach Beantwortung dieser Fragen können die einzelnen Merkmale einer der fünf Kategorien zugeordnet werden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten.

Bei der diskreten Auswertung wird ein Merkmal der Kategorie zugeordnet, die von den meisten Befragten genannt wurde. Bei diesem Verfahren geht allerdings die Information verloren, wie viele Personen gesagt haben, dass das Merkmal in die Kategorie gehört. Denn auch wenn das Ergebnis sehr knapp ist und eventuell nur wenige Stimmen den Ausschlag geben, wird das Merkmal der Kategorie mit den meisten Stimmen zugeordnet. Dies zeigt jedoch, dass die Zielgruppen möglicherweise nicht gut genug getrennt wurden und die Umfrage mit besser ausgewählten Gruppen wiederholt werden sollte. Dadurch werden die Aussagen der Teilnehmer prägnanter und es kann eindeutig zugeordnet werden, zu welcher Kategorie ein Merkmal gehört.

Bei der kontinuierlichen Auswertung wird auch erfasst, wie viele Teilnehmer für eine bestimmte Kategorie gestimmt haben. Dazu werden die Antworten in einer Grafik dargestellt, so dass auch Tendenzen erkennbar sind, in welche Richtung ein Merkmal eher geht. Dabei werden die positiven Antworten stärker gewichtet, da sie einen Mehrwert darstellen würden. 

Was Sie beim Modell Kano beachten sollten

Die Zusammenhänge zwischen Merkmal und Zufriedenheit sind im Zeitablauf nicht konstant. Das bedeutet, dass auf Kundenseite der sog. Gewöhnungseffekt eintreten kann, der weiter oben bereits erwähnt wurde. Wenn innerhalb der Studie ein Begeisterungsmerkmal vorhanden ist, muss dies nach einigen Monaten nicht mehr der Fall sein, da es sich zu einem Basismerkmal entwickeln kann. Wenn ein neues Merkmal zum ersten Mal verwendet wird, ist es neu und aufregend, da es innovativ und sehr praktisch sein kann. Wenn das Produkt mit diesem Merkmal jedoch häufig verwendet wird, gewöhnen sich die Nutzer an das Vorhandensein des Merkmals und es verliert seinen starken positiven Effekt. Wie stark dieser Effekt ist, hängt auch von der Art des Merkmals und vom Benutzer ab. Um festzustellen, ob und ab wann dieser Effekt eintritt, sollten daher alle paar Monate neue Erhebungen durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob die Merkmale angepasst werden müssen. Auf diese Weise können auch die Ressourcen im Unternehmen ausgerichtet werden, um an den entsprechenden Merkmalen weiterzuarbeiten.

Durch die Durchführung der Studie kann herausgefunden werden, wie die Kundenzufriedenheit durch ein bestimmtes Merkmal beeinflusst wird und in welche Kategorie dieses Merkmal fällt. Letztendlich soll Kano aber auch Aufschluss darüber geben, in welcher Reihenfolge die einzelnen Merkmale bearbeitet werden sollten, d. h. welche Priorisierung notwendig ist. Es kann gesagt werden, dass auf jeden Fall zuerst die Basismerkmale umgesetzt werden sollten, da diese ohne Wenn und Aber benötigt werden um keine Unzufriedenheit auslösen. Danach folgen die Leistungsmerkmale, die einen Vergleich mit der Konkurrenz ermöglichen und bei hoher Qualität besonders gut bei den Kunden ankommen und schließlich die Begeisterungsmerkmale, mit denen sich das Unternehmen abheben kann. Indifferente Merkmale können vernachlässigt werden, da sie keinen Mehrwert darstellen. Die Rückweisungsmerkmale sollten jedoch weiterhin beobachtet werden, da sie das Gegenteil der Leistungsmerkmale darstellen und somit ein Nutzen generiert werden kann.

Es ist jedoch zu beachten, dass Präferenzen sehr subjektiv sind. Jeder Kunde empfindet etwas anderes als wichtig. Dennoch können die Ergebnisse manchmal knapp ausfallen, so dass es wichtig bleibt, dies im Hinterkopf zu behalten.

Fazit

Um die Kundenzufriedenheit und gleichzeitig die Qualität eines Produktes zu verbessern, ist das Kano-Modell eine gute Methode. Es ist leicht verständlich und durch die Zuordnung der einzelnen Merkmale zu den Kategorien können die einzelnen Merkmale gut priorisiert werden. So werden Ressourcen effizient und kostensparend eingesetzt und ein Projekt kann erfolgreich weiterentwickelt werden. Es sollte jedoch immer bedacht werden, dass sich die Zufriedenheit mit den Merkmalen im Laufe der Zeit ändert und daher eine regelmäßige Erhebung notwendig ist, um den Erfolg des Projektes zu sichern.

Kano-Modell - Das Logo der IAPM.
Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Kano-Modell

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