Problemtypen im Projektmanagement

Projekte sind komplexe Vorhaben und beinhalten eine Vielzahl von unterschiedlich gearteten Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Wenn die herkömmlichen Vorgehensweisen zu keiner Lösung führen, wird der Einsatz von Problemlösungsmethoden unerlässlich. Erfolgreiches Problemlösen erfordert Kreativität, analytische Fähigkeiten und den Willen zur Umsetzung. Doch selbst wenn der Projektmanager auf die Lösungskompetenz und die Mithilfe seines Projektteams setzt, kann mit dem Einsatz von Problemlösungsmethoden nicht immer eine Lösung garantiert werden. Projektmanager müssen sich dennoch intensiv mit Problemlösungsmethoden beschäftigen, helfen sie doch, dass in Kombination mit engagierter Arbeit und Beharrlichkeit, zumindest die Chance verbessert wird, zu einer Antwort zu kommen.
Viele Puzzlestücke.

Inhalt

Problemarten

Eigentlich gibt es nur zwei Problemarten, Sach- und Wertprobleme. Als dritte Problemart werden häufig Beziehungsprobleme genannt, doch diese fallen streng genommen unter die Wertprobleme. 
Bei Sachproblemen müssen wirtschaftliche, technische oder organisatorische Verhältnisse verändert werden. Für die Lösung spielen Zahlen, Daten und Fakten (z. B. technische Leistungsdaten, wirtschaftliche Kennzahlen) eine wichtige Rolle. Emotionalität und Gefühle sollten bei Sachproblemen keinen Einfluss nehmen.
Bei Wertproblemen ist das zwischenmenschliche Element der Faktor, den es zu verbessern oder zu klären gilt. Der emotionale Aspekt dominiert in diesem Fall und darf nicht ausgeblendet werden. Probleme, die aus religiösen Ausrichtungen, weltanschaulichen Sichtweisen oder kulturellen Unterschieden resultieren, gehören zu dieser Problemart. Es ist unmöglich objektiv von einem Standpunkt aus abzuleiten, dass andere Sichtweisen unzulässig sind. Eine objektive und allgemeingültige Bewertung bzw. Beweisführung ist nicht möglich und deshalb können Wertprobleme nicht durch rationale Argumente und Verhaltensweisen gelöst werden. Aber man kann Ursachenforschung betreiben, um darauf aufbauend nach Lösungsansätzen zu suchen, die für die Beteiligten trotz ihrer emotionalen Befangenheit akzeptabel sein könnten.
Wertprobleme sind häufig nur eingeschränkt lösbar, denn die Konfliktbeteiligten müssen hinreichenden Spielraum zur gegenseitigen Toleranz einbringen. Wenn das nicht gegeben oder gewollt ist, kann die Partei, die kompromisswilliger ist, nur durch Verletzung ihres eigenen Wertesystems den Konflikt vermeiden. Die Konsequenz, die gut durchdacht sein sollte, wäre die Unterwerfung unter die Sichtweise der anderen Konfliktpartei.
Für die Problemlösung sind neben der Ursachenforschung die Antworten auf folgende Fragen hilfreich:
 
  • Was geschieht, wenn das Wertproblem bestehen bleiben sollte?
  • Wie weit können und wollen beide Seiten einander tolerieren?
  • Wo liegt die „Schmerzgrenze“ für die jeweilige Konfliktpartei?
  • Welche Gestaltungsmöglichkeiten können beide Konfliktparteien akzeptieren?

Problemkategorien

Damit Probleme besser verstanden und effektiver angegangen werden können, kann eine weitere Einteilung in verschiedene Problemkategorien hilfreich sein.
 
Bei Analyseproblemen geht es darum Strukturen, Zusammenhängen und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. 

Aus der Welt des Projektmanagements

Ein Projektteam muss während der Projektplanung einen komplexen Projektstrukturplan erstellen, hierbei müssen sie die Strukturen und Zusammenhänge des Projekts erkennen.
 
Bei Suchproblemen geht es darum, bereits existierende Problemlösungen aufzufinden.

Aus der Welt des Projektmanagements

Für eine zu entwickelnde Anlage wird ein bestimmtes technisches Aggregat gesucht, das bestimmte Anforderungen erfüllt und auf dem freien Markt käuflich zu erwerben ist.
 
Bei Konstellationsproblemen sind vorhandene Elemente so zu konfigurieren bzw. umzustellen, dass die Entwicklung neuer, kreativer Lösungen für die Aufgabe möglich wird.

Aus der Welt des Projektmanagements

Eine Agentur muss für einen Kunden aus bereits bestehenden Werbeelementen ein neues Werbekonzept entwickeln.
 
Bei Auswahlproblemen geht es darum, aus mehreren Möglichkeiten, die beste Alternative zu ermitteln, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. 

Aus der Welt des Projektmanagements

Für das Projekt gibt es unterschiedliche Möglichkeiten das Ziel zu erreichen. Jede Variante bietet gewisse Vor- und Nachteile, nun muss sich das Team abwägen und entscheiden welche Variante gewählt werden soll.
 
Erwachsen aus der Lösung eines Problems neue Probleme, spricht man von Folgeproblemen.

Aus der Welt des Projektmanagements

Um ein im Rahmen eines Organisationsprojekts erarbeitetes Produktionskonzept umsetzen zu können, muss als Folge daraus ein neuer „Rund-um-die-Uhr“-Einsatzplan für die betroffenen Beschäftigten entwickelt werden. Dabei sind bisher nicht einbezogene, tariflich fixierte Arbeitszeit-, Urlaubs- und Überstundenregelungen zu beachten. 

Strukturierte und schlecht strukturierte Probleme

Probleme können „strukturiert“ oder „schlecht strukturiert“ sein. 

Strukturierte Probleme sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
 
  • Alle Problemelemente sind vollständig bekannt.
  • Die Problemelemente stehen in einer klaren, gesetzmäßigen Beziehung zueinander.
  • Der Lösungsprozess ist sicher, zwingend, systematisch und logisch. 
Aus der Welt des Projektmanagements

Ein Projektteam soll die unter technischen Gesichtspunkten ideale Produktionsmenge für ein neues Produkt bestimmen.
 
Im Gegensatz dazu weisen schlecht strukturierte Probleme die folgenden Eigenschaften auf:
 
  • Nicht alle Problemelemente sind bekannt.
  • Es gibt wenig oder keine erkennbaren Gesetzmäßigkeiten.
  • Die Suche nach Lösungen erfolgt eher ungerichtet, intuitiv und zufällig. 
Aus der Welt des Projektmanagements

Für eine Festveranstaltung anlässlich eines Firmenjubiläums sollen Programmpunkte und Inhalte entwickelt werden.
 
Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil die Herangehensweise und die Lösungsstrategien je nach Problemstruktur variieren können. Strukturierte Probleme erfordern eher eine klare analytische Methode, während schlecht strukturierte Probleme mehr auf kreatives Denken und eine flexible Herangehensweise setzen können.

Hindernisse bei der Problemlösung

Hindernisse bei der Problemlösung können entstehen, wenn die Projektbeteiligten das Problem nicht erkennen, nicht vollständig verstehen oder falsch interpretieren. Auch eine oberflächliche Analyse oder unterschiedliche Wahrnehmungen des Problems im Team können die Lösungsfindung erschweren. Entscheidend ist, dass der erste Schritt zur Lösung darin besteht, das Problem gründlich zu verstehen. Denn nur wer das Problem wirklich erfasst hat, kann es auch erfolgreich angehen.
Jedes Teammitglied, das sich mit dem Problem beschäftigt, sollte eine klare Vorstellung davon haben, worum es genau geht. Dabei können W-Fragen und grafische Darstellungen wie z. B. Organigramme, Flussdiagramme, Ursache-Wirkungs-Diagramme helfen, das Problem greifbarer zu machen.
 
Diese Fragen bei auftretenden Problemen zu stellen, kann dabei besonders hilfreich sein:
 
  • Was genau ist der Kern des Problems?
  • Kann es in Teilprobleme zerlegt werden, und wenn ja, in welche und in wie viele?
  • Welche Personen oder Bereiche sind von dem Problem betroffen?
  • Wie wirkt sich das Problem gegenwärtig aus und wie könnte es sich in Zukunft auswirken?
  • Seit wann besteht das Problem?
  • Welche Lösungsansätze gab es bisher?
  • Warum waren diese nicht erfolgreich?
  • Welche Folgen hat es, wenn das Problem nicht gelöst wird?
  • Welche Schritte sind notwendig, um das Problem zu lösen? 
Zusätzlich zu der Beantwortung dieser Fragen, kann es sinnvoll sein, problematische Abläufe visuell darzustellen. 

Aus der Welt des Projektmanagements

Ein immer wiederkehrendes Problem einer Agentur bei der Gestaltung von Infobroschüren ist, dass die Layouter aufgrund von Verzögerungen in den vorgelagerten Arbeitsphasen ständig zu spät mit der Arbeit beginnen. Um den Engpass zu identifizieren, hat der Projektmanager den Ablauf in einem Flussdiagramm grafisch dargestellt:
Ablaufdiagramm zur Problemerfassung bei der Produktion einer Infobroschüre.
Bei mangelhafter Qualität der Texte erfordert dies eine zusätzliche Bearbeitungsschleife – Text zurück an Texter und wieder an die Redaktion. Die damit verbundenen zusätzlichen Arbeitsschritte verzögern den gesamten Prozess und führen dazu, dass die Broschüren nicht rechtzeitig ins Layout und schließlich auch nicht in den Druck gelangen.
 
Lösungsmöglichkeit 1

Das Redaktionsteam arbeitet zweistufig. In Stufe eins wird der Text zügig auf inhaltliche Richtigkeit geprüft und in Stufe zwei wird tiefgehender die Qualität des Textes beurteilt. Auf diese Weise könnten unnötige Bearbeitungsschleifen vermieden und die Broschüren rechtzeitig fertiggestellt werden, außerdem können Schulungsbedarfe bei den Textern erkannt und behoben werden. 
 
Lösungsmöglichkeit 2

Das Redaktionsteam wird innerhalb der Agentur verstärkt, um sicherzustellen, dass die Texte von Anfang an qualitativ hochwertig und gut vorbereitet sind, so dass die Layouter ihre Arbeit reibungslos und ohne Verzögerungen aufnehmen können. 
Damit könnte die Agentur ihre Arbeitsabläufe optimieren und die rechtzeitige Fertigstellung der Broschüren gewährleisten.

Fazit

Im Alltag treten Problemtypen häufig in Mischformen auf - auch bei einer zunächst als klares Sachproblem identifizierten Herausforderung können weitere Aspekte involviert sein. Die Ursachenforschung ist daher bei allen Problemtypen der erste Schritt. Zum besseren Verständnis und zur Strukturierung kann der Projektmanager die Probleme kategorisieren. Damit gewinnt er die Möglichkeit, gerne auch gemeinsam mit seinem Team, Lösungsansätze zu entwickeln, Hindernisse zu erkennen und aus verschiedenen Alternativen eine Auswahl zu treffen. Wenn dann noch etwas Glück dazukommt, ist das Problem gelöst.

Probleme im Projektmanagement - Ein Bild vom Autor
Autor: Dr. Roland Ottmann
Schlagworte: Projektmanagement, Problemlösung

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