Potenzial durch Delegation

Das klassische Verständnis von Delegation, das eng mit dem Eisenhower-Prinzip verbunden ist, greift heute zu kurz. In Zeiten, in denen Digitalisierung und zunehmende Agilität in Projekten eine immer größere Rolle spielen, gewinnt die Delegation von Verantwortung weiter an Bedeutung. Sie ist ein wesentlicher Faktor, um das volle Potenzial eines Teams auszuschöpfen. Durch eine strategische und gezielte Verteilung von Aufgaben können Projektmanager ihre Arbeitsbelastung effektiv aufteilen und sich auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren. Gleichzeitig wirkt sie sich positiv auf die Motivation und die Entwicklung der Mitarbeitenden aus, da ihnen neue Aufgaben übertragen werden.
Eine Holzpuppe. Gemalte Pfeile führen von ihr zu einer unterschiedlichen Anzahl von Strichmännchen.

Inhalt

Die Vorteile von Delegation

Die positiven Auswirkungen auf das Team und die Qualität der Arbeit sind unbestritten. Wenn Mitarbeitende Aufgaben übernehmen, die ihren Fähigkeiten und Interessen entsprechen, können sie ihr Potenzial voll ausschöpfen. Dies führt zu höherem Engagement und größerer Arbeitszufriedenheit, was wiederum die Produktivität steigert. Darüber hinaus bietet es die Möglichkeit, neue Kompetenzen zu entwickeln, indem Mitarbeitende in neue Aufgabenbereiche eingeführt werden und so ihr Wissen und ihre Fähigkeiten erweitern können. Auch das Vertrauen zwischen Projektleitung und Mitarbeitenden wird gefördert, da die Übertragung von Verantwortung das Vertrauen der Projektleitung in die Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden zeigt. Dies wiederum stärkt das Vertrauen der Mitarbeitenden in ihre eigenen Fähigkeiten. Sie fühlen sich wertgeschätzt und einbezogen, was zu einer positiven Dynamik im Team führt.

Methoden zur Delegation

Das Eisenhower-Prinzip beschreibt, dass Führungskräfte nur dringende Aufgaben an Mitarbeitende delegieren sollten. Wichtige Aufgaben müssen von den Führungskräften selbst erledigt werden. Dieses Entweder-Oder-Problem fällt vielen Führungskräften schwer, da sie sich entscheiden müssen, ob sie eine Aufgabe vollständig delegieren oder vollständig selbst erledigen.
Zwischen diesen beiden Möglichkeiten gibt es jedoch viele weitere Abstufungen, so dass jedem Teammitglied mehr oder weniger Selbstbestimmung zugestanden werden kann. Wie viel und an wen delegiert wird, sollte die Führungskraft situativ entscheiden.
Dazu gibt es zwei bekannte Methoden, die angewendet werden können.

Delegation Poker

Delegation Poker ist eine spielerische Methode zur Delegation von Aufgaben und Verantwortlichkeiten in einem Projektteam. Bei diesem Spiel treffen sich die Beteiligten, um zu entscheiden, ob und in welchem Umfang eine Verteilung sinnvoll ist. Jeder Mitspieler erhält sieben Karten mit unterschiedlichen Delegationsgraden (z. B. von "Ich entscheide allein" bis "Ich übergebe die volle Verantwortung“) und wählt die Karte aus, die seine Meinung über die Verantwortung für eine bestimmte Aufgabe am besten ausdrückt und legt sie verdeckt auf den Tisch. Anschließend werden die Karten im Team verglichen und diskutiert. Ziel der Methode ist es, eine gemeinsame Vorstellung davon zu entwickeln, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist und wie viel Entscheidungsbefugnis auf welche Personen übertragen wird.

Personal Kanban

Personal Kanban ist eine Methode, die die Eisenhower-Matrix optimiert. Die vier Quadranten (hohe Wichtigkeit / Dringlichkeit und nicht wichtig / dringlich) werden beibehalten. Der Unterschied zwischen den beiden Methoden liegt in der Zuordnung der Verantwortlichkeiten zu den einzelnen Quadranten.
Während nach Eisenhower die Führungskräfte für die wichtigen und dringenden Tätigkeiten zuständig sind, sollte dieser Quadrant nach Personal Kanban nicht befüllt werden, da es sich um einen Notfall handelt. Sollte also ein Notfall eintreten, werden diese Aufgaben an zuverlässige Mitarbeitende delegiert.
Wichtige, aber nicht dringende Aufgaben sollten von den fähigsten Mitarbeitenden erledigt werden, da es sich in der Regel um qualitätsrelevante Aufgaben handelt, deren Gesamtmenge durch die Fähigkeiten der Mitarbeitenden reduziert werden kann.
Die Führungskräfte selbst kümmern sich um die unwichtigen Aufgaben - nicht um sie abzuarbeiten, sondern um nach Potenzialen zu suchen und im Idealfall die Produktivität zu steigern.

Vertrauen statt Kontrollverlust

Vertrauen spielt eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Delegation von Aufgaben, denn nur auf dieser Basis kann eine Aufteilung stattfinden. So wird eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem Projektmanager und seinen Mitarbeitenden ermöglicht. Wenn Vertrauen vorhanden ist, kann die Projektleitung ihren Mitarbeitenden mehr Verantwortung übertragen, weil sie weiß, dass diese in der Lage sind, die Aufgaben zu bewältigen. Aber wie kann Vertrauen aufgebaut werden? Eine Möglichkeit besteht darin, durch klare und offene Kommunikation eine positive Beziehung zu diesen aufzubauen. Die Projektleitung sollte transparent sein und sie in Entscheidungen, die sie betreffen, einbeziehen. Eine klare Kommunikation von Erwartungen und Zielen, aber auch von Kritik und Feedback ist ebenfalls sehr wichtig. Wenn der Projektmanager seinen Mitarbeitenden das Gefühl gibt, dass ihre Meinung und ihre Arbeit geschätzt werden, wird das Vertrauen gestärkt.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Delegation nicht gleichbedeutend mit Kontrollverlust ist. Der Projektmanager sollte Vertrauen in seine Mitarbeitenden haben, aber auch sicherstellen, dass er den Überblick über die Aufgaben behält und eingreifen kann, wenn etwas schiefläuft. Dies kann durch regelmäßige Updates, Feedbackgespräche und ein offenes Ohr für Fragen und Bedenken der Mitarbeitenden geschehen. Es muss sichergestellt werden, dass diese keine Hemmungen haben, sich bei Problemen an den Projektmanager zu wenden und bei Bedarf um Unterstützung zu bitten.
Eine Überwachung ist jedoch nicht erforderlich. Wenn der Projektmanager seine Mitarbeitenden sorgfältig ausgewählt und ihnen klare Erwartungen und Ziele kommuniziert hat, werden sie in der Lage sein, ihre Aufgaben selbständig zu erledigen und den Projektmanager nur bei Bedarf zu informieren. Eine zu strenge Kontrolle kann das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeitenden untergraben.

Fazit

Delegation spielt eine entscheidende Rolle im Projektmanagement. Es ist nicht immer erforderlich, dass der Projektmanager jede einzelne Aufgabe alleine erledigt, die auf seinem Schreibtisch landet. Indem die Aufgaben anhand unterschiedlicher Methoden klassifiziert werden, kann festgestellt werden, welche Aufgaben an andere Mitarbeitende delegiert werden können. Auf diese Weise kann der Projektmanager entlastet werden und sich ausschließlich auf die Aufgaben konzentrieren, bei denen er wirklich gebraucht wird. Gleichzeitig können die Mitarbeitende Aufgaben übernehmen, die ihren Fähigkeiten entsprechen und sie sogar weiterentwickeln, da sie auch herausfordernde und förderliche Aufgaben übertragen bekommen. Somit profitieren beide Seiten von der Delegation im Projektmanagement.

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Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Delegation, Leadership, Tipps

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