Braucht agil noch Projektmanager?
Werden agile Methoden langfristig die Projektleilung überflüssig machen oder ist das sogar schon der Fall? Denn das Fehlen einer Projektleitung kann durchaus auch Vorteile haben – das findet zumindest Anna Zarudzka auf dev-insider.de. Dabei ist es doch selbstverständlich, dass Projekte und Projektleitung untrennbar zusammengehören eigentlich etabliert. Oder etwa nicht? Anna Zarudzka will Denkansätze liefern, um diese Prämisse zu hinterfragen. Im Folgenden fassen wir ihre Thesen für Sie zusammen.
Projektmanager als Selbstverständlichkeit?
Die meisten Unternehmen in der Softwareentwicklung setzen ganz selbstverständlich für jedes Projekt eine Führungskraft ein. Gleichzeitig verwenden viele dieser Unternehmen den agilen Projektansatz Scrum und bauen ihre Arbeitsstrukturen so auf, wie Scrum es vorsieht: mit Entwicklungsteams, mit einem Scrum Master und einem Product Owner. Bedeutet das nicht, dass die Notwendigkeit eines Projektmanagers letztendlich entfällt? Anna Zarudzka ist davon überzeugt, dass Teams ohne einen übergeordneten Projektmanager mit dem Scrum System sogar noch effizienter und besser zusammen arbeiten können. Es werden bessere Ergebnisse erzielt, auch oder gerade weil es keine einzelne Person gibt, die für den Erfolg des Projektes verantwortlich ist.
Rollen des PM
Um zu beleuchten, wie das funktioniert, lohnt es sich, einen Blick auf die klassische Rolle des Projektmanagers zu werfen. Projektmanager befassen sich mit der Projektplanung und der Zieldefinition, überwachen den Zeitplan, weisen Aufgaben zu, verwalten die Ressourcen, die ein Projekt zur Verfügung hat und spielen eine Rolle bei der Motivation der Mitarbeiter. Das sind ohne Frage essenzielle Aufgaben. Aber Anna Zarudzka ist überzeugt davon, dass diese Aufgaben anders verteilt werden können und folglich in einem Scrum-Team kein übergeordneter Projektmanager ernannt werden muss. Sie will sich von dem Gedanken verabschieden, dass ein einziger Mensch für die Leitung eines Projektes verantwortlich ist und genau das ist ja der Gedanke hinter Scrum und anderen agilen Methoden. Hierarchien werden abgebaut und traditionelle Methoden überdacht.
Traditionell versus agil
Die traditionellen Systeme beruhen auf folgenden Annahmen:
- Der Projektplan ist mehr oder weniger stabil (wenn er gut vorbereitet wurde).
- Der Projektplan ist umso besser, je detaillierter er ist.
- Kunden werden zu Anfang und zu Ende des Projektes in die Abläufe eingebunden (und nur dann).
- Wird der Zeitplan eingehalten, ist das Projekt ein Erfolg.
- Es gibt menschliche Ressourcen, die gemanagt werden müssen.
Demgegenüber steht die Alternative: Der agile Ansatz. Es gibt viele verschiedene agile Methoden, wobei Anna Zarudzka eine Mischung aus dem Ansatz „Lean-Startup-Build-Measure-Learn“ und Scrum als ideal ansieht. Sie arbeitet mit zweiwöchigen Intervallen in der Entwicklungsarbeit.
Rollen im agilen Management
Wenn nun also der Projektmanager ausfällt, müssen seine Aufgaben auf andere Leute im Team übergehen, zumindest viele der Aufgaben. Das ist durch Scrum aber problemlos möglich. Das Entwicklungsteam hat alle Fachkenntnisse und die Erfahrung und kann daher die Verteilung der Aufgaben (Ressourcenmanagement) prima selbst unter sich ausmachen. Der Scrum Master unterstützt das Team, sodass der Scrum Prozess möglichst effizient abläuft. Der Product Owner vertritt die Interessen der Kunden oder Stakeholder. Der Terminplan rückt dahingehend ein wenig in den Hintergrund, weil er eben nicht am Anfang festgelegt und dann eingehalten wird, sondern sich täglich ändert und auch von den Menschen angepasst wird, die direkt im Thema, im Team sind. Der iterative Prozess verlangt es so.
Der Unterschied
Im traditionellen Management vermittelt der Projektmanager dem Team seine Projektvision. Diese Vision ändert sich im Laufe des Projekts nur unwesentlich. Beim Scrum ist es so, dass das gesamte Team an der Entwicklung dieser Vision teilhat. Gleichzeitig kann sich diese Vision während der verschiedenen Projektphasen erheblich ändern. Während beim klassischen Projektmanagement der Projektmanager den Erfolg eines Projektes bewertet, geschieht auch dies im Scrum durch das Team selbst. Alles wird flexibler und fließender. Ein Product Owner kann zum Beispiel mitten im Projekt das Ziel vollkommen neu definieren und das gesamte Team schlägt dann eine neue Richtung ein. Auch das Zeitmanagement obliegt dem Scrum-Team selbst. Der Zeitplan ist nicht mehr die heilige Kuh, welche nicht angetastet werden darf, sondern wird im Scrum zu einem flexiblen und sich ständig bewegenden Dokument. Oft ist es sogar so, dass das Scrum Team auf sehr kurzfristiger Basis plant, nämlich nur für den nächsten Sprint, also in sehr kurzen Zeiträumen. Danach wird neu evaluiert und weiter geplant. Hier spielen regelmäßige Reviews eine wichtige Rolle, aber eben auch innerhalb des Teams und nicht durch einen außenstehenden Dritten. Kommunikation und Information sind im Scrum essentiell und liegen – wie sollte es anders sein - auch in der Hand des Scrum-Teams. Schaut man sich all diese Unterschiede an, wird klar, warum Anna Zarudzka behauptet, dass durch agile Methoden ein Projektmanager quasi obsolet wird. Das darf man natürlich nur so verstehen, dass die Rolle des Managers einfach anders ist als sie es noch vor einigen Jahren war. Die Menschen, die einst Projektmanager waren, sind heute Scrum Manager oder Product Owner oder arbeiten in Scrum Teams. Sie werden nicht überflüssig, sondern finden sich in neuen Rollen wieder.
Die Zukunft
In einem Scrum-Projekt bedeutet ein Paradigmenwechsel mitten im Projekt keine Katastrophe, sondern ist gang und gäbe. Scrum Teams sind darauf ausgelegt, mit kontinuierlicher Änderung der Anforderungen umzugehen. Genau aus diesem Grund ist Scrum ja auch für Projekte in der Softwareentwicklung so gut geeignet, während die klassischen Methoden heute nur noch für klassische Projekte wie zum Beispiel in der Baubranche verwendet werden. Aber selbst hier halten agile Methoden Einzug, auch wenn ein Bauprojekt natürlich nicht mitten im Bau von einem Kindergarten zu einem Krankenhaus switchen kann.
Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Agiles Projektmanagement, Scrum, Tipps