ABC-Analyse: Was ist das?

Für die Projektleitung und das übergeordnete Management ist es wichtig zu wissen, welche Einflussfaktoren zum Erfolg eines Projektes führen. Zu diesen Einflussfaktoren gehören zum Beispiel Stakeholder, Kunden oder Produkte, welche im Laufe des Projektes, oder zu dessen Abschluss benötigt werden. Um diese Faktoren bewerten zu können wird die ABC-Analyse eingesetzt, welche ursprünglich aus der Betriebswirtschaftslehre kommt, mittlerweile aber auch auf andere Bereiche, wie das Projektmanagement, ausgeweitet wurde. Sie ermöglicht eine Bewertung der einzelnen Faktoren und macht die Bedeutung dieser für das Projekt deutlich. Ziel ist es herauszufinden welche Elemente die größte Aufmerksamkeit erfordern, um den Gesamterfolg des Projektes zu sichern. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die weitere Planung.
Auf einem Holztisch liegen Holzfiguren, die mit den Buchstaben A und B bedruckt sind. Eine Person schiebt den Buchstaben C nach oben.

Inhalt

Definition

Bei diesem Ordnungsverfahren werden die Faktoren in drei Klassen eingeteilt, welche als A-, B- oder C-Objekte bezeichnet werden. Ihnen werden unterschiedliche Bedeutungen zugewiesen:
 
  • A steht für sehr wichtig,
  • B für eher wichtig und
  • C für weniger wichtig.
Ausführliche Beispiele dazu folgen im Verlauf des Artikels, es kann jedoch grob gesagt werden, dass beispielsweise unterschieden wird, welchen Einfluss welcher Stakeholder auf das Projekt haben könnte: einen sehr wichtigen oder vielleicht doch einen nicht so wichtigen. Es lässt sich sagen, dass durch die Klassifizierung der aktuelle Status des Projekts, also vor allem der Ist-Zustand der einzelnen Faktoren und das weitere Vorgehen bestimmt wird. 

Vor der Analyse zur Klassifizierung wird das Pareto-Prinzip angewandt. Dabei ist die so genannte 80/20-Regel von Bedeutung: Diese besagt, dass für 80 % des Projektziels 20 % des Aufwands erforderlich sind und gleichzeitig die restlichen 20 % mit 80 % am meisten Arbeit benötigen. Bezieht man dies auf das Projektmanagement, so benötigt man für 80 % der Aufgaben 20 % der Zeit, bzw. andere Ressourcen. Doch was genau lässt sich aus dieser Aussage ableiten und wie können diese 20 % effektiv genutzt werden? 
Hier setzt die ABC-Analyse an, denn sie versucht herauszufinden, welche Stakeholder oder Kunden eher förderlich oder eher hinderlich sind. Durch die Zuordnung der Faktoren zu den jeweiligen Klassen können diese unterschiedlich behandelt und es können entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, um den größtmöglichen Nutzen für das Projekt zu generieren. Der Fokus liegt also auf den wesentlichen und damit wichtigsten Faktoren, gleichzeitig werden Elemente identifiziert, die wenig zum Erfolg beitragen und damit unnötigen Aufwand verursachen. 

Ziel ist es also, die Faktoren, die zu den A-Objekten gehören, mit einem entsprechend hohen Aufwand zu steuern, bzw. den Umgang mit den Faktoren der C-Kategorie entsprechend zu reduzieren.

Es zeigt sich, dass die ABC-Analyse nicht nur in der Betriebswirtschaft eingesetzt werden sollte, da es generell möglich ist, wesentliche von unwesentlichen Dingen zu trennen. Das macht sie so praktikabel für ein weites Feld, wie das Projektmanagement.

Ablauf

Damit mit den Einflüssen der einzelnen Faktoren richtig umgegangen wird, sollte zunächst geklärt werden, welche Faktoren in die verschiedenen Klassen einsortiert werden sollen. Dies können Stakeholder wie Kunden, Mitarbeitende, Lieferanten oder Shareholder, bzw. Produkte, Risiken oder andere Projekte sein, die nach Kriterien priorisiert werden können. Kriterien sind z. B. Kosten, Umsatz, Verkaufswerte, usw. Dies muss für jedes Projekt individuell festgelegt werden. Nimmt man die Shareholder als Beispiel und analysiert sie nach ihrem Kapital, werden die Ergebnisse grafisch nach ihrem prozentualen Anteil sortiert. Je höher der Shareholder prozentual erscheint, desto wichtiger ist er. Auf Grundlage dieser Analyse können die einzelnen Faktoren nun den Klassen A, B oder C zugeordnet werden. Dabei zeigt sich in der Regel, dass die wichtigsten Faktoren, d. h. die der Klasse A, den größten Einfluss haben, aber meist einen geringen Mengenanteil aufweisen. Die anderen Klassen entwickeln sich entsprechend. In der Klasse B ist das Verhältnis relativ ausgeglichen, in der Klasse C ist der Mengenanteil meist groß, der Einfluss aber sehr gering. 

Wenn alle diese Schritte durchgeführt wurden, kann überlegt werden, welche Schritte unternommen werden müssen, um den größten Nutzen für das Projekt zu erzielen.
Gruppe A ist die wichtigste Gruppe für das Projekt. Das bedeutet, dass diesen Faktoren Zeit und Priorität eingeräumt werden sollte, damit das Projekt das gewünschte Ziel erreicht. Eine Möglichkeit, dies zu tun, bestünde darin, genau zu ermitteln, welche Bedürfnisse die Faktoren haben und wie sie erfüllt werden können, damit das Projekt erfolgreich ist. Da es sich um ein dynamisches System handelt, sollte man die Gruppe B immer im Hinterkopf behalten, und zwar als zukünftige Gruppe A. Gruppe B ist vielleicht nicht so einflussreich wie Gruppe A, aber sie könnte es werden. Daher sollten dieselben Maßnahmen ergriffen werden wie für Gruppe A, nur mit einem geringeren Aufwand.
Gruppe C trägt am wenigsten zum Erfolg bei, bindet aber dennoch viele Unternehmensressourcen. Daher sollte man sich in dieser Gruppe nur mit einfachen und kostengünstigen Analyseverfahren oder Kontrollen beschäftigen und i. d. R. auch nur, wenn freie Kapazitäten zur Verfügung stehen. Einzelne Elemente sollten jedoch nur nach vorheriger Prüfung in Betracht gezogen werden.

Wo findet die ABC-Analyse Anwendung?

  • Die Analyse wird z. B. bei der Priorisierung von Kunden eingesetzt. Hier wird der Kunde in Relation zum Umsatz gesetzt. Ein Kunde der Kategorie A generiert einen hohen Umsatz, während ein Kunde der Kategorie C zu denen mit dem geringsten Umsatz gehört. Auf dieser Grundlage ist es möglich, die Art und Weise des Umgangs mit dem Kunden zu berücksichtigen. Dies spielt auch im Projektmanagement eine Rolle, denn wenn der Kunde immer wieder mit Projekten und idealerweise auch mit hohem Umsatz zurückkommt, sollte er natürlich gehalten werden. 
  • Produkte hingegen werden nach ihrem Umsatz oder der Drehgeschwindigkeit geordnet, d. h. wie oft dieses Produkt verkauft wird, wodurch sich feststellen lässt, in welche Produktgruppe mehr Ressourcen investieren sollten. Wird während des Projektes eine Software entwickelt, für die verschiedene Produkte oder Funktionen entwickelt werden, kann analysiert werden, welche weiterentwickelt werden könnten und welche eher eingestellt werden sollten. 
  • Bei der Lagerhaltung wird die Zugriffshäufigkeit priorisiert. In diesem Zusammenhang wird auch die XYZ-Analyse verwendet. Diese beschreibt Güter, die ständig verbraucht werden, als X-Güter. Entsprechend schwankt der Verbrauch von Z-Gütern. Mit dieser zusätzlichen Klassifizierung kann ein guter Bestellrhythmus ermittelt werden. Das lässt sich auch auf Mitarbeiter anwenden. Denn wenn durch die Analyse festgestellt wird, dass den Entwicklern viel abverlangt wird, sie also ständig im Einsatz sind, kann eine weitere Person eingestellt werden, oder im gegenteiligen Fall, wenn Mitarbeitende eines Bereichs nicht ausgelastet sind, könnte es nötig sein, dass jemand entlassen wird. Eine andere Möglichkeit wäre, die Mitarbeitenden nach ihrer Leistung oder Motivation zu bewerten. Dies gibt die Möglichkeit einzugreifen, wenn die Leistung oder die Motivation nicht mit dem Unternehmen oder dem Projekt übereinstimmt. 
  • Im Projektmanagement können Projekte und Aufgaben nach ihrer Priorität klassifiziert werden. Da jedes Projekt bis zu einem gewissen Grad einzigartig ist, muss in der Regel von Schätzungen ausgegangen werden. Sobald jedoch genügend Erfahrungen gesammelt und diese ordnungsgemäß dokumentiert wurden, können diese Daten immer wieder verwendet werden. Dennoch ist es wichtig, dass diese Daten von Projektmanagern in agilen Projekten immer wieder angepasst werden. Dazu gehört zum Beispiel die Zeit, die für eine bestimmte Aufgabe benötigt wird, oder auch Risiken. Wie hoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses, wie hoch ist der Umfang und der Risikowert? Dieser ist das Produkt aus den beiden erstgenannten Punkten. Der Risikowert kann dann mit Hilfe eines Diagramms dargestellt und analysiert werden, wobei den Risiken der Gruppe A sehr viel Aufmerksamkeit und die der Gruppe C am wenigsten Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Sie sollten dennoch nicht vernachlässigt werden, da auch sie Probleme verursachen können, der Schwerpunkt sollte aber eindeutig auf Gruppe A liegen.
  • Stakeholder können auch klassifiziert werden, wobei der Einfluss oder die Konfliktwahrscheinlichkeit als Kriterium gewählt werden kann. Dazu gehört auch eine Stakeholderanalyse, welche in die Betrachtung mit einbezogen werden sollte. Denn wenn der Stakeholder zwar einflussreich und damit wichtig ist, aber dem Projekt wenig wohlwollend gegenübersteht, muss eine andere Strategie gewählt werden, als wenn der Stakeholder positiv eingestellt ist. Sobald die Analyse durchgeführt wurde und klar ist, zu welcher Klasse die jeweiligen Stakeholder gehören, können verschiedene Strategien angewendet werden. Für Stakeholder der Klasse A gilt eine partizipative Strategie, d. h. sie sollten aktiv in das Projekt einbezogen werden. Gerade wenn sie zu dieser gehören, ist es wichtig, dass sie dem Projekt gegenüber positiv eingestellt sind. Dies kann Hand in Hand mit der Konfliktanalyse gehen. Wenn klar ist, dass ein Stakeholder zur Gruppe A gehört und gleichzeitig ein hohes Konfliktpotenzial hat, muss entsprechend frühzeitig gegensteuert werden, als wenn er wichtig ist, aber nur positiv eingestellt ist. Stakeholder der Gruppe B können mit einer diskursiven Strategie zufrieden gestellt werden. Hier ist es wichtig, ihre Meinung anzuhören, diese, wenn möglich, in das Projekt einzubeziehen und sie an Sitzungen, Umfragen und Verhandlungen teilnehmen zu lassen. Die repressive Strategie, welche für die Akteure der Gruppe C Anwendung findet, bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sie letztlich nur informiert werden sollten, was durch Rundschreiben oder Berichte geschehen kann.

Mit der ABC-Analyse das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen

Die Vorteile der ABC-Analyse sind, dass die Prioritäten klar dargestellt werden, das Wesentliche vom Unwesentlichen getrennt wird und Unnötiges hintenangestellt wird. Auf diese Weise lassen sich die notwendigen Schritte schnell durchsetzen. Sie ist relativ einfach zu erstellen, da die Kriterien individuell festgelegt werden können und sie daher wenig Arbeit erfordert. Die Analyse ist aber nur dann sinnvoll, wenn es deutliche Unterschiede bei den zu klassifizierenden Objekten gibt, so dass für jede Klasse eine deutlich unterschiedliche Strategie durchgeführt werden kann. 
Manchmal ist es aber hinderlich, dass nur eine Einteilung in drei verschiedene Klassen vorgenommen wird, weil noch Einzelentscheidungen getroffen werden müssen. Es kann sinnvoll sein, in solchen Fällen, die XYZ-Analyse durchzuführen.
Werden bei der Analyse Faktoren in die Klasse C einsortiert, muss darauf geachtet werden, dass diese nicht vernachlässigt werden. Auch wenn sie nur eine geringe Auswirkung auf das Projekt haben, können sie zu einem großen Problem werden. 
Um diese Analyse im Projektmanagement optimal zu nutzen und so den größtmöglichen Nutzen aus ihr zu ziehen, ist es daher wichtig, die Handlungsoptionen immer wieder zu überprüfen, insbesondere wenn sich Kriterien, Faktoren o. ä. ändern.

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Autor: IAPM intern 
Schlagworte: Projektmanagement, ABC-Analyse, Definition

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