Missverständnisse erkennen, Projektkommunikation verbessern

Woher kommen Missverständnisse?
Ein Missverständnis ist im Grunde genommen das Gegenteil von Verständnis. Bei einem Missverständnis verstehen sich Absender und Empfänger einer Nachricht falsch oder gar nicht. Das kann schon bei einer ganz einfachen Frage beginnen.
Jemand fragt im Meeting: "Wo sind denn die Pläne von den Unterverteilern?" Der Verantwortliche für die Elektroinstallation hat aber diese Pläne noch nicht fertig gestellt und wartet noch auf eine Information vom Kunden. Er fühlt sich angegriffen und versteht die Frage als eine Kritik. Er antwortet: "Ich mache ja schon so schnell ich kann." Er ist verärgert. Auch der Fragesteller ist nun verärgert, einerseits weil er keine Antwort auf seine Frage erhalten hat und zweitens weil er die Frage nicht als Kritik verstanden wissen, sondern sich einfach nur nach den Plänen erkundigen wollte.
Das Vier-Seiten-Modell von Thun
Dazu muss man nun als verantwortlicher Projektmanager ein wenig über Kommunikation und auch Psychologie wissen. Interessant ist hier das Vier-Seiten-Modell des Psychologen Friedemann Schulz von Thun. Er hat ein Modell entwickelt, nachdem jede Kommunikation vier Seiten hat. Jede Aussage kann vom Absender in diesen vier Aspekten beeinflusst sein und vom Empfänger einer Nachricht auch über diese vier Aspekte aufgenommen werden. Es gibt also jede Menge Gelegenheiten, dass ein Missverständnis aufkommt.
Zunächst wäre da die Ebene des Sachinhaltes. Diese enthält die reinen Fakten und Informationen, die auf der Sachebene kommuniziert werden. Geht es in einem Gespräch für beide Beteiligten nur um fachlichen Informationsaustausch, kommt es zu wenigen Missverständnissen. Dann gibt es die Selbstoffenbarung, also eine Aussage, bei der der Absender etwas über sich selbst ausdrückt. Das können Wünsche oder Gefühle sein. Dann besteht die dritte Ebene in der Beziehung zwischen Sender und Empfänger einer Information. Auf der Beziehungsebene können Kritik oder Lob und Anerkennung ausgedrückt werden, sowohl durch die Worte, die fallen, als auch durch die Mimik und Gestik. Ein Augenrollen oder Stirnrunzeln kann einen sachlichen Satz ganz anders wirken lassen. Die vierte Ebene ist der Appell, wenn ein Sender einem Empfänger zu einer Aktion auffordert. Der Empfänger fühlt sich dann angesprochen und zum Handeln gezwungen.
Die Ebenen der Kommunikation deuten und lenken
Nun ist es im Projektmanagement wichtig, herauszufinden, welche Ebenen angestoßen werden und woher ein Missverständnis kommt. Bei vorherigem Beispiel mit den fehlenden Plänen müsste man versuchen, die verschiedenen Ebenen auseinander zu halten. Es wurde schlicht nach den Plänen gefragt. Diese Frage wurde vom Ersteller der Pläne als Kritik aufgefasst. Als Projektmanager ist es nun die Aufgabe, die vier Ebenen in Einklang zu bringen und vor allem den Fokus wieder auf die Sachebene, das reine Vermitteln von Informationen, zu lenken. In den meisten Fällen kann ein sofortiges klärendes Gespräch viel zur Lösung beitragen und dazu, solche Probleme zu verhindern. Wer schon die vier Kommunikationsebenen im Kopf hat und weiß, dass alle Informationen auf diesen vier Ebenen ausgesendet und verstanden werden können, kann besser reagieren.
Wichtig ist es vor allem zu verstehen, wie der Empfänger sachliche Informationen aufgrund von persönlichen oder beruflichen Beziehungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit falsch verstehen oder in einem gewissen Kontext anders als nur auf der Sachebene verstehen kann.
Oft kommt es vor, dass zwei Empfänger dieselbe Information hören, aber etwas komplett anders verstehen oder aufnehmen. Im Projektmanagement ist es, wie überall im Leben, leichter, die Kommunikation zu steuern, wenn man alle Beteiligten und ihre Beziehung zueinander kennt. Eine schriftliche sachliche Wiederholung von Fakten kann in vielen Fällen helfen, alle Emotionen bei Seite zu lassen und nur Fakten zu kommunizieren. Dies geht gut in Form eines Besprechungsberichtes. Um es zu vermeiden, dass jemandem Informationen "in den falschen Hals" geraten, ist es vor allem für den Projektmanager wichtig, sich selbst immer möglichst fachlich korrekt und wertfrei auszudrücken, damit die anderen Beteiligten gar nicht erst in Versuchung geraten, bestimmte Informationen persönlich zu nehmen oder auf der Beziehungsebene zu verarbeiten. Offenheit und Ehrlichkeit sind neben fachlicher Kompetenz die beiden wichtigsten Aspekte in der Projektkommunikation.
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