Daily Scrum: Weder Status-Meeting noch Ad-hoc-Besprechung

Eine Armbanduhr am Arm einer Person.
Im Scrum Guide ist das Daily Scrum wie folgt beschrieben: 

„Das Daily Scrum ist ein 15‐minütiges Event für die Developer:innen des Scrum Teams. Um die Komplexität zu reduzieren, wird es an jedem Arbeitstag des Sprints zur gleichen Zeit und am gleichen Ort abgehalten.“ 

Das Daily Scrum Meeting ist ein Treffen, bei dem die Developer zusammenkommen, um darüber zu sprechen, was sie seit dem letzten Treffen erreicht haben, was sie für heute geplant haben, und ob es irgendwelche Hindernisse oder Probleme gab. Während dieses Meetings kommen nur die Developer zu Wort. Falls es Impediments gab, dann hat der Scrum Master am Ende des Meetings eine Liste erstellt, mit den Punkten, um die er sich kümmern muss. Außerdem ist die Arbeit der Developer synchronisiert - jeder ist auf dem gleichen Stand wie sein Kollege und im Idealfall ist das gesamte Team dem Sprint Goal ein Stück näher als zuvor.
 
Häufig wird der Begriff Stand-up-Meeting synonym zu Daily Scrum verwendet. Doch es gibt einige Unterschiede. Im Stand-up-Meeting, das ursprünglich aus dem Extreme Programming stammt, tauschen sich nicht nur die Developer aus, sondern es können auch Kunden oder der Agile Coach aktiv einbezogen werden. Im Gegensatz zum Daily Scrum ist das Stand-up Meeting kein offizielles Scrum Event, es ist nicht im Scrum Guide beschrieben und nicht time-boxed. Dennoch sollte auch dieses Meeting kurzgehalten werden und nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen - die Tatsache, dass die Teilnehmer während dieses Meetings stehen sollen, hilft, es kurz zu halten.

Gut gemeint, aber schlecht umgesetzt

Viele Unternehmen wollen agiler werden und versuchen es mit Scrum - getreu dem Motto: Der Scrum Guide hat 19 Seiten, das lässt sich schnell umsetzen. Doch so einfach ist es nicht. Wie Sie sicher nicht zum ersten Mal lesen oder hören werden: Scrum ist ein Framework, das nicht einfach "implementiert" werden kann, das Mindset des Unternehmens und aller Beteiligten (Geschäftsführung, Management, Führungskräfte, Mitarbeiter) muss sich ändern. Es reicht nicht aus, einmal am Tag ein Daily Scrum abzuhalten, um sich dann auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Wir sind agil genug. Und obwohl das Daily Scrum im Scrum Guide verhältnismäßig detailliert beschrieben ist, gibt es immer noch einige Organisationen, in denen das Daily Scrum zu einer Art Statusmeeting verkommt. Aber das ist nicht der Sinn dieses Events: Die Developer müssen niemandem täglich Rechenschaft ablegen, sie tauschen sich mit ihren Kollegen aus, eventuell ergibt sich aus dem Daily Scrum weiterer Diskussionsbedarf, der in einem Vier- oder Sechs-Augen-Gespräch, außerhalb des Daily Scrums, vertieft werden kann.

Wie kommt man zum Daily Scrum, wie es sein sollte?

Wenn ein Daily Scrum zu einer verkappten Statusbesprechung wird, treten in der Regel zwei weitere Probleme auf:
  1. Es nehmen nicht nur die Developer teil, sondern auch andere Projektbeteiligte. Das bedeutet, dass es nicht mehr acht oder weniger Teilnehmer sind, sondern mehr Personen.
  2. Durch die steigende Teilnehmerzahl dauert die Sitzung nicht mehr 15 Minuten, sondern länger - die Timebox wird überschritten.
Dies wirkt sich nicht nur auf die Effizienz und Sinnhaftigkeit des Meetings aus, sondern kann auch ganz banale Folgen haben: Wenn eine Besprechung 15 Minuten dauert und acht Personen daran teilnehmen, dann sind das zwei Mitarbeiterstunden, die pro Tag für diese Besprechung aufgewendet werden. Dauert die Besprechung aber 45 Minuten und nehmen 16 Personen teil, sind das zwölf Mitarbeiterstunden - sechsmal so viel, wie nötig und sinnvoll gewesen wäre.

Wenn das Daily Scrum nicht so abgehalten wird, wie es sollte, dann ist der Scrum Master gefordert. Er ist dafür verantwortlich, dass das Scrum Framework umgesetzt, eingehalten und gelebt wird, und zwar in der Regel nicht nur auf Projektebene, sondern in der gesamten Organisation. Ebenso sollten sich die Developer an ihn wenden, wenn sie der Meinung sind, dass sich etwas im Projekt ändern muss.

Ad-hoc Besprechungen statt Daily Scrum?

Doch wieso ist das Daily Scrum überhaupt notwendig? Haben Sie und Ihr Team sich schon mal überlegt, das Daily Scrum einfach ausfallen zu lassen und stattdessen über Probleme zu sprechen, sobald sie auftreten? Tools wie Slack, Chat  oder Videokonferenztools verleiten dazu, das Daily Scrum ausfallen zu lassen, aber dies ist in der Regel keine gute Idee. Abgesehen davon, dass das Daily Scrum Meeting nicht nur stattfindet, um über Probleme und Hindernisse zu sprechen, sondern auch, um die Arbeiten zu synchronisieren, bringt es noch andere Vorteile mit sich.

Wenn Sie sich ad hoc nur mit den an Ihrem Problem beteiligten Kollegen beraten, haben Sie nicht die Möglichkeit, die Meinung anderer Kollegen zu hören - und vielleicht wäre genau diese Meinung für Ihre weitere Arbeit wichtig? Darüber hinaus bietet das Daily Scrum Meeting einen guten Start in den Tag: Jeder ist darüber informiert, was am heutigen Tag passieren wird. So wird niemand außenvorgelassen und alle können an einem Strang ziehen, um auf das Sprint Goal hinzuarbeiten.

Es kann aber auch ein Nachteil sein, dass das Daily Scrum nur einmal am Tag ist. Wenn plötzlich Probleme auftreten, die sofort behoben werden müssen, dann können sich die Beteiligten zusätzlich spontan treffen und darüber reden, oder sich, je nach Themenlage, an den Scrum Master wenden, was u. U. die bessere Entscheidung sein kann. Aber vergessen Sie nicht, dieses Problem am nächsten Tag trotzdem anzusprechen, um alle Developer upzudaten.

Und was spricht gegen zusätzliche Ad-hoc-Treffen? Im Grunde sind Sie und Ihr Team selbstorganisiert. Sie sollten selbst am besten wissen, ob Ad-hoc-Treffen zu Ihrem Team passen und ob alle davon profitieren. Ein großer Nachteil ist jedoch, dass jede spontane Besprechung Ihre Kollegen aus der Arbeit reißen kann, er verliert seinen Fokus oder kommt aus dem Flow. Vielleicht ist Ihr Kollege gerade mit dem Programmieren, Nachdenken oder Recherchieren beschäftigt, und jede Unterbrechung kann dazu beitragen, dass er länger braucht, um seinen aktuellen Arbeitsprozess abzuschließen. Am besten vereinbaren Sie mit Ihren Kollegen, wie Ad-hoc-Besprechungen aussehen könnten: Wenn z. B. alle Kollegen die Push-Benachrichtigungen ihres E-Mail-Programms ausgeschaltet haben, um ungestört arbeiten zu können, könnten Sie im Voraus eine E-Mail mit der Information verschicken, dass Sie Redebedarf haben - wenn Ihr Kollege antwortet, können Sie ihn aufsuchen, andernfalls nicht.
AutorIn: IAPM intern

Schlagworte: Projektmanagement, Tipp, Scrum

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