Belbin in Projektteams: Wie Verhaltensvielfalt die Teamleistung steigert

Erfolgreiches Projektmanagement ist komplex. Aber warum? Weil es zwei Elemente erfordert, die nur schwer miteinander in Einklang zu bringen sind: Struktur und Flexibilität.
Projekte brauchen Klarheit über Rollen, Erwartungen und Kommunikation. Sie sind aber auch Veränderungen unterworfen - sei es in Bezug auf den Umfang, die Ergebnisse, das Personal, den Markt oder viele andere Faktoren, auf die das Team keinen Einfluss hat.
Allzu oft konzentriert sich das Projektmanagement auf Aufgaben und Prozesse. Doch was passiert, wenn sich die Ziele (zwangsläufig) verschieben und die Prozesse überholt sind? Macht das Team dann mit irrelevanten Aufgaben weiter oder haben die Beteiligten die Flexibilität, sich an veränderte Umstände anzupassen?
Wie auch immer das Ergebnis ausfällt: Projekte sind nur so erfolgreich wie ihre Teams. Mit anderen Worten: Die Teammitglieder müssen sich über das Ziel des Teams im Klaren sein, ihren Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten und effektiv mit anderen zusammenarbeiten, wobei die Dynamik des Teams zu berücksichtigen ist.

Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist mit Hilfe von Belbin. Gemäß den Teamrollen von Belbin hat jeder von uns bevorzugte Beiträge zu einem Team, die auch als Arbeitsstile bezeichnet werden. Einige konzentrieren sich auf Ideen, andere auf Details. Einige setzen sich Ziele und arbeiten am besten innerhalb von Fristen, während andere sich die Zeit nehmen, Beziehungen und Moral aufzubauen. Die Liste ist endlos. Natürlich sind Menschen komplex. Jeder von uns hat mehrere bevorzugte Teamrollen, und diese Verhaltensweisen können auf interessante und unterschiedliche Weise zusammenwirken. Das Verständnis unserer Verhaltensstärken kann in jeder Phase eines Projekts hilfreich sein: Es schafft Rollenklarheit, unterstützt die Delegation, verbessert die Kommunikation und vieles mehr. Und weil Verhalten veränderbar ist, können wir unser Verhalten an unsere Umgebung anpassen.
Mit anderen Worten: Die Belbin-Methode bietet die Kombination aus Struktur und Flexibilität, die den Erfolg von Projektteams ausmacht.

Damit ein Projektteam effektiv arbeiten kann, ist es wichtig, dass bei der Zusammenstellung des Teams die Verhaltensstärken berücksichtigt werden. Häufig konzentrieren sich Einstellungsverfahren ausschließlich auf die "Eignung" (die für die Aufgabe erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen), während die "Befähigung" - die erforderlichen Verhaltensweisen - vernachlässigt wird.
Dr. Meredith Belbin fand in seiner ursprünglichen Untersuchung von Managementteams heraus, dass Fähigkeiten allein nicht ausreichen - die erfolgreichsten Teams hatten Zugang zu verschiedenen Stärken, die ihren Bedürfnissen in jeder Phase des Lebenszyklus entsprachen. 
Es ist leicht, sich die Auswirkungen in der Praxis vorzustellen: Stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Bewerber mit gleichen Qualifikationen und vergleichbarer Erfahrung. Der eine ist kreativ und denkt gerne über den Tellerrand hinaus. Der andere ist praktisch veranlagt und wird die Aufgabe effizient und genau nach Vorgabe erledigen. Welcher Kandidat passt besser zu dieser Aufgabe? Die Antwort hängt davon ab, was die Aufgabe erfordert und wie sie mit den Stärken der anderen Teammitglieder kombiniert werden kann.
 
Laut Gallup sind wir sechsmal engagierter, wenn wir unseren Stärken entsprechend arbeiten. Obwohl viele Unternehmen ein Kompetenzmodell verwenden, zeigt die Forschung, dass die Konzentration auf Schwächen sich negativ auf Engagement und Produktivität auswirkt und die Stärken schwächt, anstatt die Gesamtleistung zu steigern.
 
Belbin-Reports können verwendet werden, um die Verhaltensstärken einer Person zu identifizieren und - falls gewünscht - mit den Anforderungen einer Stelle zu vergleichen.
Auf diese Weise lässt sich auf einen Blick erkennen, inwieweit Person und Stelle zusammenpassen, so dass später keine kostspieligen Überraschungen wie "stille Kündigungen" oder hohe Fluktuation auftreten.

Flexibilität bedeutet nicht nur, dass die Teammitglieder in der Lage sind, effektiv auf Veränderungen zu reagieren, sondern auch, dass das Team selbst seine Form an das Umfeld anpasst. Untersuchungen zeigen, dass Teams mit größerer kognitiver Vielfalt - oder ausgeprägten und anerkannten Unterschieden in der Herangehensweise - Probleme schneller lösen. Das Verständnis der Belbin-Stärken in einem Projektteam fördert das Engagement, erleichtert effektive Delegation und Kommunikation und reduziert Frustration und Verschwendung.
Haben Sie schon einmal in einem Team gearbeitet, das nie über die Ideenphase hinausgekommen ist? Oder in einem Team, das isoliert arbeitete und wichtige Marktveränderungen vernachlässigte? In dem Entscheidungen zu langsam getroffen oder wichtige Details übersehen wurden? Wenn wir die Verhaltensstärken in einem Team verstehen, können wir planen, wann wir welches Teammitglied einbeziehen. Zum Beispiel sind kreative Neuerer und neugierige Wegbereiter gut darin, Ideen zu entwickeln, die der eher vorsichtige Beobachter überprüfen kann. Wenn Sie den Beobachter zu früh einbeziehen, wird er Ideen von vornherein ablehnen. Wenn Sie ihn zu spät einbeziehen, ist Ihr Produkt vielleicht schon in Produktion, bevor Sie merken, dass es nicht machbar ist.
Wenn Ihre Kreativabteilung in die Planungs- und Umsetzungsphase einbezogen wird (wenn Ihre Umsetzer in den Vordergrund treten), wird sie wahrscheinlich das Rad neu erfinden wollen, was zu unnötigen Verzögerungen und Frustration auf allen Seiten führt.
 
Das folgende Diagramm gibt einen Überblick darüber, wann die einzelnen Teamrollen innerhalb des Projektzeitplans sinnvoll sind. 

Es ist wichtig zu beachten, dass einige Teamrollenstärken jederzeit eingesetzt werden können (z. B. der Macher, der das Team motiviert, Ziele zu erreichen und Termine einzuhalten). Darüber hinaus haben Menschen, wie oben erwähnt, mehr als eine Teamrollenstärke. Mit anderen Worten, ein erfolgreiches Projektteam benötigt nicht unbedingt neun Personen, aber es sollte in jeder Phase über die erforderlichen Teamrollen verfügen.
In einigen Fällen ist ein bestimmter Beitrag möglicherweise nicht erforderlich. In der Tat wurde die spezialisierte Teamrolle in der ursprünglichen Forschung von Dr. Belbin nicht identifiziert, da die Übungen, die die Teams in den Experimenten durchführten, kein Spezialwissen erforderten. Erst später, als Belbin in der Industrie eingesetzt wurde, trat der Wert dieses Beitrags in den Vordergrund.

Es reicht nicht aus, die richtigen Leute zur richtigen Zeit zusammenzubringen und dann zu warten, bis die Magie wirkt.
Um die Vorteile der Verhaltensvielfalt mit Belbin nutzen zu können, muss jedes Teammitglied wissen, wann es seinen Beitrag leisten muss und wie es die Stärken der anderen bei Bedarf nutzen kann. Der Belbin-Teambericht fasst die individuellen Daten zusammen, um einem Projektteam eine Vorstellung davon zu vermitteln, wo seine Stärken liegen und welche Lücken oder Überschneidungen bei den Beiträgen zu Herausforderungen führen könnten. Mit diesen Informationen kann das Team die Sprache der Belbin-Teamrollen verwenden, um die Arbeit effektiv zu verteilen, Mitglieder für Unterteams auszuwählen und produktivere Besprechungen zu gewährleisten. In der Praxis könnte dies bedeuten, dass jemand ankündigt, wann er eine bestimmte Rolle übernehmen wird ("Ich werde in diesem Meeting der Designer sein"), oder dass erkannt wird, wenn jemand aus seiner Rolle fällt, und die notwendigen Anpassungen vorgenommen werden.
Wenn Schwierigkeiten auftreten, kann die Belbin-Sprache die Probleme entpersonalisieren. Anstatt jemanden dafür verantwortlich zu machen, dass ein Fehler durch das Netz gerutscht ist, kann sich das Team fragen, wer am besten die Rolle des Perfektionisten übernehmen kann.

Die Beachtung von Prozessen allein reicht nicht aus, um die Resilienz in einem VUCA-Umfeld zu fördern. Um ein wirklich leistungsfähiges Projektteam zu haben, müssen Manager von Anfang an Diversität in das Team integrieren, um ein breites Spektrum an Erfahrungen und Perspektiven zu gewährleisten. 
Bei der Zusammenstellung von Projektteams sollte auf die Stärken des Einzelnen und des Teams geachtet werden. Stärkenorientiertes Arbeiten führt zu größerem Engagement des Einzelnen und des Teams und reduziert Frustrationen und Enttäuschungen, die mit ineffektiven Arbeitspraktiken verbunden sind. Verhaltensstärken sollten von jedem Teammitglied erkannt und verstanden werden. Dies ermöglicht den Teammitgliedern den Aufbau starker Netzwerke für effektive Kommunikation, Zusammenarbeit und Wissensaustausch und hilft bei der Einarbeitung, Lückenanalyse und Nachfolgeplanung.
Um den größtmöglichen Nutzen aus einer Methode wie Belbin zu ziehen, sollte die Sprache der Stärken (und Schwächen) Teil des alltäglichen Vokabulars des Teams werden, um Arbeit zu delegieren, die Kommunikation zu fördern, Konflikte zu lösen und Erfolge zu feiern.