Eisbergmodell: Kommunikation unter der Oberfläche

Wir kommunizieren rund um die Uhr, sei es per Handy, E-Mail oder persönlich. Bei all diesen Kanälen kann es zu Kommunikationsproblemen kommen. Ein Grund dafür ist, dass die Beziehungsebene, die unter anderem Emotionen beinhaltet und unbewusst abläuft, einen großen Anteil an der Kommunikation hat und damit auch ein großes Konfliktpotential bietet. Aber nicht nur diese Ebene, sondern auch die bewusste Sachebene kann zu Konflikten führen. Dieses Konzept der Beziehungs- und Sachebene wird im Eisbergmodell dargestellt.
Dieser Begriff wurde erstmals von Ernest Hemingway als Metapher verwendet. Er sagte, man müsse nicht alle Details über die Hauptperson erzählen, sondern wie bei einem Eisberg nur 1/8 preisgeben, nämlich den Teil, der über der Wasseroberfläche liegt. Im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff "Eisbergmodell" erstmals 1974 von Ruch / Zimbardo in Anlehnung an Freuds Strukturmodell der Psyche von Ich, Es und Über-Ich verwendet. Das Ich stellt dabei den bewussten Teil der Persönlichkeit dar, der Rest ist unbewusst. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass Freund diese symbolische Beschreibung so nie verwendet hat.
Ein Eisberg

Inhalt

Was ist das Eisbergmodell

Das Eisbergmodell ist ein Kommunikationsmodell. Wenn man sich zwischenmenschliche Kommunikation vorstellt, dient der Eisberg als eine Art symbolischer Platzhalter. Nur die oberen 20 % sind bewusste und sichtbare Informationen, die Zahlen, Daten, Fakten oder klare Aussagen enthalten. Es ist der Teil des Eisbergs, der über der Wasseroberfläche sichtbar ist. Dieser Teil wird auch als Sachebene bezeichnet. Die anderen 80% sind der unsichtbare Teil des Eisbergs, die Beziehungsebene. Sie zeigt sich in Form von Emotionen und Erfahrungen und ist nonverbaler Natur. Das bedeutet, dass Mimik, Gestik und Tonfall eine besondere Rolle spielen und daher besonders beachtet werden sollten. Will man also erfolgreich, d. h. frei von Missverständnissen und Konflikten kommunizieren, sollte diese Ebene immer berücksichtigt werden, da sonst 80 % der Botschaft missverstanden werden können. Konflikte entstehen jedoch auf beiden Ebenen.

Die Sachebene: Die Spitze des Eisbergs

Konflikte auf der Sachebene sind in der Regel relativ leicht zu lösen, da sie häufig auf Missverständnissen oder unzureichenden bzw. falschen Informationen beruhen. Wenn der Projektmanager ein Teammitglied mit einer Aufgabe betraut, hat dies in der Regel keinen anderen Hintergrund. Es ist jedoch möglich, der Aussage eine andere Bedeutung beizumessen, z. B., dass eine unliebsame Aufgabe übertragen werden soll. Es könnte aber auch einfach bedeuten, dass jemand anderes die Aufgabe besser erledigen kann. Wenn der Projektmanager nachfragt, ob eine Aufgabe bereits erledigt wurde, kann dies eine normale Frage sein, aus reinem Interesse oder um besser planen zu können. Es kann aber auch sein, dass er damit subtil zum Ausdruck bringen will, dass die Person, die die Aufgabe bearbeitet, zu langsam ist.
In solche Aussagen kann man also viel hineininterpretieren, aus den verschiedensten Gründen. Ein Grund könnte sein, dass man bereits negative Erfahrungen gemacht hat und deshalb vorsichtig ist. Man sollte jedoch versuchen, diese Situationen nicht in eine neue Situation mitzunehmen. Daher ist es auch umso wichtiger, klare und präzise Formulierungen zu verwenden, aktiv zuzuhören, um Missverständnisse zu vermeiden, um Feedback zu bitten und offen zu sein, wenn etwas nicht klar verstanden wurde. Es ist hilfreich, nachzufragen und weitere Informationen einzuholen, um eine klare Kommunikation und ein gutes Verständnis zu gewährleisten.

Die Beziehungsebene: Unter der Oberfläche

Wie die obigen Beispiele zeigen, ist es sehr einfach, ein Gespräch von der Sachebene auf die Beziehungsebene zu bringen. Auf dieser Ebene sind Konflikte manchmal schwieriger zu lösen, weil Emotionen im Spiel sind. Selbst wenn eine Aussage nur auf der Sachebene gemeint war, z. B. „Ich möchte, dass Sie heute diese Aufgabe übernehmen“, kann sie von jemand anderem auf der Beziehungsebene ganz anders interpretiert werden: „Sie machen Ihre Arbeit gut und deshalb können Sie das heute übernehmen“ oder „Ich habe heute Besseres zu tun oder keine Lust und deshalb können Sie das machen“. Es ist jedoch gefährlich, solche Interpretationen in einer Aussage zu sehen, denn die Person hat es vielleicht gar nicht so gemeint. Deshalb sollte man solche Gedankengänge unterbinden oder, wenn das nicht möglich ist, offen das Gespräch suchen und nachfragen, warum diese Aussage gemacht wurde.

Das Eisbergmodell im Kontext von Unternehmen

Wie bereits erwähnt, treten auf den verschiedenen Ebenen unterschiedliche Konflikte auf. Aber auf jeder Ebene gibt es Möglichkeiten, diese Probleme zu lösen. Es ist sehr wichtig, auf der sachlichen Ebene zu bleiben. Insbesondere bei Feedback und Kritik ist es wichtig, zwischen berechtigter und unberechtigter Kritik zu unterscheiden. Der Schlüsselbegriff ist hier "konstruktive Kritik", denn Kritik sollte ausschließlich auf sachlicher Basis geäußert werden, ohne die zwischenmenschlichen Beziehungen zu belasten.
Das Äußern und Annehmen von Kritik erfordert Übung, denn es ist nicht immer einfach, die richtigen Worte zu finden oder angemessen mit Kritik umzugehen. Wer sich dessen bewusst ist, kann sich gegebenenfalls aus bestimmten Diskussionen zurückziehen, seine Gefühle ausdrücken und versuchen, auf die Sachebene zurückzukehren. Um diese Fähigkeiten zu fördern, können Kommunikationstrainings durchgeführt werden, insbesondere für Projektmanager und Personen in Führungspositionen. Jeder Mensch ist einzigartig, daher ist es wichtig, ein Gespür dafür zu entwickeln, wie die einzelnen Teammitglieder sind und wie sie auf Äußerungen reagieren, um bestmöglich damit umgehen zu können.
Innerhalb des Teams kann es auch zu Rollenkonflikten kommen, wenn beispielsweise die Rollenverteilung nicht klar definiert ist. Daher ist es wichtig, Teambuilding-Aktivitäten durchzuführen, damit sich die Teammitglieder kennen lernen und die Verantwortlichkeiten klar definiert werden. Der Erfolg eines Projektes hängt in hohem Maße von der Zusammenarbeit der Teammitglieder ab. Daher sollten Personen mit unterschiedlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zusammengebracht werden, die sich gegenseitig ergänzen können.
Neben der fachlichen Kompetenz sind auch zwischenmenschliche Fähigkeiten wie Kommunikationsfähigkeit, Offenheit, Initiative und Fairness gefragt. Dennoch können Konflikte entstehen, wenn sich Kollegen auf der persönlichen Ebene nicht verstehen oder nicht mögen, was zu Missverständnissen führen kann. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, auf der sachlichen Ebene zu bleiben und durch Workshops und Teamaktivitäten ein gut funktionierendes Team zu fördern.

Fazit

Kommunikation ist das A und O eines Projektes. Egal mit welchen Akteuren man spricht, es kann immer zu Konflikten kommen, sei es auf der Sachebene oder auf der Beziehungsebene. Es ist auch sehr willkürlich, von einem Verhältnis von 20:80 zu sprechen. Wichtig ist, dass die Beziehungsebene den größten Teil der Kommunikation ausmacht und man sich dessen bewusst ist. So kann man genau auf den Gesprächspartner eingehen und Konflikte vermeiden.

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Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Eisbergmodell, Kommunikation

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