Methoden als Werkzeuge – nicht als Lösungen
Methoden sind wichtig, um strukturiert arbeiten zu können. Methoden schränken mich in meinem flexiblen Arbeitsprozess ein. Methoden sind unerlässlich, um den Überblick zu behalten. Methoden sind hinderlich, weil sie mein Projekt in zu strenge Grenzen zwängen. Methoden helfen mir dabei, meine Arbeitsschritte zu planen und nachzuvollziehen: Alle diese Aussagen sind wahr und dennoch widersprechen sie sich. Der eine schwört auf Methoden, die andere ist lieber „freestyle“ unterwegs. Dieselbe Person geht bei bestimmten Arbeiten unheimlich methodisch vor, lehnt bei anderen Aufgaben aber Methoden vollständig ab. Dazu kommt noch, dass es ja auch unendlich viele Methoden gibt. Gute und Schlechte, einfache und komplizierte… Thomas Michl, Organisationsscout und Agile Coach, hat sich auf der Webseite „AgileVerwaltung.org“ Gedanken zu Methoden gemacht und kommt zu dem Schluss, dass Methoden einfach nicht als Lösung eines Problems angesehen werden dürfen, sondern dass sie ein Werkzeug zur Problemlösung sind. Was ist der Unterschied? Was meint er damit? Schauen wir etwas genauer hin.
Leider kein Allheilmittel
Michl zeigt auf, dass eine Methode immer nur das tun kann, was eine Methode nun einmal tut: Sie kann eingesetzt werden, um eine Aufgabe zu verwalten oder anzupacken. Sie kann allerdings kein komplexes Problem lösen. Oftmals zeigen Methoden auf, welche Probleme hinter der eigentlichen Aufgabe warten, woraufhin die Anwender der Methode die Methode verteufeln und ihr vorwerfen, sie hätte das Problem nur noch vergrößert. Zuallererst muss sich jeder Anwender also bewusst machen, dass Methoden keine Probleme lösen. Dieser Irrglauben ist weit verbreitet, denn oft werden Methoden als umfassende Problemlöser angepriesen. Die schlechte Nachricht: Sie sind als Projektmanager also weiterhin für die Lösung Ihrer Probleme verantwortlich. Die gute Nachricht: Methoden können Ihnen dabei jedoch helfen.
Sichtbare Symptome und die Wurzel des Problems
Michl beklagt aufgrund seiner langjährigen Erfahrung, dass viele Anwender – vor allem agiler Methoden – diese grundlegende Tatsache nicht verstanden haben. Sie machen Scrum und Kanban dafür verantwortlich, dass ihr Projekt nicht den gewünschten Erfolg hat. Dabei machen diese Methoden nur die Probleme sichtbar, die es ohnehin zu lösen gilt. Dabei ist das doch eine super Sache: Die Methoden helfen Ihnen dabei, Ihre Probleme zu erkennen. Um die Probleme (auch unter Zuhilfenahme von verschiedenen Methoden) zu lösen, ist es der erste Schritt, diese Probleme zu identifizieren. Sie sehen also nun – dank der angewendeten Methoden - die Probleme, oder vielmehr die Indikatoren für Probleme. Sie erkennen, dass es ein Problem zu lösen gibt. Hier ist es in Michls Augen oft nötig, sich nicht sofort auf eine Lösung zu stürzen und nicht quasi die Symptome einer Krankheit zu bekämpfen, sondern sich auf die Suche nach den Wurzeln der Probleme zu machen und direkt die Krankheit zu bekämpfen. Leichter gesagt als getan, denn gerade Projektmanager werden ihre gesamte Karriere lang darauf getrimmt, Lösungen zu finden – und das schnell. Wir neigen also alle dazu, uns auf eine vermeintliche Lösung zu stürzen, wenn sie in Sicht kommt. Michl wirbt dafür, Methoden zu nutzen, um zur Wurzel vorzudringen und tiefer zu graben.
Welche Lösung für welches Problem?
Der zweite weit verbreitete Irrtum, den Michl aufzeigt, ist der, dass viele Projektmanager denken, es gäbe für jedes Problem auch ein passendes Werkzeug, das es löst. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Verfechter von Methoden wie Scrum und Kanban diese oft über den grünen Klee hinaus loben. Agile Methoden sind klasse. Sie versprechen Erfolg, beschleunigen Projekte und steigern die Produktivität in Unternehmen ganz enorm. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass Sie einfach agile Methoden anwenden können, und schon ist alles erledigt. Scrum ist zum Beispiel ein großartiges Projektmanagementframework, das komplexe Aufgaben mit Teams von bis zu fünf Personen strukturieren kann. Aber es ist nicht dazu gedacht, bei der Bearbeitung von Routinearbeiten zu helfen. Es verhält sich wie mit einem Hammer und einem Schraubenzieher. Beides sind super Werkzeuge, aber sie haben sehr verschiedene Anwendungsgebiete. Ein Hammer versagt zwangsläufig, wenn er dazu verwendet werden soll, eine Schraube in ein Brett zu drehen.
Auf der Suche nach der passenden Methode
Michl will keinesfalls davon abraten, Methoden zu verwenden. Im Gegenteil. Er möchte mit seinem Artikel aber darauf aufmerksam machen, dass sich alle Methodennutzer im Voraus Gedanken darüber machen sollten, welche Methode denn für welche Aufgabe passend ist. Kanban ist zum Beispiel so viel mehr als nur eine Visualisierung auf einem Kanban-Board. Niemand erlernt Kanban über Nacht und auch nicht nach einem einzigen Projekt, das mit Kanban durchgeführt wurde. Übung macht den Meister und das gilt beim Schraubenzieher ebenso wie bei PM-Methoden – und vor allem bei agilen Methoden. Also bitte nicht verzweifeln: Lesen Sie, lernen Sie, probieren Sie, schauen Sie es den Profis ab. Aber nutzen Sie die Methoden, die es gibt, und versuchen Sie, bei jedem Projekt etwas besser darin zu werden, die richtige Methode für verschiedene Aufgaben ausfindig zu machen und diese dann natürlich auch anzuwenden. Je mehr Methoden Sie kennen, desto einfacher wird es Ihnen fallen, eine passende Methode zu finden. Viel Erfolg!
Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Agiles Projektmanagement, Scrum, Kanban, Methoden