Was ist der Opportunity Score?

Angenommen, ein Programmierer möchte eine Anwendung entwickeln und steht vor der Entscheidung: Soll er zwei separate Apps für verschiedene Betriebssysteme erstellen, was viel Zeit in Anspruch nimmt, oder soll er stattdessen mit Hilfe einer Software eine plattformübergreifende App entwickeln, die nur an wenigen Stellen für die verschiedenen Betriebssysteme angepasst werden muss, was Zeit spart? Aber existiert eine solche Software überhaupt und ist sie ausgereift genug? Wenn nicht, könnte dies eine vielversprechende Möglichkeit sein, ein innovatives Produkt zu schaffen, das den Bedürfnissen der App-Entwickler entspricht und die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens steigert. Allerdings stellt sich dann die Frage, ob es ratsam ist, sich direkt an die Umsetzung der Idee zu machen. Um solche unternehmerischen Entscheidungen besser treffen zu können, kann das Opportunity Scoring eingesetzt werden, das in diesem Artikel näher erläutert wird.
Ein Paar Bowlingschuhe auf einer Bowlingbahn.

Inhalt

Definition des Opportunity Scoring

Opportunity Scoring ist eine Methode, die dabei hilft, Funktionen zu finden, die die Nutzer zufrieden stellen, Marktchancen zu bewerten, Prioritäten zu setzen und Wettbewerbsanalysen durchzuführen. Es ist Teil des Opportunity-Driven Innovation ODI Frameworks. Dessen Grundidee ist, dass Kunden für die Erfüllung ihrer Aufgaben bezahlen. Mit anderen Worten: Wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung bei der Erfüllung einer Aufgabe hilft, sind Kunden bereit, dafür höhere Kosten in Kauf zu nehmen.
Um dies auf das Beispiel zu übertragen: Wenn es eine bessere Möglichkeit gibt, eine App mit einer plattformübergreifenden Software zu erstellen, die Zeit und andere Ressourcen spart, sind die Kunden, in diesem Fall die App-Entwickler, eher bereit, dafür zu bezahlen.
Diese Methode wird am besten in Verbindung mit dem "Jobs to be Done"-Modell verwendet, das der Gründer von ODI als "Jobs-As-Activities" beschreibt. Es wird davon ausgegangen, dass ein Kunde ein Produkt kauft, weil er damit arbeiten möchte. Folglich sollten sich die Bemühungen darauf konzentrieren, wie ein Kunde ein Produkt benutzt, um es zu verbessern.
Jobs to be Done ist daher eine innovative, kundenorientierte Denk- und Arbeitsweise. Innovation ist ein Prozess, bei dem Lösungen für unerfüllte Kundenbedürfnisse entwickelt werden, mit dem Ziel, ein Produkt zu schaffen, das sich auf dem Markt durchsetzt. Da die Kundenbedürfnisse immer im Mittelpunkt stehen, ist dieses Modell kundenzentriert. 
Der Job to be Done besteht jedoch nicht aus einer großen Aufgabe, sondern aus vielen kleinen, die zu einem Ergebnis führen. Denn wenn eine Anwendung entwickelt wird, entstehen viele kleine Aufgaben, die zu kleineren Ergebnissen und schließlich zum übergeordneten Ergebnis führen.
Und diese können mit Hilfe des Opportunity Scorings priorisiert werden.

Der Prozess des Opportunity Scoring

Der Job to be Done wird daher in kleinere Schritte mit einer Reihe von Ergebnissen, auch Outcome genannt, unterteilt.
Um bei unserem Beispiel der App-Entwicklung zu bleiben: Die Entwicklung einer App erfordert viele kleine Schritte, wie z. B. die Gestaltung der Benutzeroberfläche und das Schreiben des Programmcodes. Diese Schritte zielen darauf ab, bestimmte Outcomes zu erreichen. Beispielsweise zielt das Design darauf ab, die Benutzeroberfläche in einer hellen oder dunklen Version darzustellen, je nach den Vorlieben des Benutzers. Bei der Programmierung geht es darum, die Anwendung so zu gestalten, dass individuelle Einstellungen möglich sind.
Um den Opportunity Score für jedes Outcome zu berechnen, werden Daten vom Kunden gesammelt, in der Regel durch Interviews. In diesen Interviews werden zwei Aspekte abgefragt: die Wichtigkeit und die Zufriedenheit. Für die Wichtigkeit wird der Kunde gefragt, wie wichtig es für ihn ist, ein bestimmter Outcome zu erreichen, wenn der Job to be Done abgeschlossen ist. Bei der Zufriedenheit wird gefragt, wie zufrieden der Kunde mit der angewandten Strategie ist, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Beide Werte werden auf einer numerischen Skala von 1 bis 5 bewertet, wobei 1 den niedrigsten und 5 den höchsten Wert darstellt.

Berechnung des Opportunity Scores

Aus diesen Werten wird der prozentuale Anteil der Befragten sowohl für die Wichtigkeit als auch für die Zufriedenheit berechnet. Dabei sollten nur die Outcomes verwendet werden, die mit 4 oder 5, „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ beantwortet wurden. Diese Prozentsätze werden dann in die Formel für den Opportunity Score eingesetzt:
 
  • Opportunity Score = Wichtigkeit + (Wichtigkeit - Zufriedenheit)

Auswertung

Für die Bewertung ist die Verwendung eines Diagramms ideal. Es zeigt, wie gut die Kundenbedürfnisse mit den aktuellen Lösungen erfüllt werden, und ermöglicht die Festlegung einer prioritären Strategie.
Darstellung des Opportunity Score als Diagramm.
Ein Teil des Diagramms zeigt, dass es ein Überangebot (overserved) auf dem Markt gibt, was darauf schließen lässt, dass es keine Möglichkeit für Innovation gibt, außer ein billigeres Produkt auf den Markt zu bringen. Dieser Bereich ist in der linken oberen Ecke des Diagramms dargestellt. Bevor wir dies jedoch tun, sollten wir uns dem Bereich zuwenden, der zeigt, welche Bedürfnisse noch unterversorgt sind (underserved) und wo es noch viel Raum für Innovation gibt. Dieser Bereich ist rechts unten im Diagramm dargestellt. Im Beispiel wünscht sich der Kunde eine plattformübergreifende Software, die die oben genannten Kriterien erfüllt. Wenn diese von anderen Plattformen noch nicht erfüllt werden, hätte das Unternehmen hier eine Chance, den Kunden zu überzeugen. Es wäre also von Vorteil, in diesen Bereich zu investieren. 
Die Grafik zeigt aber auch die Bereiche, die als Grundbedürfnisse bezeichnet werden können. Diese werden bereits gut befriedigt (appropriately served), sind aber dennoch sehr wichtig, da sie erfüllt werden müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dieser Bereich befindet sich in der Mitte der Grafik.
So sieht man nicht nur, welche Aufgaben zu erledigen sind und welche nicht. Man kann auch zwei Produkte miteinander vergleichen. Denn manchmal steht man vor der Entscheidung, ob man Produkt X oder Y realisieren soll. Wenn man den Opportunity Score für beide Produkte berechnet, kann man sehen, welches Produkt mehr Erfolgspotenzial hat und somit die Kundenwünsche besser erfüllt.
Man kann also zusammenfassend sagen, dass das Opportunity Scoring aufzeigt, welche Funktionen, Aufgaben oder Ergebnisse besonders wichtig sind und auf die bei der Entwicklung oder Überarbeitung besonderes Augenmerk gelegt werden sollte. Dabei ist es besonders wichtig, sich immer vor Augen zu halten, dass es in erster Linie darum geht, die Ziele des Nutzers zu verfolgen, da man ihn zufrieden stellen will. Durch das Feedback kann die Entwicklung genau auf den Kunden zugeschnitten werden, was die kundenzentrierte Denkweise noch einmal unterstreicht.

Fazit

Die Anwendung des Opportunity Score erscheint komplex. Aber die Beschäftigung mit Opportunity-Driven Innovation und das Verstehen des Zusammenhangs mit dem Opportunity Score hilft einem Unternehmen, einen anderen Ansatz zu wählen und so besonders innovativ auf die Bedürfnisse des Nutzers und Kunden zu reagieren.  So kann der Projektmanager die Ressourcen richtig einsetzen, um die Zufriedenheit zu steigern, die Kundenbindung zu erhöhen und neue Nutzer zu gewinnen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen wird.

Opportunity Score - Das Logo der IAPM.
Autor: IAPM intern
Schlagworte: Projektmanagement, Opportunity Score

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