Gescheiterte Prestigebauprojekte aus deutschen Gefilden – was macht das Ausland besser?

Gescheiterte Prestigebauprojekte aus deutschen Gefilden – was macht das Ausland besser? 31.12.2016 - Sind es die richtigen Investitionen oder bereits die Konzeptionen, die zahlreichen
Bauvorhaben zugrunde liegen, um vom Fleck weg zu prestigeträchtigen Projekten zu werden?
 
Vor allem im deutschen Raum scheitern Bauvorhaben, was viele berühmte Beispiele jedes Jahr auf neue beweisen. Allen voran der Flughafen BER, das Megagroßbauprojekt in Berlin-Brandenburg, das bereits jetzt schon, obwohl es noch nicht fertiggestellt wurde, knapp 5 Milliarden Euro verschlang und den Steuerzahler damit täglich im Schnitt etwas mehr als eine Million Euro kostet. Unsummen an Geldern, unwirtschaftliche Kalkulationen, Planungsfehler, das sind mit Abstand die gängigsten Hauptursachen für das Scheitern des Flughafens, der bereits ursprünglich 2011 seine Pforten hätte öffnen sollen.
Mittlerweile steht ein gelinde gesagt optimistisches Eröfffnungsdatum für 2017 im Raum.
Zweifelsohne hat sich das „Milliardengrab“ Flughafen BER damit seinen spöttischen Ruf der skeptischen Bundesbürger wirklich verdient. Anhand dieses Beispiels lässt sich allerdings auch gut erkennen, dass Fehler hätten vermieden werden können.
 
Das Prestigeobjekt verfällt in der Planungslosigkeit
 
Lange Zeit galt der Flughafen BER, der eigentlich nach dem verstorbenen Politiker Willy Brandt benannt ist, in seiner Planung als das ultimative Prestigeobjekt Berlins, denn mit diesem Großvorhaben sollten die bereits bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld zusammengelegt werden. Was in der Theorie nach einer logischen Verkehrserleichterung klang, entpuppte sich in der Realität schließlich als absolutes Fiasko. Dabei wurde die Planung nicht kurzfristig beschlossen. Bereits in den 60ern, spätestens aber in den 90ern lagen definitive und ausgearbeitete Konzepte vor, die eine Realisierung des Prestigeprojektes starten sollten. Wie so oft ist es vor allem der deutsche Behördendschungel, der viele Konzepte bereits in der Planungsphase im Keim erstickt.
 
Immer wieder kursierten dementsprechend neue Eröffnungstermine des Flughafens.

Doch auch in der Kostenplanung scheiterte, wie oben bereits angedeutet, das Vorhaben. Mittlerweile ist die geplante Summe von einst 1,7 Milliarden Euro längst überschritten, dabei erfolgte der erste Spatenstich bereits im Jahre 2006.
 
Je größer das Projekt, so kann festgehalten werden, desto schwieriger sind die Umsetzungen einzelner Planungsetappen und die Vermeidung von Fehlern, die sich bisweilen schwer bis überhaupt nicht mehr ausbügeln lassen. Bei der Umsetzung von Großprojekten spielen viele, auch kleine aber nicht minder wichtige, Variablen eine Rolle. Krankt es hier an diversen Stellen, kommt es zu einer Kettenreaktion, die die Planung entscheidend verzögern kann.

Am Flughafen BER war dies die Insolvenz eines Ingenieurbüros im Jahre 2010, die den ersten Baustopp verursachte und damit dazu führte, dass die fleißigen deutschen Handwerker wie gelähmt vor einer neuen Herausforderung standen.
 
Andere Länder planen schlauer

 
Andere Länder sind hier schneller und konsequenter. Viele Länder können sich Bequemlichkeit allein aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten, möchten ihr Ansehen vor anderen Nationen nicht verlieren oder besitzen einfach die logistisch zuverlässigeren Lösungswege. Oftmals stehen hohe Strafen im Raum, die den an Großprojekten beteiligten Unternehmen die Ernsthaftigkeit und Wichtigkeit guter Planung vor Augen führen. Anders in Deutschland, wo Versicherungen im Schadensfall einspringen und Arbeiten wenn nötig pausieren können.
 
Nun kamen am Flughafen BER jedoch auch Fragen bezüglich der Sicherheit auf, weshalb der deutsche Bürokratiedschungel in die Bauphase Einzug hielt. Besonders die strengen Sicherheitsanforderungen der EU waren es, die dazu zwangen, die Konzeption des Flughafens in der Bauphase noch einmal überdenken zu müssen. Schon stand das Projekt wieder am Ausgangspunkt und verschlang mehr, als es eigentlich sollte.
 
Auch der TÜV erkannte 2011 einige Mängel. Schuld war ein Sicherheitssystem für den Brandfall, das allerdings nicht von einem, sondern mehreren Unternehmen stammte. Im tatsächlichen Alarmfall, so erkannte es der TÜV, arbeiteten die einzelnen Sicherheitssysteme nicht zusammen. Es stellt sich die Frage, warum überhaupt unterschiedliche Unternehmen mit dem Einbau unterschiedlicher Anlagen betraut wurden, dies offenbart aber wieder starke Mängel in Planungs- und Bauphase.
 
In anderen Ländern geschehen natürlich ähnliche Dinge, doch häufig finden sich schneller innovative Lösungen. So zum Beispiel bei unseren Nachbarn aus Fernost: Die einst hierzulande als unmöglich umsetzbar heraufbeschworene Magnetschwebebahn feiert als Transrapid in Shanghai beachtliche Erfolge. Dort ist er unter anderem unter der Bezeichnung „Magnetic Levitation Train“ in Betrieb und wird seit 2002 ohne weitere Probleme für den Transport von Personen eingesetzt. Die chinesische Version des Transrapids brettert mit sagenhaften 430 km/h durch das Land und beförderte bis zum Jahr 2010 bereits 27 Millionen Passagiere. 

Anders als in Deutschland gingen die Chinesen das Projekt mit der neuartigen Magnetschwebetechnik pragmatischer an und freuten sich über eine Kooperation mit deutschen Unternehmen. Das Prestigeprojekt entwickelte sich prächtig, mittlerweile gibt es Überlegungen, die Verarbeitung der Komponenten der Fahrzeuge und künftige Entwicklungen direkt in China durchführen zu lassen. In Deutschland scheiterte die Magnetschwebebahn gleich an mehreren Punkten. So war es insbesondere die Deutsche Bahn sowie ein schwerwiegender Unfall im Jahre 2006 im Emsland, der das Prestigeprojekt in der Bundesrepublik begrub. In anderen Ländern, wie beispielsweise Japan oder Korea, hat die Magnetschwebetechnik längst ihren Siegeszug angetreten.
 
 Ein weiterer Grund für das Scheitern deutscher Projekte sind auch starre Gesetze, die selbst im Ausnahmefällen nicht von der Norm weichen.
 
Der Irrsinn des Operndaches aus Köln
 
Bis heute ist das Dach der Kölner Oper ein Fall für die Staatskasse, die Jahr für Jahr
Millionen in den Platz pumpen muss, um diesen bei jeder Aufführung vor Spaziergängern (die Oper befindet sich unterirdisch) zu schützen. Gezielt für die einzelnen Aufführungen der Oper wird oberirdisch der Platz gesperrt und von Security bewacht. Grund hierfür war eine schlechte Planung im Bau, denn der oberirdische Platz wurde mit modernen, kleinen Pflastersteinen angelegt, die den Schall leider direkt in die großen Hallen der Oper weiterleiten, so dass Skateboard fahrende Kinder und High-Heels tragende Frauen auch während einer Opernvorführung zu hören sind.
Doch wie es das Gesetz will, sind die Pflastersteine, eingesetzt von einem renommierten Künstler, im Sinne des Denkmalschutzes vor Umstrukturierungen geschützt, so dass die Stadt auch weiterhin keine Lösung für diese schlechte Prestigeprojekt-Planung findet.
 
Solche und andere irrsinnige Vorkommnisse sollten manch deutschen Bauplaner ab und zu den Blick ins Ausland schweifen lassen. Auch hier ist nicht alles Gold was glänzt, doch in manchen Planungssituationen hingt Deutschland weit zurück.

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