Kanban: Rationalisierung der Arbeitsabläufe für bessere Ergebnisse

Wenn ein Team an einem neuen Projekt arbeitet, ist es wichtig, eine effiziente Methode zur Organisation der Aufgaben zu haben, damit jeder weiß, wer wann an welcher Aufgabe arbeitet. Kanban bietet hier eine optimale Lösung, da es einen klaren Überblick über alle Aufgaben auf einen Blick ermöglicht. In diesem Artikel wird erklärt, was Kanban ist, welche Vorteile es bietet und wie es erfolgreich in einem Unternehmen eingeführt werden kann.
Viele verschiedenfarbige Post-Its liegen auf einem Tisch.

Inhalt

Was ist Kanban?

Bei Kanban geht es vor allem um die Steuerung des Produktionsablaufs. Die Arbeit wird visualisiert, indem die zu erledigenden Aufgaben auf sogenannte Kanban-Karten geschrieben und anschließend auf einem Kanban-Board angeordnet und visualisiert werden. Durch die Visualisierung des Prozesses soll die Verteilung der Arbeit über mehrere Teams optimiert und komplexe Projekte gesteuert werden. Engpässe sollen vermieden werden, da sofort ersichtlich ist, ob sich bei der Bearbeitung der einzelnen Aufgaben ein Stau bildet. Ist dies der Fall, werden die Vorgänge durch ein so genanntes Work-in-Progress Limit begrenzt.
Die Methode berücksichtigt zwei Ebenen: Zum einen die Teamebene und zum anderen die Portfolioebene. Auf der Teamebene geht es darum, ein besseres Verständnis für den Arbeitsprozess zu schaffen, die Organisation und Steuerung der Arbeit zu erleichtern und so den Überblick zu behalten. Auf der Portfolioebene werden die strategischen Ziele auf einer separaten Tafel festgehalten, so dass genau ersichtlich ist, was begonnen und was bereits abgeschlossen wurde und somit der Überblick über die einzelnen Projekte nicht verloren geht. 
Generell soll mit Kanban Arbeit vermieden werden, die keinen Mehrwert für das Produkt bringt. Es geht darum, die Mitarbeitenden nicht zu überlasten und Unregelmäßigkeiten im Prozess aufzudecken. Das Ziel ist ein möglichst reibungsloser Arbeitsablauf. Dazu gehört auch die Vermeidung von Überproduktion, denn diese bindet Lagerplatz und Kapital, das anderweitig eingesetzt werden könnte.
Kanban arbeitet dazu mit vier Prinzipien und sechs Praktiken. Auf die Praktiken wird später näher eingegangen.
 
Prinzip 1: Beginnen Sie mit dem, was Sie gegenwärtig tun.

Kanban kann als Ergänzung und Unterstützung zu bestehenden Prozessen dienen und so Probleme aufzeigen, die vorher nicht sichtbar waren und verbessert werden können. Dazu ist es jedoch notwendig, die bestehenden Prozesse zu verstehen, um sie sinnvoll ergänzen zu können.
 
Prinzip 2: Verpflichtung zur inkrementellen und evolutionären Veränderung.

Sobald ein neuer Prozess in den Arbeitsablauf eingeführt wird, kann es zu Widerständen kommen, da Neuerungen nicht immer positiv aufgenommen werden. Daher ist es ratsam, Veränderungen in möglichst kleinen Schritten einzuführen, was mit Kanban besonders gut möglich ist. Denn hier können zunächst nur wenige Spalten auf der Tafel verwendet werden, die nach und nach erweitert werden können.
 
Prinzip 3: Respektieren der bestehenden Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten.

Bei der Einführung sollten nicht alle Strukturen auf den Kopf gestellt werden, sondern es sollte eine Anpassung an die bestehenden Strukturen erfolgen.
 
Prinzip 4: Ermutigung, um auf allen Ebenen der Organisation Führung zu übernehmen.

Veränderungen können nicht allein durch das Management herbeigeführt werden, sondern erfordern die Zusammenarbeit des gesamten Unternehmens bzw. Teams. Daher sollten alle an der Verbesserung der Arbeitsweise mitarbeiten und auch ansprechen, wenn etwas nicht so läuft, wie es eigentlich sollte.

Wie sich Kanban von traditionellen Projektmanagementansätzen unterscheidet

Einer der Hauptunterschiede besteht darin, dass Kanban nur ein Board ist, auf dem die einzelnen Arbeitsschritte dargestellt werden, während die traditionellen Projektmanagementansätze eine feste Struktur haben. Dabei wird ein Projekt von Anfang bis Ende geplant, ohne dass während dieser Zeit Anpassungen vorgenommen werden. Erst wenn das Projekt zur Auslieferung bereit ist, werden Anpassungen vorgenommen. Mit Kanban hingegen können jederzeit neue Aufgaben hinzugefügt werden, insbesondere wenn neue Informationen vorliegen oder sich die Prioritäten ändern. Kanban kann auch als Ergänzung eingesetzt werden, da es die Aufgaben gut organisiert. Dies ist bei der traditionellen Methode nicht der Fall.

Kanban einführen

Die Einführung von Kanban sollte in kleinen Schritten erfolgen. Dies ist für die unterschiedlichsten Projektarten möglich, da Kanban sehr gut an das Projekt angepasst werden kann. Das System ist offen gestaltet und hat keine festen Regeln.
Zu Beginn wird eine Tafel benötigt, die aus wenigen Spalten bestehen kann und nach und nach erweitert werden kann. Kleinere Teams können so ihre Effektivität steigern, da sie die Aufgaben übersichtlich finden. Aber auch für Einzelpersonen und größere Teams ist Kanban von Vorteil. Gerade bei größeren Teams kann man klein anfangen, damit sich alle an den Ablauf gewöhnen und das Board nach und nach den Bedürfnissen angepasst wird.

Einrichten des Arbeitsablaufs

Zunächst beginnt man mit einem leeren Board. Jede Spalte auf dem Board steht für eine andere Arbeitsphase und kann je nach Team oder Projekt unterschiedlich sein. Die Kanban-Karte, die sich in der jeweiligen Spalte befindet, ist die visuelle Darstellung der Aufgabe. Sie enthält Informationen zu jeder Aufgabe, z. B. Beschreibung, Dauer, Priorität oder verantwortliche Person. Auf der Rückseite können Informationen notiert werden, die für den Prozessablauf wichtig erscheinen.
Die Aufgaben auf den Kanban-Karten können als User Stories, Feature oder Use Case bezeichnet werden. Bei User Stories steht die Frage im Vordergrund, wer was tut, um das Ziel zu erreichen. Das Feature stellt ein Leistungsmerkmal, z. B. eine Funktion dar und der Use Case bildet den Anwendungsfall ab. 
Zunächst kann mit dem Backlog begonnen werden, der alle Tasks enthält. Sobald die Tasks ausgearbeitet sind, können sie in die nächste Spalte verschoben werden, die "Ready" heißen kann. Dort können sie dann von den einzelnen Teammitgliedern übernommen und in die Spalte Work-in-Progress verschoben werden. Wenn das Team schon eine Weile zusammenarbeitet und mit Kanban vertraut ist, kann diese Spalte weiter unterteilt werden, z. B. in Entwicklung, Testphase oder Bereitstellung. Es kann auch eine Spalte für Aufgaben erstellt werden, die pausiert werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn man auf Feedback wartet oder Rücksprache halten muss. Aufgaben, die abgeschlossen sind, werden in die letzte Spalte verschoben.
Wichtig ist, dass jede Aufgabe alle Spalten durchläuft, damit kein Schritt vergessen wird. Bei Scrum ist es sinnvoll, für jeden Sprint ein neues Board anzulegen, wobei das Backlog übernommen werden kann.

Flight Level

Die sogenannten Flight Levels dienen zur Orientierung, wo Kanban zuerst eingesetzt werden kann, sind also als Unterstützung gedacht und helfen zu organisieren, was wo getan werden kann, um das Ziel zu erreichen. Begonnen wird auf der untersten Ebene, wo es um einzelne Teams geht, die ihre tägliche Arbeit organisieren wollen. Dies kann zum Beispiel ein cross-funktionales Team in Scrum sein. Auf der nächsten Ebene geht es um die Koordination und Interaktion zwischen den Teams. Ziel ist es, die Arbeit so zu verteilen, dass keine unnötigen Wartezeiten oder Engpässe entstehen.
Auf der letzten Ebene geht es darum, das System so anzupassen, dass ein Mehrwert entsteht und die Zusammenarbeit der Teams optimiert wird. Dabei steht das Gesamtergebnis und nicht nur das einzelne Projekt im Vordergrund, um möglichst große Arbeitseinheiten zu schaffen, die eine gute Positionierung am Markt ermöglichen.

Bewährte Praktiken für den effektiven Einsatz von Kanban

Kanban verfolgt sechs Praktiken, welche helfen sollen, den Prozess zu unterstützen. 

Praktik 1: Arbeitsabläufe visualisieren

Dazu dient das Board mit seinen Spalten und Karten, wobei jede Spalte einen Arbeitsschritt und jede Karte ein Arbeitselement darstellt. Das Board selbst repräsentiert den aktuellen Stand des Projekts. 

Praktik 2: Laufende Arbeiten einschränken

Es sollte festgelegt werden, wie viele Aufgaben maximal gleichzeitig bearbeitet werden können. Dies wird auch als Work-in-Progress Limit bezeichnet. Gleichzeitig wird bei Kanban mit dem Pull-System gearbeitet. Man zieht erst dann eine neue Karte in die Spalte zur Bearbeitung, wenn zuvor eine andere Karte abgearbeitet wurde. Diese Arbeitsweise vermeidet Multitasking, das sonst den Arbeitsfluss stören würde, da zu viele Dinge gleichzeitig zu Engpässen führen könnten.

Praktik 3: Aufgabenlast verwalten

Jede Karte sollte immer alle Spalten durchlaufen, um sicherzustellen, dass der Prozess reibungslos abläuft und Mehrwert geschaffen wird.

Praktik 4: Prozessrichtlinien explizit machen

Das bedeutet, dass der Prozess genau definiert und allen Teammitgliedern bekannt sein muss.  

Praktik 5: Feedback-Schleifen implementieren

Um Feedback zu erhalten, müssen zwei Gruppen unterschieden werden: die Kunden und das Team. Das Kundenfeedback sollte sich auf die Qualität des Produkts beziehen, wie effektiv waren die Lösungen für Probleme, die auftraten, war das Produkt gut und gab es Probleme während des Prozesses, die nicht angegangen wurden? 
Das Team sollte auch Feedback zum Prozess geben, ob sie sich etwas anders gewünscht hätten und wie sie den Output empfinden. Hierfür können Kanban-Meetings genutzt werden.

Praktik 6: Gemeinschaftlich verbessern und empirisch weiterentwickeln

Dieser Punkt geht Hand in Hand mit dem vorherigen. Denn durch das Feedback sollte es eine gemeinsame Umsetzung von Veränderungen geben, die auf einer empirischen Methode basiert. Darüber hinaus sollte, bevor eine Karte von „WiP“ nach „Erledigt“ verschoben wird, definiert werden, wann eine Aufgabe als erledigt gilt.

Häufige Herausforderungen und wie man sie überwindet

Eine Herausforderung besteht darin, Prioritäten zu setzen. Die wichtigsten Aufgaben stehen oben, die Aufgaben mit der geringsten Priorität unten. Dazu kann eine sogenannte Swimmlane verwendet werden, die die einzelnen Aufgaben optisch voneinander trennt. Zusätzlich können Farben verwendet werden, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. 
Oder man verwendet die so genannten Classes of Service, die ebenfalls die Aufgaben so klassifizieren, dass man weiß, welche zuerst bearbeitet werden sollten. Bei der Einstufung werden die Kosten berücksichtigt, die entstehen, wenn die Aufgaben nicht erledigt werden. In der Spalte "Beschleunigt" stehen die Aufgaben, die hohe Kosten verursachen würden und daher sehr wichtig sind. Dies wäre z. B. der Fall, wenn eine Website nicht verfügbar wäre. In diesem Fall können auch die Work-in-Progress Limits überschritten werden. Es sollte im Vorfeld geklärt werden, wie das Unternehmen reagieren soll, wenn eines der in dieser Spalte aufgeführten Ereignisse eintritt. Sollen alle Mitarbeiter abgezogen werden oder nur einige?
Da Probleme während des Prozesses schneller entdeckt werden, muss das Team so organisiert sein, dass es Probleme lösen kann und diese nicht auf der Strecke bleiben. Probleme werden vor allem dann entdeckt, wenn Engpässe auftreten. Sie können vermieden werden, indem Grenzen für die laufende Arbeit gesetzt werden. Auf diese Weise gibt es nicht zu viele Aufgaben in einer Spalte und das Team kann sie nach und nach abarbeiten. 
Wiederkehrende Aufgaben müssen immer wieder neu in die Pinnwand eingetragen werden, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Stattdessen kann eine Software verwendet werden, die automatisch eine Karte erstellt, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, um Zeit zu sparen.

Messung des Erfolgs der Kanban Implementierung

Zwei Möglichkeiten zur Messung des Erfolgs sind die Lead Time und die Cycle Time. 
Die Lead Time misst die Zeit vom Bekanntwerden der Aufgabe bis zu ihrer Erledigung. Die Cycle Time misst die Zeit vom Beginn bis zum Abschluss einer Aufgabe. 
Zur Visualisierung wird das Cumulative Flow Diagramm verwendet, das darstellt, wie viele Aufgaben sich an einem Tag in welchem Bearbeitungsstatus befanden. Durch die Betrachtung von Lead Time und Cycle Time kann dann festgestellt werden, wie viele Aufgaben erledigt wurden und wie effektiv gearbeitet wurde. 
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Kundenzufriedenheit. Denn auch an ihr lässt sich ablesen, wie erfolgreich Kanban bei der Umsetzung hilft. Denn die Bedürfnisse und Erwartungen sollen umgesetzt werden und müssen daher immer im Board vertreten sein. Das Kundenfeedback hilft anschließend bei der Bewertung.

Die Vorteile der Kanban Methode

Das Kanban-Board macht die Arbeit für alle sichtbar, so dass jeder das Ziel vor Augen hat. Das bedeutet auch, dass Tracking- und Produktionsdaten zur Verfügung stehen, anhand derer die Effizienz eines Projekts beurteilt werden kann. Durch den gemeinsamen Zugriff auf das Board kann nach Abschluss einer Aufgabe sofort die nächste in Angriff genommen werden, wodurch Doppelarbeit vermieden wird. Dies ist besonders hilfreich, wenn das Team auf Distanz arbeitet. Denn so muss nicht erst abgesprochen werden, wer was macht. 
Außerdem ist der Workflow sehr flexibel, da man sich besser an Veränderungen anpassen kann. 
Wenn Engpässe entstehen, weil sich Aufgaben auf dem Board stapeln, kann schnell gegengesteuert und so ein kontinuierlicher Service ermöglicht werden. Dies sorgt auch für eine hohe Kundenzufriedenheit, da der Prozess optimiert wird und nur Produkte hergestellt werden, die auch tatsächlich benötigt werden. 
Sobald neue Informationen zu einem Projekt vorliegen, können diese schnell in das Board integriert werden, da die Prioritäten schnell angepasst werden können.

Fazit: Rationalisierung des Arbeitsablaufs für bessere Ergebnisse mit der Kanban Methode

Kanban ist eine sinnvolle Methode, um einzelne Arbeitsabläufe nach Bearbeitungsstand und Priorität zu organisieren. So können verschiedene große Teams zusammenarbeiten und sehen, wer wo was macht. Dies hilft auch bei der Koordination untereinander, so dass die Arbeitsabläufe reibungsloser funktionieren. Der Vorteil ist, dass Kanban mit anderen Projektmanagementmethoden und -frameworks kombiniert werden kann, um das Beste aus jeder Methode herauszuholen.

Kanban - Das Logo der IAPM.
Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Kanban

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