Projektmanagement als Gewinnhebel: Methoden, die sich wirtschaftlich auszahlen

In einem dynamischen und wettbewerbsintensiven Marktumfeld ist Projektmanagement weit mehr als eine Methode zur Umsetzung von Aufgaben – es ist ein strategisches Steuerungsinstrument, das über Erfolg oder Misserfolg ganzer Unternehmen mitentscheiden kann. Projekte sind Vehikel für Innovation, digitale Transformation, Effizienzsteigerung und Wachstum. Doch in der Praxis geraten Unternehmen häufig in eine paradoxe Situation: Trotz wachsender Projektlandschaften bleiben echte wirtschaftliche Effekte aus.
Projektarbeit kostet Zeit, bindet Ressourcen und erzeugt Komplexität. Wenn jedoch zu viele Projekte parallel gestartet werden, ohne deren strategischen Beitrag zu reflektieren, entsteht das Gegenteil von Wirkung: Ineffizienz, Überlastung und Stagnation. Daher braucht es ein neues Verständnis von Projektmanagement – als wirtschaftlich fokussierten Gewinnhebel, nicht als reine Aufgabenumsetzung.
Fünf Personen stehen vor einer Glaswand mit Haftnotizen, eine Person zeichnet ein Diagramm darauf.

Inhalt

Transparenz schaffen: Wo stehen wir wirklich?

Viele Unternehmen starten mit Projektmanagement-Initiativen, ohne vorher zu klären, wie die aktuelle Lage aussieht. Dabei ist genau das der zentrale Ausgangspunkt: Wo stehen wir? Was ist wirklich wichtig? Welche Projekte leisten welchen Beitrag zur Wertschöpfung?
Transparenz bedeutet, Klarheit über laufende Vorhaben, Ressourceneinsatz und erwarteten Nutzen zu schaffen. Doch in der Realität herrschen häufig Intransparenz und operative Hektik: Listen mit unkoordinierten Projektideen, überlappende Themen, knappe Ressourcen, fehlende Projektziele.
Was fehlt, ist eine konsolidierte Projektübersicht mit folgenden Kernelementen:
 
  • Anzahl und Status aller Projekte (laufend, geplant, pausiert).
  • Zielklarheit: Welches Projekt zahlt auf welches Unternehmensziel ein?
  • Wirtschaftlicher Nutzen: Welchen Mehrwert erzeugt das Projekt? In welchem Zeitraum?
  • Ressourcenübersicht: Welche Rollen sind wie stark gebunden? Welche Engpässe zeichnen sich ab?
  • Risikoindikatoren: Wo gibt es Verzögerungen, Abhängigkeiten oder Überlastungen?
Ein wirkungsvolles Mittel ist ein zentrales Projektportfolio-Board, idealerweise digitalisiert, das regelmäßig aktualisiert und gemeinsam mit den verantwortlichen Führungskräften reflektiert wird.
Erst durch diese Transparenz wird ersichtlich, welche Projekte echten strategischen Beitrag leisten und welche lediglich operative Beschäftigung erzeugen. Projekte werden damit vergleichbar – und steuerbar.

Das Unternehmen als System betrachten: Profitabilität entsteht im Zusammenspiel

Viele Optimierungsansätze im Projektmanagement bleiben auf der Einzelebene stehen: bessere Planung, mehr Kontrolle, schnellere Tools. Doch damit wird meist nur das Symptom behandelt, nicht die Ursache der Ineffizienz. Der entscheidende Hebel liegt tiefer: im Verständnis des Unternehmens als System.
Ein Unternehmen ist ein komplexes Gefüge, in dem Prozesse, Projekte, Menschen, Systeme und Entscheidungen miteinander verwoben sind. Projekte sind keine isolierten Inseln, sondern Teil eines Netzwerks mit Rückkopplungen und Zielkonflikten. Wenn etwa dieselbe Schlüsselressource gleichzeitig in vier Projekten gebraucht wird, entsteht zwangsläufig ein Bottleneck (Engpass) – unabhängig von der Qualität der einzelnen Projektplanung.
Systemisches Projektmanagement betrachtet:
 
  • Kapazitätsverflechtungen zwischen Linienarbeit und Projektarbeit,
  • Prioritätskonflikte in Zielhierarchien (z. B. Umsatzwachstum vs. Kostenreduktion),
  • Interdependenzen zwischen Projekten (z. B. technische Abhängigkeiten),
  • Einflussfaktoren außerhalb des Projektteams (z. B. Strategieänderungen, Marktveränderungen, externe Stakeholder).
Die zentrale Erkenntnis: Wirtschaftlichkeit entsteht nicht durch die Optimierung einzelner Projekte, sondern durch die Steuerung des Zusammenspiels. Wer also systemisch denkt, priorisiert nicht nach Projekttitel oder politischem Druck, sondern nach Wirkung im Gesamtkontext.

Den Hauptengpass identifizieren: Wo limitiert das System den Gewinn?

Jedes System hat eine Stelle, die seine Leistungsfähigkeit begrenzt – den Hauptengpass. Nur wenn dieser erkannt und aktiv gesteuert wird, kann das Gesamtsystem wirtschaftlich optimiert werden. In Unternehmen ist der Engpass selten eine Maschine oder Software, sondern meist eine kritische Ressource oder Entscheidungsebene.
Beispiele:
 
  • Eine stark überlastete IT-Abteilung, die neue Vorhaben nicht zeitgerecht umsetzen kann,
  • Produktmanager, die gleichzeitig Innovationen entwickeln und laufende Produkte betreuen,
  • Fachbereiche, die Projekte verzögern, weil sie vorrangig im Tagesgeschäft gefangen sind,
  • Führungskräfte, die keine klaren Priorisierungen treffen und Projekte ungebremst freigeben.
Typische Symptome eines verdeckten Engpasses:
  
  • Projekte „bleiben liegen“, obwohl sie als priorisiert gelten,
  • Es entstehen lange Wartezeiten zwischen Projektphasen,
  • Entscheidungen dauern – oder werden rückgängig gemacht,
  • Ressourcen sind in mehreren Projekten gleichzeitig zu 120 % „verplant“.
Den Engpass zu erkennen erfordert eine kritische Analyse der Wertschöpfungskette im Projektgeschehen: Wo entstehen regelmäßig Verzögerungen? Welche Abteilung bremst ungewollt? Welche Rolle ist immer überlastet?
Erst durch das Bewusstmachen des Engpasses wird gezielte Steuerung möglich – und damit ein echter Hebel für mehr Wirtschaftlichkeit aktiviert.

Den Hauptengpass fokussiert entlasten: Mit Hebelwirkung auf Gewinn

Nachdem der Hauptengpass identifiziert ist, geht es darum, ihn gezielt zu entlasten und bestmöglich einzusetzen. Diese Engpassfokussierung ist das Herzstück wirtschaftlich wirksamen Projektmanagements. Denn: Nur dort, wo das System limitiert ist, lohnt sich Optimierung wirklich.
 
  • Statt das gesamte System zu übersteuern, wird nun klar priorisiert:
  • Welche Projekte dürfen durch den Engpass laufen?
  • Welche Aufgaben können an andere Stellen delegiert werden?
  • Wie können Prozesse so gestaltet werden, dass der Engpass durchgängig arbeiten kann?
Praxisansätze:
 
  • Einrichtung eines Projekt-Freigabeprozesses, der nur Projekte mit nachweisbarem wirtschaftlichem Beitrag zulässt,
  • Einführung eines WIP-Limits (Work-in-Progress) für Engpass-Ressourcen,
  • Strukturierung der Arbeitsweise nach dem Pull-Prinzip: Der Engpass „zieht“ die nächsten Aufgaben, sobald Kapazität frei ist – statt von außen überladen zu werden,
  • Training oder Toolunterstützung für Engpass-Rollen zur Effizienzsteigerung.
Die Wirkung ist messbar: Kürzere Projektlaufzeiten, geringere Kosten, schnellere Time-to-Value. Vor allem aber: Projekte, die wirklich wichtig sind, kommen schneller zur Wirkung – und erzeugen gezielt wirtschaftlichen Gewinn.

Kontinuierliche Verbesserung: Profitabilität als iteratives Ziel

Die Steuerung nach dem Engpass ist kein einmaliges Projekt, sondern ein lernendes System. Wirtschaftlichkeit im Projektmanagement ist kein statischer Zustand, sondern ein fortlaufender Optimierungsprozess. Voraussetzung ist eine Organisation, die bereit ist, sich regelmäßig zu hinterfragen und anzupassen.
Zentrale Elemente:
 
  • Regelmäßige Retrospektiven auf Portfolioebene: Was hat funktioniert? Welche Entscheidungen waren wirtschaftlich sinnvoll? Wo wurden Ressourcen gebunden, ohne Ertrag zu erzielen?
  • Aufbau eines Kennzahlensystems, das nicht nur Aufwand misst, sondern Wirkung:
    • Projekt-Durchlaufzeit
    • ROI pro Projekt
    • Kapazitätsauslastung kritischer Rollen
    • Nutzenrealisierung (Time-to-Value)
  • Entwicklung der Führungsebene: Vom Projektpaten zum Portfolio-Gestalter – mit Fokus auf Wirkung, nicht auf persönliche Interessen.
  • Förderung einer Fehler- und Lernkultur, in der Projekte nicht nach Planungsgenauigkeit, sondern nach geschaffener Wirkung beurteilt werden.
So wird Wirtschaftlichkeit Teil der Projekt-DNA – nicht als Kontrollinstrument, sondern als gemeinsames Ziel.

Fazit: Wirtschaftlich wirksames Projektmanagement – mit System und Haltung

Effektives Projektmanagement beginnt nicht mit Tools oder Methoden, sondern mit einer klaren Haltung: Wir wollen mit Projekten gezielt Wirkung erzeugen – für Kunden, für Mitarbeitende und für das Unternehmen. Projekte sind keine Selbstzweckveranstaltungen. Sie sind Investitionen in Wertschöpfung – und müssen auch so gesteuert werden.
Wirtschaftlich wirksames Projektmanagement entsteht, wenn fünf zentrale Prinzipien konsequent umgesetzt werden:
 
  • Transparenz schaffen: Überblick gewinnen, Klarheit über Prioritäten und Ressourcen erzeugen.
  • Das Unternehmen als System betrachten: Projekte im Zusammenspiel aller Bereiche verstehen und steuern.
  • Den Hauptengpass identifizieren: Den Ort finden, an dem das System den Durchsatz limitiert.
  • Den Hauptengpass fokussiert entlasten: Ressourcen gezielt steuern, um maximale Wirkung zu entfalten.
  • Kontinuierliche Verbesserung: Lernen, anpassen und mit jedem Projekt wirtschaftlicher werden.
Wer diesen Ansatz verinnerlicht, kann mit demselben Ressourceneinsatz deutlich mehr Wirkung erzielen. Und genau das ist die neue Messlatte für Projektmanagement: Wirtschaftlichkeit durch Wirkung – mit System und Fokus.

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Projektmanagement als Gewinnhebel - der Autor
Autor: Dieter Zibert ist erfahrener Projektmanagement-Experte, Buchautor und Unternehmensberater. Mit seiner langjährigen Praxis unterstützt er Unternehmen dabei, Projekte effizienter zu planen, zu steuern und profitabler umzusetzen.
Er zeigt auf, wie professionelles Projektmanagement – insbesondere im Kontext eines funktionierenden Multiprojektmanagements nicht nur effizient, sondern auch gewinnbringend umgesetzt werden kann.
Schlagworte: Projektmanagement

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