Agile Transformation und ihre Irrwege

Auf der Webplattform Führung-erfahren.de hat sich Marcus Raitner Gedanken um die agile Transformation gemacht und sich dabei auf die Irrwege konzentriert, die in den verschiedenen Bereichen agiler Transformation beschritten werden. So vieles wird seiner Meinung nach als agile Transformation beschrieben und benannt, was letztendlich jedoch etwas ganz anderes ist. Als Beispiel nennt er einen Mythos, der in den Chefetagen weit verbreitet ist und der besagt, dass sich durch den Umstieg auf Agilität die Leistung aller Mitarbeiter um ein Vielfaches steigern lasse. Agilität ist kein Kraftfutter und kein Wundermittel. Wie bei allen neuen Phänomenen übertreiben die Verfechter oft ein wenig und viele Führungskräfte und Unternehmensleiter träumen aufgrund falscher Versprechungen von einer Transformation, die ihre Effizienz auf wundersame Weise steigert.
Ein Mann liest einer Gruppe etwas vor und deutet auf eine Tafel.

Transformation – aber schnell!

Es soll alles agil werden und zwar so schnell wie möglich. Viele Chefetagen, die Agilität verordnen, haben überhaupt keine konkrete Vorstellung davon, was Agilität eigentlich bedeutet und wie sich agile Methoden anwenden lassen, um wirklich erfolgreich zu sein. Sie möchten schlicht und einfach auf den neuen Zug aufspringen und nicht abgehängt werden. Dabei kommt es nicht selten vor, dass die bestehenden Strukturen, die seit jeher im Unternehmen vorhanden sind, plötzlich agilisiert werden. Ohne ein konsequentes Hinterfragen dieser Methoden ist das jedoch nicht zielführend. Diese Firmen schreiben sich dann in großen Lettern das Wort Agilität auf die Fahnen, sprechen bei jeder Gelegenheit von Transformation, führen aber im Grunde nur fort, was seit jeher ihr Geschäftsmodell war.

Transformation missverstanden

Marcus Raitner verweist auf die vielen Missverständnisse, die mit agiler Transformation einhergehen. Er möchte ergründen, wie es dazu kommen konnte, dass viele Verantwortliche davon ausgehen, dass eine agile Transformation ihnen eine plötzliche und wundersame Produktivitätssteigerung verschaffen wird. Seiner Meinung nach habenn auch Bücher wie „Scrum: The Art of Doing Twice the Work in Half the Time“ von Jeff Sutherland Schuld an diesem Mythos. Wer in seinem Unternehmen oder seinem Team die agile Transformation durchführen will und dabei als einziges Ziel die Steigerung der Effizienz im Auge hat, erliegt von Anfang an einem Fehlschluss. In den Augen von Marcus Raitner wird dadurch die agile Transformation sogar entwertet, denn sie bedeutet eigentlich etwas ganz anderes. Er wiederholt seine These, dass Agilität kein Kraftfutter ist, ebenso wenig wie Mitarbeiter als Milchkühe gesehen werden sollten. Agilität kann nicht die Leistung der einzelnen Mitarbeiter steigern. Sie kann jedoch durchaus die Leistungsfähigkeit des Systems an sich steigern.

Effektivität statt Effizienz

Agilität hat nicht die Steigerung der Effizienz, sondern der Effektivität zum Ziel. Effizienz lässt sich auf andere Weise steigern. Wer sein Unternehmen der agilen Transformation unterzieht, der wird es möglich machen, in einer hochkomplexen Umgebung die richtigen Entscheidungen zu treffen. Durch Agilität soll dem Kunden schneller geliefert werden können. Das kommt dem Kunden zugute, aber natürlich auch den Entwicklern und ihren Prozessen. Marcus Raitner ist überzeugt davon, dass großer Aktionismus und das Überstülpen einer agilen Struktur über bestehende Strukturen nur in eine Sackgasse führen. Beispiele wie Spotify mögen verlockend klingen, aber diese lassen sich nicht so einfach nachbilden oder nachspielen.

Wie führe ich in die agile Transformation

Es ist also nicht sinnvoll, sich aus den vielen agilen Erfolgsgeschichten einfach eine auszusuchen und schablonenartig anzuwenden. Das geht mit großer Wahrscheinlichkeit schief. Schon der Ansatz, Agilität von oben zu verordnen, verstößt gegen ein wichtiges Prinzip der Agilität, das nämlich besagt, dass Selbstorganisation ein zentraler Bestandteil von Agilität ist. Selbstverantwortliches Aktivwerden auf Augenhöhe ist mit einem Top-Down-Ansatz nicht vereinbar.  Es mag vielen schwerfallen, aber wer sein Unternehmen agil werden lassen will, muss die Rolle des Chefs quasi ablegen. Seien Sie mehr ein Dirigent, der sein Orchester anleitet oder wie ein Gärtner, der für seine Pflanzen eine ideale Umgebung schafft, in der sie gedeihen können. Ihre Pflanzen sind die selbstorganisierten Teams. Diese müssen wachsen, aber das kann nicht verordnet werden.

Etwas Geduld bitte

Raitner weist darauf hin, dass die sprichwörtliche Schwalbe noch keinen Sommer macht. Es reicht nicht, ein paar Sitzsäcke zu kaufen, Kanban-Boards aufzuhängen und hübsche Arbeitslounges zu bauen. Selbst ein paar erfolgreich durchgeführte agile Projekte ändern die Firmenstrukturen nicht. Bleiben Ihre Entscheidungswege gleich, Ihre Gremien unverändert, Ihre Strukturen im Wesentlichen beim Alten? Dann sind Sie als Unternehmen nicht agil. Raitner weiß, wie schwer es ist, althergebrachte Hierarchien und Bürokratie abzubauen. Aber genau das muss geschehen, wenn Agilität erreicht werden soll. Hinterfragen Sie jede Ihrer Maßnahmen, ob sie nicht nur ein neuer Anstrich alter Strukturen ist, sondern tatsächlich in Richtung Agilität führt. Auf Wiedersehen Bürokratie, Adieu verkalkte Entscheidungsstrukturen. Verabschieden Sie sich von Ihrem gemütlichen Chefsessel und starten Sie agil durch! Es braucht viel Mut und etwas Geduld.
Autorin: IAPM intern

Schlagworte: Agiles Projektmanagement, Agile Transformation, Projektmanagement, Mitarbeiterführung

Die IAPM-Zertifizierung

Die Zertifizierung kann über ein reputiertes Onlineprüfverfahren abgelegt werden. Die Kosten richten sich nach dem Bruttoinlandsprodukt Ihres Herkunftslandes.

Aus dem IAPM Blog

Network Official werden

Wollen Sie sich in Ihrem Umfeld für Projektmanagement engagieren und dazu beitragen, Projektmanagement weiterzuentwicklen? Dann werden Sie aktiv als IAPM Network Official oder als Network Official der IAPM Network University. 


Aufgrund besserer Lesbarkeit nennen wir in unseren Texten meist nur die generische männliche Form. Nichtsdestotrotz beziehen sich die Ausdrucksformen auf Angehörige aller Geschlechter.