Ein Wort des Präsidenten der IAPM

Ein Wort des Präsidenten der IAPM 18.12.2015 - Astronauten vs. Projektmanager und die Möglichkeit, einen Eintrag in das IAPM Product Backlog vorzunehmen

Ein Wort des Präsidenten der IAPM


 
Liebe IAPM-Community,
 
bei den meisten Projekten oder Vorhaben hängt viel davon ab, dass sich die Nutzer hundertprozentig auf ihr Computerprogramm oder ihre App verlassen können.
 
Auch im Weltall!
 
Stellen Sie sich vor, Sie wären Astronaut und sollten erstmalig ein bestimmtes Experiment im Weltraum durchführen. Sie schweben im Weltraumlabor Spacelab (denn Sie sind ja schwerelos) und vor Ihnen befindet sich ein Stuhl mit Rollen auf einer Schiene, also eine Art Weltraum-Straßenbahn.
 
Ihre Aufgabe: sich in den Stuhl zwängen, einen Haufen Elektroden und Kabel an sich anbringen, in eine schwarze Röhre mit einer Kamera blicken und - warten. Denn nun wird Sie Ihr Kollege und Mitastronaut an der Kontrollstation gleich in Richtung Rückwand des Weltraumlabors beschleunigen. Dahinter, hinter ein paar Zentimetern Metall, das Weltall, Ultrahochvakuum und Millionen Galaxien, endloser schwarzer Raum. Der Plan sieht vor, dass der Stuhl kurz vor der Wand abbremst und dann rückwärts erneut beschleunigt - so geschehen im Jahr 1984 auf der ersten deutschen Spacelab-Mission „D1“.
Der Astronaut im Stuhl war Reinhard Furrer, der Kollege an der Kontrollstation der Niederländer Wubbo Ockels. Mit Hilfe dieses Experiments sollte herausgefunden werden, welchen Einfluss die Schwerelosigkeit auf die Gleichgewichtsorgane hat (diese befinden sich im Innenohr). Bevor es losgeht, beherrschen Sie folgende Gedanken: Wird alles so ablaufen wie geplant? Funktioniert das Computerprogramm? Macht der Kollege am Startknopf auch hoffentlich keinen Fehler?
 
Ich selbst saß damals im Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen. Meine Aufgabe als „Crew Interface Coordinator“ war, die Astronauten bei den Experimenten zu begleiten und den Verlauf der Experimente zu diskutieren. Alle medizinischen Daten wurden an uns übermittelt, die Bilder live übertragen. Da ich selbst in der sogenannten Basisdatenerhebung am Institut für Physiologie der Universität Mainz auf diesem Stuhl gesessen habe, hatte ich in etwa eine Vorstellung, wie es Reinhard Furrer gehen musste - quasi in die Unendlichkeit beschleunigt zu werden...
 
Ganz wichtig bei der Vorbereitung derartiger Vorhaben ist das Training der Astronauten und die Erstellung der Prozeduren. Bedenkt man die Risiken, wird klar, dass bei der Entwicklung der Computerprogramme, GUIs, Prozeduren und Ablaufprotokolle höchste Genauigkeit gefordert ist. Und: Die Bedienung muss so intuitiv und einfach wie irgend möglich sein! Daher hatten wir bei der Entwicklung auch nicht die Zeit, alles in komplexen Spezifikationen zu beschreiben. Die Lösung war: Agiles Vorgehen. Das bedeutete, dass bei jeder Trainingsveranstaltung die Anmerkungen und Wünsche der Astronauten in einem Product Backlog zusammengefasst und sofort in die nächste Version eingearbeitet wurden. Die Form der Anmerkungen und Wünsche wurde genauso übernommen wie besprochen, also verfasst in der Sprache der Anwender (Astronauten). So arbeiteten wir mit Benutzergeschichten, ohne uns darüber bewusst zu sein, dass diese Form der Softwareentwicklung einmal breite Akzeptanz und auch Anwendung im sog. agilen Projektmanagement finden würde. Wohlgemerkt, wir befanden uns damals in der Mitte der 80er Jahre, agiles Projektmanagement, so wie es heute bei Vorgehensmodellen wie Scrum, Extreme Programming oder Kanban gelebt wird, gab es noch nicht.
 
Was für das Weltraumprogramm die Astronauten sind, sind für die IAPM die Projektmanager. Es gibt hier mehr Parallelen, als sich mancher vorzustellen vermag.
Spätestens beim Abschalten des Raketentriebwerks nach Erreichen des Orbits, also der Umlaufbahn, wird alles schwerelos, der Boden verschwindet, man schwebt, gleichzeitig wird einem heiß, denn das Blut steigt aufgrund der fehlenden Erdanziehungskraft in den Kopf und natürlich auch weil man sehr aufgeregt ist. Über einem das endlose Schwarz des Weltalls, unter einem der wunderschöne blaue Planet Erde.
Wer hat das als Projektmanager noch nicht so erlebt: Hitzewallungen durch kritische Anrufe, ärgerliche Kunden, Druck vom Abteilungsleiter oder dem Vorstand? Das Gefühl, den Projektboden unter den Füßen zu verlieren? Aber auch das Erfolgsgefühl, wenn das Projekt erfolgreich abgeschlossen ist, etwas Neues entstanden ist?
 
Zentrales Werkzeug im agilen Projektmanagement ist das Product Backlog. Hier werden die Anforderungen an eine Software oder App in der Sprache der Anwender zusammengefasst. Mittels der Benutzergeschichten (User Stories) kann man Wünsche äußern. In diesem Sinne entstand bei der Gründung sowie Weiterentwicklungen der IAPM das Product Backlog der Projektmanager.
Die Vision der IAPM ist es, eine Projektmanagementgesellschaft ins Leben zu rufen, die anders als hinlänglich bekannte Projektmanagement-Organisationen online verwurzelt ist und möglichst agil und zeitnah auf die Wünsche und Bedürfnisse der Projektmanager eingehen kann. Sie soll für alle Projektmanager erreichbar sein, ohne Vorbedingungen wie etwa eine Vereinsmitgliedschaft. Alle Projektmanager haben jederzeit Zugang zu den Netzwerkveranstaltungen der IAPM. Wertvolle Hilfen wie die „Project Management Guides 2.0“ können kostenlos heruntergeladen werden. Neue Entwicklungen, wie die rapide Zunahme der Bedeutung des agilen oder internationalen Projektmanagements, werden aufgegriffen und entsprechend umgesetzt bis hin zur Onlinezertifizierung und unsere Trainingspartner bieten entsprechende Ausbildungen an.
 
Fairness steht für uns an erster Stelle. Daher bemessen sich die Gebühren unserer Zertifikate am Bruttoinlandsprodukt des jeweiligen Landes, dessen Staatsbürgerschaft der Zertifikant innehat.
 
Beim diesjährigen IPMM (International Project Manager Meeting) der IAPM, welches in Graz stattfand, wurde leidenschaftlich darüber diskutiert, wie die Projektmanager besser erreicht und bei ihrer Tätigkeit, bei Herausforderungen und Problemen unterstützt werden können. Ein Tagesordnungspunkt betraf eine Rückschau auf das vergangene Jahr 2015 und auf die aktuelle Situation der IAPM.

Zusammengefasst: Die IAPM befindet sich auch weiterhin auf einem sehr guten Weg und konnte wieder ein außerordentlich erfolgreiches Jahr in ihrer Vereinsgeschichte hinter sich bringen. Einschließlich der neuen Zertifikanten aus Taiwan, Malawi und Südafrika gehören nun 72 Nationen zum Kreis der IAPM – und die Zahl steigt stetig. Unter dem Schirm der IAPM sind mittlerweile über 6,200 Projektmanager versammelt. In der diesjährigen IAPM-Zertifikantenbefragung war die Meinung einhellig: 97% würden die IAPM weiterempfehlen.
Hiermit mache ich ein Angebot an alle Interessierten: Bringen Sie sich bei uns ein! Was würden Sie in das Product Backlog der IAPM eintragen? Wo können wir uns weiterentwickeln?
  • Was benötigen Sie von uns?
  • Was kann die IAPM tun, um noch besser zu werden?
  • Welche spezifischen Herausforderungen haben Projektmanager, Product Owner, Scrum Master uvam. gegenwärtig?
  • Was fehlt, wo bestehen Verbesserungspotenziale und wie können wir uns verbessern?
  • Was kann eine Organisation wie die IAPM tun? 

Ich freue mich sehr auf Ihre Rückmeldungen und Anstöße, natürlich aber auch über konstruktive Kritiken.
In diesem Sinne möchte ich allen ein sehr erfolgreiches, gesundes und glückliches Jahr 2016 wünschen!
 
 
Dr. Hans Stromeyer
President IAPM
Senior Official, Houston, Texas, USA


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