Johari-Fenster: Für eine bessere Kommunikation

Im Privatleben, aber auch im beruflichen Umfeld, kommunizieren Menschen rund um die Uhr, sowohl verbal als auch nonverbal. Wenn die Kommunikation zwischen Einzelnen oder einer Gruppe gut funktioniert, dann klappt auch die Zusammenarbeit. Wenn Menschen jedoch nicht offen miteinander kommunizieren oder wenn die nonverbale Kommunikation so erfolgt, dass der Empfänger eine negative Botschaft erhält, kann dies zu Spannungen führen. Dies kann sich als Resultat erheblich auf den Erfolg eines Projekts auswirken. Da die Menschen jedoch unterschiedlich sind und man seinem Team nicht einfach aus dem Weg gehen kann, muss ein Mittel gefunden werden, damit diejenigen, die normalerweise nichts miteinander zu tun haben wollen, effektiv zusammenarbeiten können. Im Allgemeinen neigen Menschen dazu, den Fehler bei anderen zu suchen und weniger bei sich selbst, aber auch das kann eine Fehleinschätzung sein. Das Johari-Fenster kann helfen, die Fehleinschätzung und den daraus resultierenden Konflikt zu lösen, denn es zeigt unter anderem, wie andere uns sehen und wie wir auf andere wirken.
Mehrere Fenster mit Balkon.

Inhalt

Was ist das Johari-Fenster?

Unser Denken, Fühlen und Handeln gegenüber uns selbst, aber auch gegenüber anderen, wird nicht nur bewusst von uns gesteuert, sondern auch von unserem Unterbewusstsein. Das Johari-Fenster macht sich diese bewussten und unbewussten Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale eines Menschen zunutze. Gerade in der Arbeitswelt spielt dies eine große Rolle, weil es die Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung aufzeigt. Die Selbstwahrnehmung beschreibt das Bild, das jemand von sich selbst hat. Durch diese Wahrnehmungen entsteht unser Selbstbild, an dem wir ständig arbeiten da wir ein möglichst positives Bild von uns haben wollen. Fremdwahrnehmung oder Fremdbild ist die Wahrnehmung, das Gefühl oder die Bewertung, die eine dritte Person von jemanden hat, und kann positiver oder negativer Natur sein. 
Das Fremdbild kann mit dem Selbstbild übereinstimmen, was zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins führt. Es kann aber auch stark vom eigenen Selbstbild abweichen und für Zweifel an der eigenen Person sorgen. Dies kann dazu führen, dass man versucht, sich dem eigenen Idealbild so weit wie möglich anzunähern, damit das äußere Bild mit dem eigenen Idealbild übereinstimmt.
Das Johari-Fenster basiert auf der Idee, dass die zwischenmenschliche Kommunikation besser funktioniert, wenn das Selbstbild und das Bild der anderen übereinstimmen. Wenn das Selbstbild und das Fremdbild übereinstimmen, kann dies dafür sorgen, dass das Team besser funktioniert, weil die Kommunikation und die Effizienz nicht gestört werden. Aber nicht nur das fördert den Zusammenhalt, auch die Reaktionen der Teammitglieder können besser eingeschätzt werden, denn wenn man sich bewusst ist, wie man auf andere wirkt, lässt sich das Verhalten besser verstehen. 
Das Modell ist ein dynamischer Prozess, das heißt, die Teammitglieder lernen sich immer besser kennen, was auch die Wahrnehmung verändert. 

Der Aufbau des Johari-Fensters

Während der Durchführung wird den Teilnehmern eine Liste mit 56 Adjektiven vorgelegt, aus der sie 5-6 auswählen sollen, um sich selbst zu beschreiben. Zu diesen Adjektiven gehören z. B.: akzeptierend, fähig, liebevoll und weise. Die Teammitglieder erhalten ebenfalls diese Liste und müssen die gleiche Anzahl von Adjektiven auswählen. Anschließend werden diese in die Felder des Johari-Fensters eingetragen. 
Dieses besteht aus vier verschiedenen Bereichen: Der öffentliche Bereich, der geheime Bereich, der blinde Fleck und der unbekannte Bereich. Jeder Mensch handelt anders und hat unterschiedliches Wissen über seine eigene Persönlichkeit, so dass die einzelnen Bereiche unterschiedlich groß sein können. In der Regel lässt sich jedoch sagen, dass der unbekannte Bereich einen sehr großen Teil dieses Diagramms einnimmt, weil viele Merkmale unserer Persönlichkeit dort unbewusst vorhanden sind.
Das Johari-Fenster ist abgebildet.
Der öffentliche Bereich ist der Teil der Persönlichkeit, der sichtbar ist und von anderen wahrgenommen wird. Das bedeutet gleichzeitig, dass dies die Teile von uns sind, die wir offenbaren oder die uns sogar bewusst sind. Dazu gehören unser Aussehen, unsere Umgangsformen, persönliche Eigenschaften, aber auch Einstellungen zu verschiedenen Dingen wie Politik, Umwelt, usw.
Im geheimen Bereich befinden sich die Eigenschaften, derer sich die Person bewusst ist, d. h. sie kennt sie, macht sie aber anderen nicht zugänglich. Möglicherweise werden sie nicht mit anderen geteilt, weil man glaubt, dass andere sie nicht akzeptieren.
Der blinde Fleck beschreibt die Dinge, die die Person unbewusst aussendet und die vom Empfänger wahrgenommen werden. Dadurch erkennen Dritte Eigenschaften, die dem Betroffenen gar nicht bewusst sind. Durch den Austausch dieser Informationen untereinander wird der betroffenen Person diese Eigenschaft bewusst, wodurch diese aus dem blinden Fleck in den öffentlichen Bereich verschoben werden kann. Dies ist ein Beispiel dafür, wie sich die Größe der Bereiche ändern kann.
Der unbekannte Bereich ist allen unbekannt, auch der betroffenen Person. Er steht praktisch im Widerspruch zu allen anderen Bereichen, weil es keinen Zugang zu ihm gibt. 

Allerdings stellt sich nun die Frage, wie die Theorie dabei helfen kann, dem Team bei der Zusammenarbeit zu helfen.

In der Praxis

Allein die Erkenntnisse aus der Übung selbst sind für jeden sehr aufschlussreich. Denn sie zeigen einem, wie man auf andere Menschen wirkt und wie sehr sich diese Wahrnehmung von der eigenen unterscheidet. 

Wenn im Team gearbeitet und die Kommunikation so positiv wie möglich gestaltet wird, sollten die öffentlichen Bereiche erweitert werden. Denn die Kommunikation sollte immer offen, ehrlich und authentisch sein, damit es keine Missverständnisse gibt. Dabei geht es vor allem um Selbstreflexion, das heißt, dass es wichtig ist, das eigene Selbstbild immer wieder zu hinterfragen.
Dazu kann es notwendig sein, Teile des geheimen Bereichs offen zu legen. Natürlich nur so viel wie nötig. Die Offenlegung sorgt nicht nur für eine bessere Zusammenarbeit im Team, sondern entspannt auch die Person selbst. Denn sie muss sich nicht mehr verstecken, was auch eine große Anstrengung ist. Dabei wird die Person aus ihrer Komfortzone herausgeholt, indem sie sich mit Dingen auseinandersetzt, mit denen sie normalerweise nicht in Berührung kommt. Auf diese Weise wird die Person sich ihrer Eigenschaften, Stärken, Schwächen oder Interessen bewusst und kann den geheimen Bereich verkleinern. Vertrauen ist hier besonders wichtig. Aber auch das Vertrauen muss erlernt werden, was u. a. durch eine offene Kommunikation während der Übung zustande kommt. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage, warum dem eigenen Team nicht vertraut wird. Vielleicht wird angenommen, dass Geheimnisse bei den Kollegen nicht gut ankommen oder dass die Kollegen die Geheimnisse verurteilen. Wenn diese Frage beantwortet werden kann, kann an einer Lösung gearbeitet werden. Es würde auch helfen, das eigene Selbstvertrauen zu stärken, denn mangelndes Selbstvertrauen hindert uns oft daran, so offen zu kommunizieren.
Die Übung hilft aber auch, Erkenntnisse über den blinden Fleck zu gewinnen. Manchmal ist man sich der Qualitäten, die man nach außen hin repräsentiert, gar nicht bewusst, und wenn einem dies mitgeteilt wird, kann man daran arbeiten, dem eigenen Idealbild näher zu kommen. Die Außenwahrnehmung ist wichtig, weil sie einem Feedback gibt. Man sollte also immer aktiv nachfragen und versuchen, diesen Teil so klein wie möglich zu halten. Aber gerade bei Feedback ist es schwierig, die Meinung anderer zu akzeptieren. Deshalb ist es wichtig, offen zu bleiben und das Feedback nicht als destruktive Kritik, sondern als konstruktiv zu betrachten.
Hier wird wieder das Zusammenspiel der einzelnen Bereiche deutlich. Eine Eigenschaft bewegt sich aus dem blinden Fleck in den öffentlichen Bereich und so verändern sich die einzelnen Größen des Fensters.

Fazit

Das Johari-Fenster ist ein ideales Mittel zur Verbesserung der Kommunikation und der Teamarbeit im Projektmanagement. Es werden neue Einsichten über sich selbst und andere gewonnen, was einem hilft, das Bild welches andere von einem haben und dessen Wirkung nach außen zu kennen, sowie zu verstehen, warum andere so handeln, wie sie es tun. Es fördert die Arbeit an sich selbst und das Vertrauen in den anderen. Wichtig ist jedoch, dass das Team offen und ehrlich miteinander umgeht, immer konstruktiv ist, neben Negativem auch ausreichend Positives äußert und auch mögliche Lösungsschritte anspricht.
Dennoch sollte man sich immer vor Augen halten, dass man nicht mit jedem gut auskommen kann und dass, wenn schon eine generell negative Einstellung vorherrscht, das Bild der anderen natürlich auch entsprechend negativ sein wird. Daher sollte man darauf achten, dass die Sichtweise auf die andere Person begründet ist. Gerade im Hinblick auf das Team ist es wichtig, darauf zu achten, ob die Äußerungen von mehreren Kollegen oder nur von einzelnen gemacht werden. Denn bestimmte Eigenschaften sorgen immer für Unmut, aber wenn es nicht die Mehrheit betrifft, stellt sich die Frage, ob es sich nur um ein zwischenmenschliches Problem oder um ein allgemeines handelt. Daher sollten manche Aussagen mit Vorsicht genossen werden, oder es sollte von Anfang an klargestellt werden, dass konstruktives Feedback gegeben wird, um das Johari-Fenster optimal zu nutzen.

Johari-Fenster - Das Logo der IAPM.
Autor: IAPM intern 
Schlagworte: Projektmanagement, Tipps, Johari-Fenster

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