Wie Rückschläge zu persönlichem Wachstum führen können

In unserer Leistungsgesellschaft gilt Scheitern oft als Makel, als Zeichen von Schwäche oder Versagen. Wer sich jedoch intensiver mit der eigenen Projektgeschichte oder beruflichen Entwicklung auseinandersetzt, erkennt schnell: Rückschläge sind keine Sackgassen. Im Gegenteil, sie bieten die Chance zur Selbstreflexion, stärken unsere Resilienz und legen oft den Grundstein für nachhaltigen persönlichen und beruflichen Erfolg.
Holzbuchstaben bilden die Wörter „PERSONAL GROWTH“ auf einem dunklen Holzhintergrund mit verstreuten Buchstaben.

Inhalt

Scheitern ist kein Ende, sondern ein Anfang

Viele erfolgreiche Persönlichkeiten haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind mehrfach gescheitert, bevor sie ihre größten Erfolge feiern konnten. Für sie bedeutete ein Rückschlag nicht das Ende, sondern einen wichtigen Wendepunkt – eine Einladung zum Lernen, zur Weiterentwicklung und zur Neuausrichtung.
Ein eindrucksvolles Beispiel ist Walt Disney, der zu Beginn seiner Karriere von einer Zeitung entlassen wurde – mit der Begründung, er habe „keine kreativen Ideen“. Seine ersten Unternehmungen gingen bankrott. Doch statt aufzugeben, gründete er ein neues Studio, schuf Mickey Mouse und später Disneyland. Beides ist heute ein Synonym für Kreativität und unternehmerischen Mut. Auch Steve Jobs wurde aus dem von ihm mitbegründeten Unternehmen Apple entlassen. Doch Jobs nutzte diese Phase, um Neues zu schaffen. Er gründete NeXT, investierte in Pixar und kehrte später zu Apple zurück, um das Unternehmen revolutionär zu transformieren: iMac, iPod und iPhone – all das kam nach dem Scheitern. Ein weiteres Paradebeispiel für Ausdauer ist Thomas Edison. Auf dem Weg zur Erfindung der Glühbirne soll er angeblich über tausend Mal gescheitert sein. Seine berühmte Aussage dazu: „Ich bin nicht gescheitert. Ich habe nur 1.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.“ Diese Haltung zeigt, dass Rückschläge nicht das Gegenteil von Erfolg sind, sondern ein Teil davon.
Auch in Projekten zwingen uns Rückschläge dazu, innezuhalten, unsere Strategien zu überdenken und unsere Komfortzone zu verlassen. Scheitern bedeutet nicht nur, ein Ziel nicht erreicht zu haben. Es ist immer auch ein persönliches Erlebnis, das individuell von Emotionen wie Enttäuschung, Frust oder Selbstzweifel geprägt sein kann. Gerade deshalb ist es wichtig, dass in Teams und Organisationen offen über Misserfolge gesprochen werden kann. Denn nur durch Offenheit entsteht eine Kultur, in der Fehler nicht versteckt, sondern als Lernchance verstanden werden – und in der echtes Wachstum möglich ist.

Warum klassische „Lessons Learned“ oft nicht reichen

„Lessons Learned“-Workshops sind in vielen Organisationen Standard. Oftmals erschöpft man sich jedoch darin, Ergebnisse zu dokumentieren. Eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem „Wie“ und „Warum“ bleibt dabei oft aus. Dabei liegt gerade in dieser Reflexion das größte Potenzial. Reflektieren bedeutet mehr, als eine Checkliste abzuarbeiten. Es geht darum, die eigenen Gedanken, Emotionen und Entscheidungen bewusst zu hinterfragen. Welche Gefühle kamen während des Projekts auf? Frust, Enttäuschung, Scham, aber vielleicht auch Stolz oder Erleichterung? Und wie haben sie unser Handeln beeinflusst? Nur wenn auch dieser emotionale Anteil berücksichtigt wird, können wir ein echtes Verständnis dafür entwickeln, was passiert ist und wie wir es künftig besser machen können. Anstatt nach Schuldigen zu suchen, sollten Ursachen analysiert und Lösungen entwickelt werden. So entsteht nicht nur persönliches Wachstum, sondern auch eine Kultur, die Innovation und Zusammenarbeit fördert.

Wie man aus Rückschlägen wächst

Auch wenn ein Projekt scheitert, bedeutet das nicht, dass alles auf Null gesetzt wird. Das Team bleibt in der Regel ähnlich und die gemeinsamen Erfahrungen kann niemand nehmen. Um jedoch einen echten Neustart zu ermöglichen, braucht es mehr als nur neue Ziele.

1. Scheitern akzeptieren

Der erste Schritt zur Veränderung ist die Akzeptanz: Scheitern gehört zum Lernprozess dazu. Das gilt sowohl für erfahrene Projektmanager als auch für neue Führungskräfte, die ein laufendes oder gescheitertes Projekt übernehmen. Wichtig ist, mit einer konstruktiven Haltung an die Vergangenheit heranzugehen, ohne sich in Schuldzuweisungen zu verlieren.
Wer dem Vorgänger die „Schuld“ gibt oder die Fehler einzelner Teammitglieder betont, fördert kein Vertrauen, sondern lähmt die Motivation. Viel sinnvoller ist es, sich gemeinsam von der Vergangenheit zu lösen, um mit frischer Energie in die Zukunft zu starten.

2. Tief reflektieren

Echte Veränderung beginnt mit ehrlicher Reflexion. Was lief gut? Was hätte besser laufen können? Wo lagen die Stolpersteine und was kann man daraus lernen? Ein offener Austausch im Team, möglichst ohne Hierarchiedruck, hilft dabei, die Erfahrungen differenziert zu betrachten. Dabei kann es hilfreich sein, etwas zeitlichen Abstand zum Scheitern zu gewinnen. Emotionen wie Enttäuschung oder Wut sollten Raum bekommen, damit sie einem konstruktiven Rückblick nicht mehr im Weg stehen.
Ein anschauliches Bild: Das Projekt ist das Schiff und Sie als Projektmanager sind der Kapitän. In der Krise ist es Ihre Aufgabe, das Steuer zu übernehmen, Ruhe zu bewahren und das Team sicher durch den Sturm zu navigieren. Diese Haltung der inneren Führung ist entscheidend für die gemeinsame Entwicklung.

3. Feedback einholen

Reflexion ist gut, Feedback ist besser. Denn oft sehen andere Dinge, die einem selbst nicht auffallen. Dabei ist es wichtig, verschiedene Perspektiven einzuholen, von Teammitgliedern, Stakeholdern oder auch externen Beratern.
In schwierigen Phasen wirkt positives, wertschätzendes Feedback besonders kraftvoll. Es erinnert daran, dass nicht alles schlecht war und die eigene Arbeit gesehen und geschätzt wird. Gleichzeitig sollte Feedback auch konstruktiv sein. Wo gibt es Potenzial? Was kann besser gelöst werden? Ein guter Mix aus Rückblick und Ausblick gibt Orientierung und Motivation für den nächsten Schritt.

4. Resilienz stärken

Resilienz, also die Fähigkeit, Rückschläge zu verkraften und gestärkt daraus hervorzugehen, ist keine angeborene Eigenschaft, sondern eine erlernbare Kompetenz. Sie wird vor allem dann gestärkt, wenn Herausforderungen gemeinsam gemeistert, Fehler offen angesprochen und Verantwortung nicht gescheut wird.
Ein resilientes Team zeichnet sich dadurch aus, dass es auch unter Druck zusammenhält und flexibel auf Veränderungen reagieren kann. Dabei ist der Projektmanager als Vorbild gefragt: Wer selbst reflektiert, empathisch führt und lösungsorientiert bleibt, gibt Sicherheit und fördert Vertrauen. Zudem ist es wichtig, dass der Projektmanager die Stärken und Schwächen des Teams kennt, um jede Person richtig einsetzen zu können.

5. Ziele anpassen

Nach einem Rückschlag ist es oft notwendig, die eigenen Ziele neu zu definieren – realistischer, konkreter und an die aktuelle Situation angepasst. Wichtig dabei ist, dass die Ziele nicht nur „machbar“, sondern auch inspirierend sind. Besonders effektiv sind sogenannte integrative Ziele, die sowohl die individuellen Stärken des Teams einbinden als auch gemeinsame Lösungswege fördern. Wer selbstbestimmt handelt und die Ziele mitgestalten kann, ist motivierter und identifiziert sich stärker mit dem Projekt.

6. Nach vorne schauen

Jeder Rückschlag enthält die Möglichkeit eines Neuanfangs. Die Erfahrungen, so schmerzhaft sie auch gewesen sein mögen, sind wertvoll. Sie liefern nicht nur Erkenntnisse, sondern auch die nötige Reife, um neue Herausforderungen mit mehr Klarheit und innerer Stärke anzugehen. Mut entsteht nicht allein durch Erfolg, sondern auch durch den richtigen Umgang mit Misserfolg. Wer gelernt hat, dass Scheitern kein Versagen ist, sondern Teil des Wachstums, blickt mit mehr Gelassenheit in die Zukunft.

Fazit

Scheitern ist keine Niederlage, sondern ein natürlicher Bestandteil jeder Entwicklung. Es fordert uns heraus, unsere Komfortzone zu verlassen, alte Muster zu hinterfragen und neue Perspektiven einzunehmen. Die Erfahrungen, die wir in gescheiterten Projekten machen, können uns menschlich und fachlich enorm voranbringen. Wenn wir lernen, Scheitern nicht zu verstecken, sondern es als Sprungbrett zu nutzen, verändern wir nicht nur unsere eigene Haltung, sondern schaffen auch eine Kultur, in der persönliches und gemeinschaftliches Wachstum möglich wird.

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Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, persönliches Wachstum

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