Problemlösungsprozesse: Strukturierte Wege zur effektiven Lösungsfindung

Welcher Projektmanager hat so etwas noch nicht erlebt? In einer Besprechung schildert ein Mitglied des Projektteams ein Problem, das bereits im Kollegenkreis diskutiert wurde. Leider ohne Erfolg und ohne greifbares Ergebnis. Was kann ein Projektmanager tun, um gemeinsam mit dem Projektteam und eventuell weiteren hinzugezogenen Experten eine Lösung für das Problem zu finden? Welche Wege kann der Projektmanager gehen, um die Lösungskompetenz seines Teams zu erhöhen? Zunächst muss der Projektmanager dazu ermutigen, Probleme offen anzusprechen, die aktive Auseinandersetzung mit dem Problem fördern und dann das Team in die Verantwortung nehmen, die gefundene Lösung auch umzusetzen bzw. anzuwenden.
Ein Aussichtspunkt auf einer Klippe.

Inhalt

Sequenzielle Phasenmodelle

Sequenzielle Phasenmodelle stellen einen strukturierten Ansatz für den Problemlösungsprozess dar. Sie bestehen aus mehreren aufeinander folgenden Phasen, in denen jeweils ein Teilaspekt der Problemlösung behandelt wird. Sobald eine Phase abgeschlossen ist, folgt die nächste in der vorgegebenen Reihenfolge. Innerhalb der Phasen haben die Projektteams die Freiheit, ihre Vorgehensweise individuell anzupassen, um den spezifischen Anforderungen des Problems gerecht zu werden. Dieser Ansatz eignet sich besonders für Gruppenprozesse, da er klare Schritte und eine strukturierte Arbeitsweise bietet.
 
Die Phasen eines sequenziellen Phasenmodells können je nach Kontext variieren. Grundsätzlich könnte ein Phasenmodell aus vier Phasen bestehen, die jeweils mit einem überprüfbaren Ergebnis abgeschlossen werden:
 
  • Phase der Problemidentifikation, mit dem Ergebnis: Problem ist benannt.
  • Phase der Problemanalyse, mit dem Ergebnis: Ist-Situation ist beschrieben.
  • Phase der Lösungsentwicklung, mit den Ergebnissen: Ziel ist bestimmt, Soll-Zustand ist beschrieben, Lösungsalternativen sind erarbeitet, bewertet und priorisiert, Maßnahmenplan zur Umsetzung der favorisierten Lösungsalternative (mit Terminen, Verantwortlichkeiten, erforderlichen Hilfsmitteln) ist erstellt.
  • Phase der Lösungsimplementierung, mit den Ergebnissen: Maßnahmen sind umgesetzt und Ergebnisse sind bewertet.

Problemlösungszyklus

Einer der bekanntesten Problemlösungszyklen ist der PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act), der nach dem US-amerikanischen Physiker W. Edwards Deming, auch Deming-Zyklus genannt wird. Er stellt eine wiederkehrende Abfolge von Aktivitäten dar. Im Gegensatz zu sequenziellen Phasenmodellen, die linear und einmalig durchlaufen werden, arbeitet der Problemlösungszyklus kontinuierlich in den vier Schritten „Plan - Do - Check - Act“. Dieser iterative Ansatz ermöglicht es dem Team, sich mit jedem Durchlauf der endgültigen Problemlösung schrittweise zu nähern.
Der Zyklus beginnt mit dem Planungsprozess, in dem das Team das Problem identifiziert, Ziele festlegt und einen Lösungsansatz entwickelt. Darauf folgt die Umsetzung, bei der die geplanten Maßnahmen zur Lösung des Problems durchgeführt werden. Nach der Umsetzung folgt die Überprüfung, bei der das Team die Ergebnisse und Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen analysiert und mit den zuvor festgelegten Zielen vergleicht. Basierend auf den Ergebnissen der Überprüfung wird im letzten Schritt, dem Handeln, entschieden, ob weitere Anpassungen oder Verbesserungen notwendig sind, um den Problemlösungsprozess weiter voranzutreiben und um sich einer endgültigen Lösung weiter anzunähern.
Der Problemlösungszyklus zeichnet sich durch seinen iterativen Charakter aus, wobei jeder Durchgang auf den Ergebnissen des vorhergehenden aufbaut. Jeder Schritt bietet die Möglichkeit, Erkenntnisse zu gewinnen und den Lösungsansatz kontinuierlich zu optimieren. Dadurch kann das Team einen lernorientierten Ansatz verfolgen und sukzessive effektivere Lösungen entwickeln.
Der Problemlösungszyklus eignet sich als flexibler Ansatz besonders für komplexe und sich entwickelnde Probleme, bei denen die Lösungsfindung nicht durch einen einmaligen linearen Prozess abgeschlossen werden kann. Durch die wiederholte Durchführung des Zyklus nähert sich das Team kontinuierlich der gewünschten Problemlösung an und hat die Möglichkeit, den Prozess flexibel an neue Erkenntnisse und Anforderungen anzupassen.

Formularbasierte Systeme

Formularbasierte Systeme sind eine geeignete Methode zur Bearbeitung von Problemen, bei denen der Problemlösungsprozess von einer Person durchgeführt werden kann. Sie bieten einen strukturierten und formalisierten Ansatz durch die Verwendung verschiedener Formulare, die den gesamten Problemlösungsprozess von der Situationsanalyse über die Problemanalyse bis hin zur Entscheidungsfindung dokumentieren. Durch die Verwendung dieser Formulare wird der Problemlösungsprozess klar strukturiert und ermöglicht es dem Einzelnen, den nächsten Schritt praktisch automatisch zu erkennen. Sie stellen also sicher, dass relevante Informationen gesammelt und dokumentiert werden, und ermöglichen es somit dem Einzelnen, den Überblick über den Fortschritt und die Ergebnisse seiner Problemlösungsarbeit zu behalten.
Formularbasierte Systeme können eine effektive Möglichkeit sein, den Problemlösungsprozess zu organisieren und sicherzustellen, dass wichtige Aspekte und Schritte berücksichtigt werden. Die formalisierte Vorgehensweise ermöglicht eine systematische Dokumentation, die zur Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Lösungsprozesses beiträgt. Es ist jedoch zu beachten, dass formularbasierte Systeme nicht für alle Arten von Problemen und Projekten geeignet sind. Ihr Fokus liegt auf Struktur und Formalität und macht sie deshalb für kleinere Projekte zu bürokratisch und schwerfällig. Dennoch bieten formularbasierte Systeme klare Richtlinien und einen Leitfaden für die Problemlösung, was insbesondere in komplexen oder regulierten Umgebungen von Vorteil sein kann. 

Beispiele für Problemlösungsmethoden

Da jedes Problem einzigartig ist und eine individuelle Herangehensweise erfordert, ist es wichtig, über ein breites Repertoire an Methoden zu verfügen, um flexibel auf unterschiedliche Situationen reagieren zu können. Im Folgenden werden die beiden Problemlösungsmethoden „Ursache-Wirkungs-Diagramm“ und „Minimallösung“ näher vorgestellt.
 
Ursachen-Wirkungs-Diagramm

Das Ursache-Wirkungs-Diagramm, auch Fischgräten-Diagramm oder Ishikawa-Diagramm nach seinem Erfinder, dem japanischen Chemiker Kaoru Ishikawa genannt, ist eine ausgezeichnete Methode, um mögliche Ursachen eines Problems zu identifizieren. Es hilft dem Projektteam, das Problem in verschiedene, vordefinierte Einflussfaktoren zu zerlegen.
Die Vorgehensweise bei der Erstellung des Ursache-Wirkungs-Diagramms beinhaltet zunächst die möglichst genaue Beschreibung der Wirkung. Geht es um die Problemlösung, ist das vorliegende Problem die Wirkung, welches hinsichtlich Inhalt, Zeit, Ort und Umfang beschrieben wird. Die möglichen Ursachen werden dann in verschiedenen Feldern festgehalten, die z. B. nach der 5-M-Methode gruppiert werden können: Maschine, Methode, Material, Mensch und Mitwelt. Diese Kategorien werden entlang von Pfeilen aufgezeichnet, die das charakteristische Aussehen eines Fischgrätendiagramms ergeben. Anschließend ordnet das Team die möglichen Ursachen, die das Problem bewirken, den entsprechenden Kategorien zu. Durch gezieltes Nachfragen des Moderators können bisher vernachlässigte Kategorien oder einzelne Ursachen aufgedeckt werden. Durch wiederholtes Hinterfragen von Einzelursachen mit der Frage „Warum?“ können weitere Nebenursachen identifiziert werden.
Die Inhalte des Diagramms werden in Teamarbeit zusammengetragen. Zunächst sammelt das Team ganz allgemein, mögliche Ursachen für das Problem, unterstützt z. B. durch Anwendung von Kreativitätstechniken wie Brainstorming oder Brainwriting mittels der „Methode 635“ oder des „morphologischen Kastens“. Die Ursachen werden den 5-Ms zugewiesen und nach Bedarf in Haupt- und Nebenursachen weiter unterteilt. Anschließend werden die Ursachen bewertet, um Schwerpunkte zu identifizieren, die weiter untersucht, bzw. für die Lösung des Problems ausgewählt werden können. Durch die Teamarbeit bei der Erstellung des Ursachen-Wirkungs-Diagramms werden unterschiedliche Sichtweisen und Perspektiven auf das Problem miteinander verknüpft. Dabei konzentriert sich das Team ausschließlich auf das vorgegebene Problem und dessen Lösung, wodurch die individuellen Interessen der Teammitglieder in den Hintergrund treten.
Das Ursache-Wirkungs-Diagramm bietet eine visuelle und strukturierte Methode zur Identifizierung und Analyse von Ursachen. Es ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung des Problems und fördert die Zusammenarbeit und Kommunikation im Team durch die Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven. Durch die systematische Identifizierung der Ursachen können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um die Problemlösung effektiv voranzutreiben.
 
Minimallösung

Die Minimallösung bietet einen einfachen, aber systematischen Ansatz zur Problemlösung, insbesondere für diejenigen, die sich nicht mit umfassenderen Methoden befassen möchten oder schlichtweg keine Zeit dafür haben. Die Schritte der Minimallösung umfassen die Eingrenzung des Problems, die Festlegung der Anforderungen an die Lösung, die Suche nach möglichen Alternativen und die Untersuchung der Vor- und Nachteile der Lösungen.
Wenn die bevorzugte Lösung nicht funktioniert, besteht immer noch die Möglichkeit, zu einer Alternative überzugehen. In solchen Fällen kann das Projektteam eine Hierarchie anwenden, die an die individuellen Bedürfnisse angepasst wird. Dabei stellt sich die Frage: „Was wäre die ideale Lösung?“ und wenn diese nicht erreichbar ist: „Was ist die höchste Stufe, die wir unter den tatsächlichen Bedingungen erreichen können?“ Schließlich wird gefragt: „Was ist das Minimum, das wir mit unseren vorhandenen Ressourcen und Kräften erreichen können?“ Diese Hierarchie ermöglicht es, verschiedene Lösungsansätze zu betrachten und denjenigen auszuwählen, der den Anforderungen und Möglichkeiten am besten entspricht.
Die Minimallösung bietet einen pragmatischen Ansatz, um Probleme anzugehen und Lösungen zu finden. Sie ermöglicht es, mit begrenzten Ressourcen und Zeit effektiv voranzukommen und das Beste aus der Situation zu machen. Obwohl es sich um eine vereinfachte Methode handelt, kann sie zu recht guten Ergebnissen führen und als Ausgangspunkt für weitere Verbesserungen und Optimierungen dienen.

Fazit

Der Erfolg eines Projekts wird maßgeblich unterstützt, wenn der Prozess zur Lösung eines Problems effizient und strukturiert gestaltet ist. Durch eine klare Vorgehensweise und die Einbeziehung geeigneter Methoden und Techniken kann das Team eine systematische Herangehensweise verfolgen und die Chancen auf eine erfolgreiche Problemlösung erhöhen. Es ist wichtig, den Prozess flexibel zu gestalten und auf Veränderungen zu reagieren, während gleichzeitig eine klare Zielsetzung und ein effektives Projektmanagement aufrechterhalten werden.

Problemlösungsprozess - Ein Bild vom Autor
Autor: Dr. Roland Ottmann
Schlagworte: Projektmanagement, Problemlösungsprozess

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