Digitalisierung im Gesundheitswesen
05.08.2019 -
Digitalisierung im Gesundheitswesen
Auf der Webplattform „Industry of Things” beschäftigt sich Lisa Marie Waschbusch mit dem Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die Branche hat jährliche Ausgaben von etwa 290 Milliarden Euro. Einer Studie von McKinsey aus dem Jahr 2018 nach könnten in Deutschland jedes Jahr etwa 34 Milliarden Euro gespart werden, wenn das Thema Digitalisierung in der Gesundheitsbranche flächendeckend und effektiv umgesetzt würde. Dies entspricht immerhin 12% der jährlichen Ausgaben der gesamten Gesundheitsbranche. Laut McKinsey wäre die elektronische Patientenakte einer der Schlüsselfaktoren ebenso wie eine Onlineberatung.
Digitale Technologien in der Gesundheitsbranche
McKinsey hat die verschiedenen Bereiche der Gesundheitsbranche untersucht und ermittelt, wie durch den Einsatz digitaler Technologien Geld eingespart werden könnte. Stefan Biesdorf, einer der Partner von McKinsey, stellte die Ergebnisse seiner Studie im vergangenen Jahr der Fachwelt vor und kam zu dem Ergebnis, dass das Einsparpotenzial bei 34 Milliarden Euro jährlich liege. Und das mit vergleichsweise einfachen Mitteln, denn die benötigten Technologien seien längst verfügbar und einsatzbereit. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf den Möglichkeiten zur Vermeidung unnötiger Kostentreiber, wie zum Beispiel doppelten Untersuchungen oder nicht notwendigen Einweisungen in Krankenhäuser. Durch eine verbesserte Qualität von Folgebehandlungen könnten ebenfalls Kosten eingespart werden. Ein Hauptergebnis der Studie ist, dass durch die Einführung der einheitlichen elektronischen Gesundheitsakte insgesamt 6,4 Milliarden Euro eingespart werden könnten. Das ist mehr als die Hälfte des gesamten Einsparpotentials und ergibt sich theoretisch dadurch, dass viele unnötige Kosten entfallen würden, wenn alle Ärzte und Krankenhäuser Zugriff auf zentral gespeicherte Informationen zu jedem Patienten hätten.
Vorschläge von McKinsey
McKinsey hat sich ganz konkret mit den verschiedenen Einsparpotentialen und den Möglichkeiten des Einsatzes von digitalen Technologien beschäftigt. Es gibt in ihrer Studie sechs sogenannte Lösungskategorien, die auf insgesamt 26 untersuchten Technologien basieren. Mit neun Milliarden Euro Einsparpotential nennt McKinsey die papierlose Datenverarbeitung, wozu unter anderem die digitale Patientenakte gehört. Mit 8,9 Milliarden Euro Einsparpotential beschreibt McKinsey den Bereich der Kommunikation und Beratung online, wozu auch die Teleberatung zählt. 6,1 Milliarden Euro Einsparpotenzial wird in der Automatisierung von Arbeitsabläufen gesehen. Dies könne nach Meinung von McKinsey hauptsächlich durch eine mobile Vernetzung des Pflegepersonals erreicht werden. Medikamente könnten zudem mit Hilfe von Barcodes verabreicht werden.
Durch den Einsatz von geeigneten Software-Programmen könnten eine höhere Transparenz und ein besserer Datenüberblick als Basis fundierterer Entscheidungen gewonnen und damit eine Einsparung von 5,6 Milliarden Euro erreicht werden. 3,8 Milliarden Euro Einsparung könnte durch eine vermehrte Selbstbehandlung durch Patienten erreicht werden. In vielen Fällen können Gesundheits-Apps und digitale Diagnosetools die Arbeit von Ärzten ergänzen. Und schließlich könnte noch eine halbe Milliarde Euro durch die Verwendung von Onlineportalen zum Beispiel zur Terminvereinbarung eingespart werden. Diese Maßnahme würde den Verwaltungsaufwand von Praxen verringern und wäre unmittelbar umsetzbar.
Wer profitiert von der Digitalisierung?
Nicht nur Patienten und Steuerzahler würden von der Digitalisierung des Gesundheitssektors profitieren. Vor allem Ärzte und Krankenhäuser ziehen großen Nutzen aus digitalen Diensten und den damit einhergehenden Verbesserungen, denn laut McKinsey-Studie bleiben 70% der eingesparten Kosten bei den Krankenhäusern und Ärzten, die durch die verschiedenen Maßnahmen Zeit und Geld sparen. Etwa 30% der Ersparnisse könnten am Ende an die Krankenkassen und die Versicherten weitergegeben werden. Die Experten von McKinsey weisen darauf hin, dass digitale Lösungen nicht nur Kosten einsparen. Auch zahlreiche problematische Abläufe könnten verbessert werden. Teleberatung kann zum Beispiel einen wertvollen Beitrag gegen das Problem der Ärzteknappheit in ländlichen Regionen leisten. Wenn Experten und Spezialisten für virtuelle Beratungen und Sprechstunden zur Verfügung stehen, werden Distanzen weniger wichtig und der Fachärztemangel auf dem Land kann bekämpft und abgemildert werden. Im Optimalfall hätten alle Ärzte immer Zugriff auf alle Daten – also auch auf die Erhebungen und Diagnosen ihrer Kollegen. Dies spart viel Zeit und verringert das Risiko von Fehldiagnosen. Auch Pflegekräfte hätten Zugriff auf diese Daten und könnten dadurch einen besseren und besser zugeschnittenen Service leisten. Die Evaluierung und Überwachung von ambulanten Patienten könnte durch transparentere Daten erheblich verbessert und erleichtert werden.
Die Technologien gibt es schon
Die Experten von McKinsey weisen darauf hin, dass viele unserer Nachbarländer in diesem Bereich schon weiter voraus sind und dass Deutschland gerade im Gesundheitssektor in der digitalen Entwicklung hinterherhinkt. Das liegt allerdings nicht daran, dass die Finanzmittel knapp wären oder die Technologie fehle. Volker Amelung, der Vorsitzende des Bundesverbands Managed Care (BMC), sieht den Grund für die zu langsame Entwicklung in Deutschland darin, dass die Haltung gegenüber digitalen Technologien in den Köpfen der Entscheider in Deutschland einfach noch zu vorsichtig sei. Die Angst vor Veränderungen müsse überwunden werden, wenn das Gesundheitswesen in Deutschland nicht abgehängt werden soll. Die Studie von McKinsey möchte diese Entscheidung erleichtern, denn wenn eine Modernisierung und Verbesserung gleichzeitig Geld spart, kann dies ein Motor für die Branche sein.
Den Originalartikel von Lisa Marie Waschbusch finden Sie hier: www.industry-of-things.de/digitaler-zwilling-ein-herzensprojekt-a-812001/
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Auf der Webplattform „Industry of Things” beschäftigt sich Lisa Marie Waschbusch mit dem Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die Branche hat jährliche Ausgaben von etwa 290 Milliarden Euro. Einer Studie von McKinsey aus dem Jahr 2018 nach könnten in Deutschland jedes Jahr etwa 34 Milliarden Euro gespart werden, wenn das Thema Digitalisierung in der Gesundheitsbranche flächendeckend und effektiv umgesetzt würde. Dies entspricht immerhin 12% der jährlichen Ausgaben der gesamten Gesundheitsbranche. Laut McKinsey wäre die elektronische Patientenakte einer der Schlüsselfaktoren ebenso wie eine Onlineberatung.
Digitale Technologien in der Gesundheitsbranche
McKinsey hat die verschiedenen Bereiche der Gesundheitsbranche untersucht und ermittelt, wie durch den Einsatz digitaler Technologien Geld eingespart werden könnte. Stefan Biesdorf, einer der Partner von McKinsey, stellte die Ergebnisse seiner Studie im vergangenen Jahr der Fachwelt vor und kam zu dem Ergebnis, dass das Einsparpotenzial bei 34 Milliarden Euro jährlich liege. Und das mit vergleichsweise einfachen Mitteln, denn die benötigten Technologien seien längst verfügbar und einsatzbereit. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf den Möglichkeiten zur Vermeidung unnötiger Kostentreiber, wie zum Beispiel doppelten Untersuchungen oder nicht notwendigen Einweisungen in Krankenhäuser. Durch eine verbesserte Qualität von Folgebehandlungen könnten ebenfalls Kosten eingespart werden. Ein Hauptergebnis der Studie ist, dass durch die Einführung der einheitlichen elektronischen Gesundheitsakte insgesamt 6,4 Milliarden Euro eingespart werden könnten. Das ist mehr als die Hälfte des gesamten Einsparpotentials und ergibt sich theoretisch dadurch, dass viele unnötige Kosten entfallen würden, wenn alle Ärzte und Krankenhäuser Zugriff auf zentral gespeicherte Informationen zu jedem Patienten hätten.
Vorschläge von McKinsey
McKinsey hat sich ganz konkret mit den verschiedenen Einsparpotentialen und den Möglichkeiten des Einsatzes von digitalen Technologien beschäftigt. Es gibt in ihrer Studie sechs sogenannte Lösungskategorien, die auf insgesamt 26 untersuchten Technologien basieren. Mit neun Milliarden Euro Einsparpotential nennt McKinsey die papierlose Datenverarbeitung, wozu unter anderem die digitale Patientenakte gehört. Mit 8,9 Milliarden Euro Einsparpotential beschreibt McKinsey den Bereich der Kommunikation und Beratung online, wozu auch die Teleberatung zählt. 6,1 Milliarden Euro Einsparpotenzial wird in der Automatisierung von Arbeitsabläufen gesehen. Dies könne nach Meinung von McKinsey hauptsächlich durch eine mobile Vernetzung des Pflegepersonals erreicht werden. Medikamente könnten zudem mit Hilfe von Barcodes verabreicht werden.
Durch den Einsatz von geeigneten Software-Programmen könnten eine höhere Transparenz und ein besserer Datenüberblick als Basis fundierterer Entscheidungen gewonnen und damit eine Einsparung von 5,6 Milliarden Euro erreicht werden. 3,8 Milliarden Euro Einsparung könnte durch eine vermehrte Selbstbehandlung durch Patienten erreicht werden. In vielen Fällen können Gesundheits-Apps und digitale Diagnosetools die Arbeit von Ärzten ergänzen. Und schließlich könnte noch eine halbe Milliarde Euro durch die Verwendung von Onlineportalen zum Beispiel zur Terminvereinbarung eingespart werden. Diese Maßnahme würde den Verwaltungsaufwand von Praxen verringern und wäre unmittelbar umsetzbar.
Wer profitiert von der Digitalisierung?
Nicht nur Patienten und Steuerzahler würden von der Digitalisierung des Gesundheitssektors profitieren. Vor allem Ärzte und Krankenhäuser ziehen großen Nutzen aus digitalen Diensten und den damit einhergehenden Verbesserungen, denn laut McKinsey-Studie bleiben 70% der eingesparten Kosten bei den Krankenhäusern und Ärzten, die durch die verschiedenen Maßnahmen Zeit und Geld sparen. Etwa 30% der Ersparnisse könnten am Ende an die Krankenkassen und die Versicherten weitergegeben werden. Die Experten von McKinsey weisen darauf hin, dass digitale Lösungen nicht nur Kosten einsparen. Auch zahlreiche problematische Abläufe könnten verbessert werden. Teleberatung kann zum Beispiel einen wertvollen Beitrag gegen das Problem der Ärzteknappheit in ländlichen Regionen leisten. Wenn Experten und Spezialisten für virtuelle Beratungen und Sprechstunden zur Verfügung stehen, werden Distanzen weniger wichtig und der Fachärztemangel auf dem Land kann bekämpft und abgemildert werden. Im Optimalfall hätten alle Ärzte immer Zugriff auf alle Daten – also auch auf die Erhebungen und Diagnosen ihrer Kollegen. Dies spart viel Zeit und verringert das Risiko von Fehldiagnosen. Auch Pflegekräfte hätten Zugriff auf diese Daten und könnten dadurch einen besseren und besser zugeschnittenen Service leisten. Die Evaluierung und Überwachung von ambulanten Patienten könnte durch transparentere Daten erheblich verbessert und erleichtert werden.
Die Technologien gibt es schon
Die Experten von McKinsey weisen darauf hin, dass viele unserer Nachbarländer in diesem Bereich schon weiter voraus sind und dass Deutschland gerade im Gesundheitssektor in der digitalen Entwicklung hinterherhinkt. Das liegt allerdings nicht daran, dass die Finanzmittel knapp wären oder die Technologie fehle. Volker Amelung, der Vorsitzende des Bundesverbands Managed Care (BMC), sieht den Grund für die zu langsame Entwicklung in Deutschland darin, dass die Haltung gegenüber digitalen Technologien in den Köpfen der Entscheider in Deutschland einfach noch zu vorsichtig sei. Die Angst vor Veränderungen müsse überwunden werden, wenn das Gesundheitswesen in Deutschland nicht abgehängt werden soll. Die Studie von McKinsey möchte diese Entscheidung erleichtern, denn wenn eine Modernisierung und Verbesserung gleichzeitig Geld spart, kann dies ein Motor für die Branche sein.
Den Originalartikel von Lisa Marie Waschbusch finden Sie hier: www.industry-of-things.de/digitaler-zwilling-ein-herzensprojekt-a-812001/
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