Die Gedanken eines Projektmanagers über den Umgang mit herausforderndem Verhalten

Hallo, mein Name ist Abraham. Ich möchte heute meine Erfahrungen als Projektleiter mit Ihnen teilen. Im Jahr 2019 wurde ich zum Projektmanager für die Fertigung ernannt. Ziel war es ein neues, von der Personalabteilung geleitetes Programm zu unterstützen. Es hieß "HR-Digitalisierung". Nun, an dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass sich der Begriff "Digitalisierung" in Indonesien zunehmend eingebürgert hat.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle über die erste Phase dieses Projekts – über die Fertigung – berichten. Diese erste Phase des Projekts bestand in der Änderung des Zeitplanungssystems (Abwesenheiten, bezahlter Urlaub, usw.) von manuell auf automatisiert, unter Verwendung von RFID und Selbstbedienung. Dafür wurden Computer und Mobiltelefone und das Konzept der negativen Eingabe genutzt. Doch worin besteht das negative Eingabekonzept? Das Konzept der negativen Eingabe bedeutet, dass wir davon ausgingen, dass alle Arbeitnehmer so arbeiten, wie es ihr Zeitplan vorsieht. Das Zeiterfassungssystem muss grundsätzlich nicht bedient werden, sondern es kommt nur dann zum Einsatz, wenn eine Erlaubnis oder zusätzliche Überstunden vorliegen.
Eine Glühbirne inmitten eines Prozesskreises.
Die Firma besteht aus zwei Fabriken: Eine in der Nähe von Jakarta und die zweite in der Nähe von Surabaya. Die Entfernung zwischen beiden Fabriken beträgt 763 km. Die beiden Firmen unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Demografie voneinander.

Die Beschäftigten der Fabrik in Surabaya gehören zum größten Teil (mit mehr als 75 %), der Generation X an, deren niedrigste Bildung der Abschluss der Junior High School ist. Auf der anderen Seite sind die Menschen in der Fabrik in Jakarta zumeist (mehr als 55 %) der Generation Y oder Millennials angehörig, und etwa 5 % zählen zur Generation Z, wobei ihr niedrigster Abschluss ein Diplom ist.

Diese demographischen Bedingungen beeinflussen ihr Verhalten gegenüber Veränderungen – insbesondere Veränderungen, die mit neuen Technologien zusammenhängen. Nun, aber es sind nicht nur die Arbeitnehmer. Ich habe herausgefunden, dass es auch für das Management schwierig ist, ihr Verhalten zu ändern. Dies gilt für alle: Von der Toplevel-Ebene bis zum Betriebsleiter.

Und was meine ich damit? Es gibt drei Arten von Managern:

1. Der Manager, der alles als selbstverständlich ansieht:

Diese Manager kümmern sich von Anfang bis Ende nicht um das Projekt und fühlen sich für nichts verantwortlich. Obwohl diese Manager die Geschäftsführer sind, denken sie, dass ein Projekt einzig und allein in der Verantwortung eines Projektmanagers liegt. Falls Probleme während des Projekts auftreten, deuten sie nur mit ihrem Finger auf uns Projektmanager.

2. Mikromanagement-Manager

Diese Manager wollen alles über das Projekt wissen. Obwohl sie mit dem Tagesgeschäft innerhalb des Projektes nichts zu tun haben, denken sie doch, alles besser zu wissen – denn sie sind schließlich die Geschäftsführer. Wenn ein Problem auftritt, dann sind wir als Projektmanager und Angestellte an der Reihe, dieses Problem zu lösen – ohne die Unterstützung der Manager.

3. Unterstützender Manager

Diese Manager tun genau das, was gute Manager tun sollten. Sie geben uns die nötige Unterstützung bezüglich personeller und zeitlicher Entscheidungen. Wenn ein Problem auftritt, werden sie mit uns und den Prozessverantwortlichen versuchen, die richtigen Lösungen zu finden.
Immer wenn ich an die Typ 1 und Typ 2 Manager denke, bekomme ich Kopfschmerzen.

Als wir mit den Testphasen begannen, stellte ich fest, dass es den Arbeitern aus Surabaya schwerfiel, ihr Verhalten zu ändern. Was sollte ich dann tun? Ich zeige Einfühlungsvermögen und höre mir ihre Leidenspunkte an. Sie waren technisch nicht versiert; es ist schwer für sie. Besonders für die Arbeiterinnen, die älter als 50 Jahre sind. Wussten Sie, dass diese Frauen, selbst wenn sie Geld an einem Geldautomaten abheben wollen, oftmals ihre Kinder, die technisch versierter sind, oder sogar ihre Enkelkinder mitnehmen, sodass diese ihnen helfen können? Manchmal fragen sie auch ihre jüngeren Kollegen um Unterstützung. 

Von diesen Leidenspunkten habe ich herausgefunden, dass sie sich immer noch Sorgen um das System machen. Sie sagten: "Was ist, wenn die RFID-Technik nicht funktioniert? Was ist, wenn das System mich als abwesend liest und ich meine täglichen Leistungen wie Mahlzeiten, Schichtvergütung und Überstunden verliere? Sie haben nicht realisiert, dass das System negative Eingaben verwendet. Wir führten drei Monate lang Tests durch, damit sie selbst die Erfahrung machen konnten, und um zu sehen, wie das System funktioniert. Sie gaben uns auch einige Rückmeldungen, um das System zu verbessern.

Geduld ist der Schlüssel...

Ich hatte einen kleinen Rückstand im Zeitplan. Die Einhaltung des Zeitplans ist jedoch ein anderer Fall, der weitaus wichtigere Punkt, ist dass der Benutzer mit dem System umgehen kann. Sind sie mit dem neuen System vertraut geworden und haben sie die Vorteile erkannt? Hat das System in ihrer Umgebung gut funktioniert? Haben wir die Fehler im System auf der Grundlage der Rückmeldungen der Benutzer gelöst?

Aber wie gehen wir mit Managern vom Typ 1 und Typ 2 um? Der Schlüssel ist es, wie unten beschrieben, durchsetzungsfähiger zu sein als sie. Wichtig sind folgende Punkte:
 
  • Dienende Führung
  • Offene und ehrliche Kommunikation
  • Aktiv zuhören
  • Einverstanden sein, anderer Meinung zu sein
  • Einen problemlösungsorientierten Ansatz für Konflikte wählen
  • Geduld und Ruhe bewahren

Nun, es ist leichter gesagt als getan. Aber ich habe mir folgende Denkweise immer wieder vor Augen geführt: Immer, wenn ich mit Härtefällen zu tun habe, versetze ich mich in ihre Lage. Es gibt Gründe, warum sich diese Manager so verhalten. Wenn ich ihre Gründe verstehe und ihnen meine Lösungen für ihre Gründe zeige, dann können wir gemeinsam auf unsere Ziele zuarbeiten. Und dadurch das Projekt zum Erfolg führen.

Basierend auf dieser Erfahrung muss ich, um ein erfolgreicher Projektmanager zu sein, den Benutzern Einfühlungsvermögen zeigen, eine "menschenzentrierte" Lösung für ihre Leidpunkte finden, eine dienende Führungshaltung einnehmen, geduldig sein und ruhig bleiben.
Über den Autor: 

Abraham Elias ist IAPM Senior Official der Metropolregion Jakarta und Certified Senior Project Manager (IAPM) sowie Certified Agile Project Manager (IAPM). Er hat einen Bachelorabschluss in Maschinenbau und einen Master im Management der Universität Trisakti - Jakarta, Indonesien. Er blickt auf achtzehn Jahre Erfahrung im Bereich Operational Excellence zurück. Darüber hinaus verfügt Abraham über Fachwissen im Bereich der Agilen Transformation, welches durch seine Arbeit in verschiedenen Organisationen gewonnenen hat. Abraham hat außerdem erfolgreich Großprojekte zur Produktivitäts- und Qualitätsverbesserung geleitet.

Schlagworte: Projektmanagement, Tipp, Ratgeber, Psychologie, Kommunikation

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