Gedanken des Präsidenten zum Jahreswechsel: Über den Umgang mit Risiken

Ein Mann balanciert auf einem Seil über einer Schlucht.
Würden Sie sich in diese Kapsel setzen? Damit meine ich Artemis, die neue Mondrakete der NASA, die soeben ihren Erstflug erfolgreich absolviert hat. Sie ist 96 Meter hoch, hat ein Startgewicht über 2.600 Tonnen, und benötigt 8 Millionen Liter Treibstoff. Beim Zeitpunkt Null zünden die Flüssigtriebwerke, nach etwa 5 Sekunden die Feststoffbooster. Kurz nach Abheben spürt man aus fünf Kilometer Entfernung die Druckwellen, sie rütteln einen durch! Ihre Besatzung: Zwei Puppen, eine davon stammt aus dem DLR, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Diese Rakete wird künftig Astronauten zum Mond und später auch zum Mars bringen.
 
Geehrte Leser und Leserin – wie viele von Ihnen würden sich in diese Kapsel setzen? 
 
Die Bereitschaft, Risiken einzugehen, ist zunächst einmal eine höchst persönliche Angelegenheit. Inwieweit ist man dazu bereit? Wie ist die Risikobereitschaft im Sport, im Beruf oder beim Spiel?  In Bezug auf diese Frage gibt es auch eine nationale Dimension: Die Bereitschaft, Risiken einzugehen ist in den USA deutlich höher ausgeprägt ist als in Deutschland.
 
Im Projekt gilt es, Risiken zu erkennen, um sich adäquat darauf vorbereiten zu können. Man identifiziert sie, bewertet sie und überlegt dann, wie man sich auf den Problemfall vorbereiten kann. Es gilt, diesen Prozess auch während der gesamten Projektlaufzeit fortzuführen. Werden aus den Risiken Probleme – also aus der bekannten Unbekannten eine bekannte Bekannte – ist man darauf vorbereitet.
 
Diese Frage hat aber noch eine globalere Dimension, denn viele Unternehmen sind derzeit mit der Frage konfrontiert, ob, oder inwiefern sie bereit sind, Agilität zuzulassen. Es geht um den Mut – das Risiko – Verantwortung an Teams zu übertragen. Oder auch den Mut zu besitzen, ergebnisoffen vorzugehen und somit iterativ und empirisch Projektergebnisse zu erzielen. Es darum, sich bei Projektbeginn einzugestehen, nicht genau wissen zu müssen, was am Ende dabei herauskommt.
 
Firmen wie Apple oder SpaceX haben gezeigt, dass es sich lohnt, Risiken einzugehen. Steve Jobs entschied, das iPhone 1 auszurollen, als noch sehr viele Features oder Apps nur teilweise funktionierten und revolutionierte mit dem Smartphone eine ganze Branche. SpaceX testete die Starship-Rakete rund 13-mal, bevor die Landung auf der Startplattform erstmals funktionierte. Viele Male davor explodierte sie beim Landeanflug.
 
Wenn man also das Risiko eingeht, etwas auszuprobieren, kann es gut gehen oder eben auch nicht. Die Frage ist, wie geht man jetzt mit dem Misslingen um? Auch hier ist das Mindset die Determinante. In Deutschland: Es war ein Fehler, der beim nächsten Mal unbedingt vermieden werden soll. In den USA: Jetzt haben wir etwas gelernt, was uns weiterbringt!
 
22.000 junge Akademiker und Piloten haben sich bei der ESA für die Auswahl der kommenden Astronautengeneration beworben. Sie haben meine obige Frage mit „ja“! beantwortet. 17 schafften die Auswahl, 5 werden jetzt das Basistraining in Köln absolvieren. Einer von Ihnen – oder einer derjenigen Deutschen, die bereits auf der ISS waren – wird möglicherweise einmal auf dem Mond stehen!
 
Meine Empfehlung: Nehmen Sie sich für das neue Jahr etwas vor, was Sie noch nicht gemacht haben. Probieren Sie etwas aus und überwinden Sie vielleicht auch den Angstreflex. Ob es dann gut geht, oder nicht, spielt gar nicht so sehr eine Rolle, denn vielmehr haben Sie sich selbst gegenüber den Mut  unter Beweis gestellt!
 
Im Namen der International Association of Project Managers wünsche ich Ihnen ein großartiges Jahr 2023 mit dem Mut, neue Dinge auszuprobieren, daraus zu lernen und persönlich zu wachsen.
 
Ihr Hans Stromeyer
Ein Bild von Hans Stromeyer.
Autor: Dr. Hans Stromeyer

Schlagworte: Projektmanagement, Kommentar

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